naturgucker Nr. 42

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NATUR-REISE 38 Nahrung dienen. Seltener sieht man auch den einen oder anderen Kuhreiher auf einem Rinderrücken sitzen. Er pickt dem Tier dann lästige Hautparasiten aus dem Fell. KONISCHE KEGEL Und schließlich die Rosa-Flamingos! Sie alle gehören zur Europäischen Art der Flamingos, die mit insgesamt sechs Arten in den meisten Teilen der Tropen und manchen Gebieten der mediterranen Zonen der Welt verbreitet sind. Sie leben üblicherweise in Gruppen, die mancherorts mehrere Hundert oder gar Tausende Vögel umfassen können. Sie sind angewiesen auf Flachwasserzonen und Brackwasserbereiche, die sie mit ihrem skurril geformten Schnabel nach Kleinstlebewesen durchseihen. In diesen Flachwasserzonen bauen die Tiere an geschützten Stellen auch ihre konischen Brutkegel aus Schlamm und Lehm, die gerade so eben über der Wasseroberfläche liegen. Dies wird als Schutzmaßnahme gegen Fressfeinde gedeutet. Flamingos legen nur ein einziges Ei, das sie dann im Wechsel beider Geschlechter knapp 30 Tage bebrüten, ehe das Junge schlüpft. Junge Flamingos sind nach einer Nestlingszeit von etwa neun Tagen weitestgehend aktionsfähig und nach rund 80 Tagen auch flugfähig, allerdings tragen sie noch längere Zeit ihr graues Gefieder. Erst im Alter von drei bis vier Jahren werden sie dann selber geschlechtsreif. Der aufmerksame Beobachter sieht selbst bei der Autofahrt durch die Nebenstraßen der Region hier und dort in den Sumpfgebieten neben den Straßen die ersten Flamingos, meist paarweise oder in kleinen Gruppen. Wer sich dagegen die Zeit nimmt und die verschiedenen Naturräume durchwandert oder per Fahrrad erkundet, wird immer wieder auf neue, auch größere Flamingogruppen und viele andere Wasservögel stoßen. So kommen allein in den Flachwasserzonen rund um den Étang de Vaccarès sechs Reiherarten vor, wobei Seidenreiher und Graureiher dominieren. Nachtreiher, Rallenreiher und Purpurreiher sind eher seltene Sichtungen.Wer nur wenig Zeit oder nur ein marginales Interesse an der Vogelwelt der Region hat, dem sei ein Besuch im Parc Ornithologique du Pont de Gau (an der RD 570 Richtung Saintes-Maries-de-la- Mer gelegen) empfohlen. Hier gibt es ohne lange Fußmärsche auf großen Wasserflächen angefütterte, aber frei fliegende Flamingos, Reiher, Ibisse und andere Wasser- und Watvögel wie Säbelschnäbler und Stelzenläufer zu bestaunen. Allein die dort in der Regel anzutreffende Flamingo-Schar umfasst nach Schätzungen des Betreibers um die 2.000 Vögel – eine der größten Ansammlungen dieser Vögel in Europa. AUF SCHLEICHWEGEN Soweit der touristische Mainstream für die Besucher, die sich nur am Rande für Flora und Fauna der Region interessieren. Alle Beobachtungsplätze der Region sind eindeutig markiert und in der Regel schnell und per Pkw zu erreichen. Hinzu kommt, dass sich besonders in Saintes-Maries-de-la-Mer eine ausgeprägte touristische Infrastruktur etabliert hat, die keine Wünsche offen lässt. Für Naturrreisende und Ökotouristen bietet sich allerdings ein anderes Bild. Die Camargue ist als Schutzzone nur etwa 600 Quadratkilometer groß und überall dort landwirtschaftlich oder touristisch erschlossen, wo das möglich ist. Die Naturflächen und die wirklich geschützten Bereiche sind verhältnismäßig klein und rund herum von Wiesen, Weiden und Straßen umgeben. Dennoch haben Wissenschaftler für die Region etwa 340 Vogelarten (darunter etwa 115 Brutvögel) und immerhin zwölf Reptilienarten nachgewiesen, darunter die charismatische Smaragdeidechse mit ihrer blau leuchtenden Kopffärbung im männlichen Geschlecht. Wer sich also auf die Schleichwege abseits der Touristenströme begibt, wird hier und dort auch noch bei Seltenheiten aus der Vogel-, Reptilien und Insektenfauna fündig. Säugetiere sind dagegen tagsüber in der Region kaum zu sehen, abgesehen von den vor Zeiten ausgewilderten Nutrias, die ihre Bahnen durch die flachen Gewässer ziehen. Die kleinsten Tiere der Camargue und gleichzeitig die lästigsten, sind zweifellos die vor allem in den Sumpfgebieten allgegenwärtigen und auch tagsüber aktiven Stechmücken. VIELE PROBLEME Befragt man die Fachliteratur und das Internet, wird man schnell fündig, was die Naturschutzprobleme der Region betrifft: Zum einen gibt es eine ausufernde Landwirtschaft mit Gülleeintrag und Pestizidbelastung der Gewässer, zum anderen führt die Tourismusindustrie zu Müllbergen, und zum dritten sind viele Gewässer bleiverseucht durch zeitweise zu intensiv betriebene Schrot-Jagd auf Wasservögel, auf die bereits Ende der 1980er Jahre durch die in Arles ansässige Station Biologique de la Tourdu-Valat hingewiesen wurde. Noch ist die Camargue zweifellos eine Reise wert, aber angesichts der zunehmenden Tourismusströme muss die Natur immer enger zusammenrücken. Als Naturtourist sollte man vielleicht nicht zu viel an unberührter Natur und Landschaft erwarten, denn die gibt es in der Camargue immer weniger.
NATUR-REISE 39 Lage der Camargue Die eigentliche Camargue ist eine etwa 600 Quadratkilometer große Schwemmlandebene in der Provence im Süden Frankreichs, wird von beiden Mündungsarmen der Rhône umschlossen und liegt somit überwiegend im Rhône-Delta. Das gesamte Camargue-Gebiet (westlich und östlich des Deltas) gilt als eine Art Landschaftsschutzgebiet, das eigentliche Naturschutzgebiet im engeren Sinne umfasst den etwa 13.000 Hektar großen und zentral gelegenen Étang de Vaccarès und die umliegenden, zum Teil brackigen Flachwasserzonen, die Lebensraum für eine artenreiche Wasservogelwelt bieten. 06 Flamingos auf Nahrungssuche im Flachwasser / Pat On Stock, Adobe Stock 07 Der Seidenreiher hat im Gegensatz zum Silberreiher einen schwarzen Schnabel. 08 Smaragdeidechsen sind in der eher feuchten Camargue überraschend häufig. 09 Charaktervogel der Überschwemmungswiesen: Der Europäische Stelzenläufer 10 Eine Gruppe von Braunen Sichlern auf Nahrungssuche 11 Ein männliches Jungtier der Eidechsennatter
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