Spökenkieker Nr. 374 - 05/2019
Schützenfest in Milte // Großes Hoffest am 1. + 2. Juni in Füchtorf // Handwerk hat goldenen Boden // Berufe vorgestellt: Dachdecker // Tag der offenen Tür im IRON BEAR Fitnessstudio am 26. Mai // Erdbeerzeit // Job-Offensive // Neus aus den Schulen // u.v.m.
Schützenfest in Milte // Großes Hoffest am 1. + 2. Juni in Füchtorf // Handwerk hat goldenen Boden // Berufe vorgestellt: Dachdecker // Tag der offenen Tür im IRON BEAR Fitnessstudio am 26. Mai // Erdbeerzeit // Job-Offensive // Neus aus den Schulen // u.v.m.
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Viele Rezepte für ein Filetstück<br />
Die Brinkhaus-Brache bleibt in der Diskussion<br />
Christian Havelt setzte das Schlusswort<br />
unter eine Diskussion, die so<br />
wahrscheinlich erwartet werden<br />
konnte – über einen Inhalt, der so<br />
ebenfalls wahrscheinlich erwartet<br />
werden konnte. Der Investor „hat<br />
das gekauft, wissend dass die Stadt<br />
die Planungshoheit hat“. Und die<br />
Stadt, so Havelt, möge „nicht für den<br />
Käufer entscheiden, sondern für<br />
Warendorf und die Warendorfer!“<br />
Es geht dabei um das sogenannte<br />
„Filetstück“ in Warendorf, die Brinkhaus-Insel<br />
oder auch Brinkhaus-<br />
Brache. Die alte, seit Jahren nur behelfsmäßig<br />
von Feuerwehr und einem<br />
Taxiunternehmen genutzte Fläche<br />
am schönsten Zuweg in die Warendorfer<br />
Altstadt, der Emsstraße.<br />
Verfallene Fabrikhallen, eine erhaltungswürdige,<br />
denkmalgeschützte<br />
Fassade, Altlasten im Boden und<br />
mehr, versperren hier seit Jahren<br />
eine Aufwertung und bieten allenfalls<br />
den Ratten ein gefälliges Zuhause.<br />
Die Stadt will(?) das ändern, ein Investor<br />
hat das Gelände gekauft, die<br />
Stadt kann bestimmen (oder verhindern)<br />
was dieser dort macht. Da das<br />
Thema köchelt, wurde ein Moderationsverfahren<br />
mit zwei auswärtigen<br />
Beratungsfirmen initiiert. Verschiedene<br />
Fachgespräche haben stattgefunden,<br />
zudem eine – nicht repräsentative<br />
– Bürgerbefragung zu der<br />
1472 Postkarten und 1296 Onlinestimmen<br />
eingingen. Am 112. Mai<br />
wurden die bisherigen Ergebnisse –<br />
im Anschluss an ein Werkstattgespräch<br />
mit 30 geladenen Gästen,<br />
darunter der Investor – interessierten<br />
Bürgern vorgestellt. Ohne Investor.<br />
Der Sophiensaal war gut gefüllt, ein<br />
zunächst stilles Publikum wartete<br />
auf die Ergebnisse und Erläuterungen.<br />
Nachdem das Gesamtkonzept<br />
dargestellt war, wurde die Auswertung<br />
der 2768 Stimmen und Vorschläge<br />
anhand einer sogenannten<br />
„Wortwolke“ präsentiert. Sie waren<br />
in Stichwörter zusammengefasst,<br />
deren Größe die relative Häufigkeit<br />
erkennen lassen sollte. „Stadtpark/Natur“<br />
und „Uferpromenade“<br />
ragten heraus, kaum geringer fielen<br />
„Gastronomie“ sowie „Sport- und<br />
Erlebnisfreizeit“ ins Auge. „Wohnen“<br />
und das gleichgroße Wort „Tourismus“<br />
rangierten noch hinter „Museum/Kultur/Bildung“,<br />
winzig waren<br />
„Parken“ und „Landgestüt“ zu lesen.<br />
Bei der Frage was in Warendorf<br />
fehle, zielten die Antworten eindeutig<br />
auf „jung“: Jugendliche, junge Erwachsene,<br />
junge Familien. Erweitert<br />
wurde die erstgenannte Wortwolke<br />
durch „denkbare Nutzungen“, in die<br />
augenscheinlich tatsächlich alle<br />
denkbaren Möglichkeiten bis hin<br />
zum (mündlich genannten) „Saturn-<br />
Outlet“ eingeschlossen waren. Einige<br />
Anmerkungen, so die Erhaltung<br />
wichtigen Baumbestandes, fanden<br />
allgemeine Zustimmung. Verschiedene<br />
Optionen, so z.B. „Weideflächen<br />
für das Landgestüt“, scheiden<br />
aus Gründen der Praktikabilität aus<br />
– die Pferde müssten regelmäßig<br />
über die Straße. Andere möglicherweise<br />
durch die immer wieder als<br />
Der Informationsabend stieß auf reges Bürgerinteresse. (Fotos: Joe Rieder)<br />
abgetrennt aber gesetzte Planung<br />
des Emsdurchstiches – der allerdings<br />
bislang in benannter Form nur<br />
präferiert wird und noch nicht durch<br />
den Rat beschlossen wurde. Einige<br />
Wünsche gelten mangels Finanzierbarkeit<br />
als nicht realisierbar.<br />
Die Tendenz der Berater – als Ergebnis<br />
aller bisherigen Ergebnisse –<br />
wurde schließlich in drei Szenarien<br />
zusammengefasst, die in Zukunft<br />
weiter ausgearbeitet werden sollen.<br />
In allen dreien hatte, in unterschiedlicher<br />
Prägnanz, das Thema „Wohnen“<br />
Bedeutung. Daraufhin entspann<br />
sich eine lebhafte Zuhörerbeteiligung,<br />
die sich zunächst auf drei<br />
Fragen beschränken sollte. Darauf<br />
ließen sich die Zuhörer allerdings<br />
nicht ein, es wurden immer mehr<br />
Fragen und Anmerkungen. Allerdings<br />
ließen manche davon erkennen,<br />
dass manche Menschen es<br />
nicht verstehen, das andere Menschen<br />
andere Meinungen haben<br />
29<br />
(dürfen). Deutlich wurde allerdings,<br />
dass bei vielen der Eindruck „Wes<br />
Brot ich ess, des Lied ich sing“ entstanden<br />
war. Denn die Tendenz der<br />
Berater das Thema „Wohnen“ – entgegen<br />
den von fast 10% der Bevölkerung<br />
geäußerten Vorschlägen – so<br />
intensiv einzubeziehen, ließ die Vermutung<br />
aufkommen, dass dem vielfach<br />
gepriesenen „hemdsärmeligen<br />
Investor mit dem man reden kann“,<br />
in die Hände gespielt werden soll.<br />
Berater Hendrik Freudenau stellte<br />
allerdings zu Recht fest: Jede Veränderung<br />
auf der Fläche ist besser als<br />
der jetzige Zustand!“<br />
Als weitere Veranstaltung ist für den<br />
29. Juni ein ähnlicher Abend geplant,<br />
bei dem erneut zunächst eine<br />
geschlossene Perspektiv-Werkstatt<br />
mit anschließendem Bürgerdialog<br />
stattfinden soll. Den Abschluss soll<br />
eine Bürgerversammlung am 29.<br />
August bilden.<br />
100 Jahre und aktiver denn je<br />
Vor 100 Jahren wurde die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründet<br />
1919 war ein ereignisreiches, geschichtsträchtiges<br />
Jahr. Der erste<br />
Weltkrieg war faktisch beendet, der<br />
Friedensvertrag von Versailles<br />
schließt ihn formell ab. Deutschland<br />
erhält eine demokratisch-parlamentarische<br />
Verfassung und Friedrich<br />
Ebert wird zum ersten Reichspräsidenten<br />
der Weimarer Republik gewählt.<br />
Beate Uhse wird geboren,<br />
eine Frau die maßgeblichen Einfluss<br />
auf die Freizeitvergnügen der Deutschen<br />
haben wird und ihr Name<br />
wird lange Jahre in aller Munde sein.<br />
Eine andere Frau wird im Leben vieler<br />
Deutschen eine noch stärkere<br />
Rolle spielen, aber an ihren Namen<br />
werden sich nur wenige erinnern:<br />
Die Sozialdemokratin Marie Juchacz.<br />
Sie war die erste Frau, die in<br />
einem deutschen Parlament, der<br />
Weimarer Nationalversammlung,<br />
eine Rede hielt. Nicht wenige der<br />
überwiegend männlichen Abgeordneten<br />
lächelten – das ist erst 100<br />
Jahre her.<br />
Monate später zählt sie zu den<br />
Gründerinnen und Gründern der Arbeiterwohlfahrt<br />
(AWO) und war bis<br />
1933 ihre erste Vorsitzende. Ein weiterer<br />
Meilenstein dieses Jahres für<br />
die Sozialdemokratie und die Arbeiterschaft.<br />
Erst zum 1. Januar 1919<br />
war im Deutschen Reich der Achtstundentag<br />
in Kraft getreten.<br />
100 Jahre AWO – ein Grund<br />
deutschlandweit zu feiern. In Warendorf<br />
gab es dazu im Kolpinghaus<br />
eine Feierstunde mit geladenen Gästen.<br />
Zu Ihnen zählte benannte Marie<br />
Juchacz – an die Barbara Voelker<br />
erinnerte. Elisabeth Wehmeyer trat<br />
als Lotte Lemke auf, eine langjährige<br />
Vorsitzende der AWO, und Angelika<br />
Gerlach schlüpfte in die Rolle von<br />
Wilma Meyer-Carlstädt, AWO-Vorsitzende<br />
und Ratsfrau in Warendorf<br />
und vielen Warendorfern noch in bester<br />
Erinnerung.<br />
Die anderen Gäste waren „echt“ –<br />
und voll des Lobes. Bürgermeister<br />
Axel Linke blickt zurück auf die Geschichte<br />
der „starken Frauen“ und<br />
blickte auf die Gegenwart. „Heute ist<br />
die AWO Dienstleister in vielen Gebieten.<br />
Sie bereichert die Gesellschaft<br />
und ist eine unverzichtbare<br />
Säule der sozialen Arbeit. Sie ist immer<br />
da, wo Hilfe benötigt wird.“ Der<br />
stellvertretende Landrat Franz-Ludwig<br />
Blömker nannte die unter den<br />
Nazis verbotene Organisation eine<br />
Feierten gemeinsam den 100. Geburtstag der AWO: Bürgermeister Axel Linke Bernhard Daldrup (MdB SPD),<br />
Mathilde Thüß (Vorsitzende AWO-Ortsverein Warendorf), Annette Watermann-Krass (MdL SPD), Andrea<br />
Kleene-Erke (Mitglied im Unterbezirksvorstand AWO Ruhr/Lippe/Ems) und Franz-Ludwig Blömker (stv. Landrat)<br />
„wichtige Säule der sozialen Arbeit<br />
und dankte den Haupt- und Ehrenamtlichen.<br />
Die AWO spreche für die<br />
Menschen, die sonst oft keine Lobby<br />
haben.<br />
Der Bundestagsabgeordnete der<br />
SPD, Bernhard Daldrup, erinnerte<br />
an die erwähnte Rede von Marie Juchacz<br />
und betonte, dass die Sozialdemokraten<br />
sie nicht belächelt haben.<br />
In Ermangelung eines vorbereiteten<br />
Präsents, lud er spontan eine<br />
Gruppe der AWO ein, ihn in Berlin zu<br />
besuchen.<br />
Anette Watermann-Krass (MdL)<br />
fragte nach dem Aussehen der AWO<br />
und ihrer Arbeit in der Zukunft. Eine<br />
sozial gerechte Zukunft müsse stets<br />
neu definiert werden, betonte sie<br />
und rief zum Erhalt des Sozialen und<br />
der Demokratie zur Wahlbeteiligung<br />
bei der Europawahl auf. Auch Andrea<br />
Kleene-Erke, Mitglied im Unterbezirksverband<br />
der AWO, betonte<br />
den politischen Aspekt der Arbeit<br />
der AWO, die „sich in 100 Jahren immer<br />
klar gegen Rassismus und Abgrenzung<br />
gestellt hat“.<br />
Mathilde Thüß, die Vorsitzende des<br />
AWO-Ortsvereins, freute sich, dass<br />
viele Gäste der Einladung zur 100-<br />
Jahr-Feier gefolgt waren. Sie alle<br />
nutzten beim gemeinsamen Frühstück<br />
die Gelegenheit miteinander<br />
ins Gespräch zu kommen und damit<br />
auch Bausteine für eine weitere erfolgreiche<br />
Arbeit der aus dem Sozialwesen<br />
nicht wegzudenkenden Organisation<br />
AWO zu legen.