Freiheit. Frohsinn. Frisbee. Nach der Melancholie des Vorgängeralbums „Mea Culpa“ feiern Maurice Ernst und seine Band Bilderbuch mit „Vernissage My Heart“ eine Art Auferstehung. Emo tional betrachtet ist das neue Album der aktuell aufregendsten deutschsprachigen Band ein radikaler U-Turn, Frühlings gefühle sind angesagt. Doch wie gehabt, erfreuen sich Bilderbuch daran, gegen alle Regeln zu musizieren. „Wenn du das Hirn ausschaltest, entdeckst du wieder Sachen in dir“, so der Dreißigjährige über seine wiedergefundene Leichtigkeit. Aber blättern wir zu Kapitel eins: Die Bilderbuch-Karriere beginnt im Teenie alter. Vier Klosterschüler aus Kremsmünster in Oberösterreich gründen 2005 die Band und singen Kinderbuchtexte. Acht Jahre und einen Genrewechsel von Rock zu Pop später gelingt mit der Single „Maschin“ der Durchbruch, mit dem Album „Magic Life“ stürmen sie 2017 auf Platz acht der deutschen Charts. Ihr Schaffen beschreiben sie als „trotzig, naiv, manchmal abstrakt, aber sehr bildlich in dem Sinn, dass man die Dinge auch gut sehen kann, die gesungen werden“. Euphorisch und melancholisch gehörten zusammen, die Kunst lebe schließlich von beiden Teilen. Bevor Bilderbuch, neu gewandet als Outta-Space-Cowboys, auf große Tour gehen (u. a. am 21. <strong>Juni</strong> auf dem Hurri cane Festival, siehe Seite 68), unterhielten wir uns mit Sänger Maurice über sein partielles Selbstbewusstsein, Mamas Energie- Tricks und den Reiz des Risikos. the red bulletin: Bist du auf der Bühne selbstbewusster als abseits davon? maurice ernst: Ja, das glaub ich schon. Es ist ein anderes Selbstbewusstsein, ein überzogenes. Eines, wo der Kopf nicht eingeschaltet ist. Auf der Bühne darf man nicht denken. Kannst du den Schalter für „sehr präsent und selbstbewusst sein“ auch in anderen Lebenssituationen umlegen und nützen? Nicht so wie auf der Bühne. Ich würde mir wünschen, ich könnte diese Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit überall anwenden. Aber so läuft das nicht: Das funktioniert nur bei Dingen, die man am öftesten oder am liebsten macht. Was bedeutet dir Style? Er bedeutet mir viel. Das hat bereits früh angefangen. Mit vierzehn hab ich die Kleiderschränke meiner Großeltern ausgeraubt, viel herumprobiert und mich schon in der Schule ausgesucht schlecht angezogen. Es ist nicht so, dass ich der stilsicherste Mensch bin, aber Kleidung in Kombination mit Musik – wie man das stilisiert und wie das dann wirkt – hat mich immer schon interessiert. Oft geht es einfach darum, seinem Gefühl nachzugehen. Will man gerade schrill sein wie ein Papagei oder einfach nur still. Hat dich modetechnisch auch deine Mama beeinflusst? Ich bin allein bei meiner Mutter aufgewachsen, seit ich elf oder zwölf war. Der Style war ein spaßiges Element. Nie verkrampft, nie zu markenbezogen, nie zu etepetete. Meine Mutter hat so ziemlich alle Styles gemischt, auch mit alten Sachen, und so hab ich das spielerisch mitgekriegt. Bis ich dann meinen eigenen Stil in dem ganzen Wahnsinn gefunden hab. Von der Mode zur Musik: Habt ihr euch von Marketingzwängen befreit, indem ihr es gewagt habt, das Album „Mea Culpa“ über Nacht auf den Markt zu bringen, ohne große Vorab-Promotion? Sucht ihr den Reiz des Risikos? Es ist eine Mischung. In Amerika ist ein Overnight Release gängiger. Wir sind „ICH WILL AN DIE NÄCHSTE PLATTE <strong>DE</strong>NKEN UND NICHT AN DIE NÄCHSTE KAMPAGNE.“ Musiker. Wir haben uns gefragt: Wollen wir zwei Monate lang etwas verkaufen, bevor eigentlich der Song da ist? Einfach ein Album rauszuhauen ist zeitgeistig. Es fühlt sich richtig an, wenn man’s macht. Wie waren die Reaktionen? Manche Leute haben das Album anfänglich nicht ernst genommen, nur weil sie von einer „Nicht-Kampagne“ auf die Musik schließen. Da sieht man, wie konditioniert wir sind. So auf die Art: „Es kann nicht ernst gemeint sein, es wurde mir nicht oft genug angepriesen.“ Ich will aber an das nächste Musikstück, an die nächste Platte denken – und nicht an die nächste Kampagne. Nur elf Wochen später folgte euer sechstes Album „Vernissage My Heart“. Dachten da manche, das ist jetzt die Nachgeburt, die muss einfach schlechter sein als „Mea Culpa“? Eine Art Reste verwertung? Hundertprozentig. Aber da bin ich dann wieder recht romantisch. Meine Traumvorstellung war, dass sich Leute darüber unterhalten, welche Platte man warum besser findet. Hat euch irgendjemand von diesen Aktionen abgeraten? Nicht unser Manager. Der möchte auch Sachen probieren. Es ist momentan einfach eine Zeit des wunderbaren Chaos – nichts funktioniert wirklich, und alles funktioniert. Seid ihr abseits der Musik ebenfalls mutig? Ich glaub, dass wir tendenziell unseren ganzen Mut und unsere ganze Waghalsig- 40 THE RED BULLETIN
„ICH WÜSSTE GAR NICHT, WER ICH BIN, WENN ICH NICHT BIL<strong>DE</strong>RBUCH WÄRE.“ Maurice Ernst, Gesicht von Österreichs neuer Musikergeneration, umarmt seinen Gitarristen Michael Krammer.
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