Zdirekt! 02-2019
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Z direkt! <strong>02</strong>/<strong>2019</strong><br />
TITELTHEMA 7<br />
So unterschiedlich die Zeitarbeitsmodelle in Europa auch sein mögen,<br />
eint sie doch alle eine Eigenschaft: Personaldienstleistung ermöglicht<br />
es den Wirtschaftsunternehmen flexibel auf die sich ständig ändernden<br />
Bedingungen der nationalen und internationalen Märkte zu reagieren<br />
– und HR-Themen kompetent auszulagern. Das steigert nicht<br />
nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Für Arbeitnehmer bietet die Branche gleich mehrere<br />
Chancen – vom (Wieder-)Einstieg in den Beruf bis hin<br />
zur variablen Gestaltung von Work-Life-Balance. Dennoch<br />
hat die Zeitarbeit – übrigens in Deutschland mehr<br />
als in manch anderen europäischen Ländern, wie zum<br />
Beispiel den Niederlanden – nach wie vor ein Imageproblem.<br />
Die Gründe mögen vielfältig sein, doch vielleicht<br />
hilft hier der Blick über den Tellerrand. In Deutschland<br />
ist es recht unkompliziert, ein Zeitarbeitsunternehmen<br />
zu gründen – der Schritt vom Tellerwäscher zum Zeitarbeitsunternehmer<br />
ist vergleichsweise klein. Es reicht<br />
die vorläufige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, die<br />
üblicherweise nach drei Jahren in eine dauerhafte umgewandelt<br />
wird.<br />
Die Einführung der Ausbildung von Personaldienstleistungskaufleuten<br />
war sicherlich ein erster Schritt zur<br />
weiteren Professionalisierung der Branche. Doch reicht<br />
das wirklich? Auch hierzulande mehren sich die Stimmen,<br />
die Erlaubnislatte für den Einstieg ins Arbeitgeberleben<br />
höher zu legen. Unsere europäischen Nachbarn<br />
sind diesen Schritt längst gegangen. So benötigt jedes<br />
Unternehmen in der Schweiz, das in diesem Bereich<br />
tätig ist, zwingend eine Betriebsbewilligung vom zuständigen<br />
kantonalen Arbeitsamt und muss zur Sicherung<br />
von Lohnansprüchen aus dem Personalverleih eine<br />
Kaution leisten. Für den Personalverleih ins Ausland ist<br />
zusätzlich eine Bewilligung des Staatssekretariats für<br />
Wirtschaft (SECO) nötig. Für den Schweizer Temporärarbeitsverband<br />
sind diese Bedingungen mit ursächlich<br />
für ein besseres Image der Zeitarbeit in der Schweiz.<br />
In Österreich sind die Markteintrittsbarrieren ebenfalls<br />
höher.<br />
Und es gibt weitere grundsätzliche Unterschiede in<br />
den Rahmenbedingungen. So bedeutet etwa das<br />
deutsche „Arbeitgeber-Modell“ im Gegensatz zum<br />
„Agentur-Modell“, wie es beispielsweise in Frankreich<br />
gelebt wird, einen deutlich höheren Standard an sozialer<br />
Sicherung für die Arbeitnehmer. Dadurch, dass<br />
deutsche Zeitarbeitnehmer in der Regel unbefristet<br />
sozialversicherungspflichtig beim Personaldienstleister<br />
beschäftigt sind, sind sie vom normalen Einsatzrisiko<br />
der Zeitarbeit komplett befreit. Dieses Risiko liegt allein<br />
beim Zeitarbeitsunternehmen, wohingegen beim<br />
Agentur-Prinzip ein beendeter Einsatz gleichzeitig auch<br />
ein beendetes Arbeitsverhältnis für den Zeitarbeitnehmer<br />
nach sich zieht. Um diese Unsicherheit auszugleichen,<br />
erhalten die Mitarbeiter in Frankreich auch mehr<br />
Geld, als die vergleichbaren Mitarbeiter im Einsatzbetrieb<br />
– nämlich zehn Prozent. Die Vor- und Nachteile<br />
der unterschiedlichen Regelungen ergeben sich häufig<br />
aus der jeweiligen Perspektive: So dürfte in dem konkreten<br />
Modell-Beispiel die deutsche Konstruktion aus<br />
Sicht der Zeitarbeitnehmer wohl die beste – weil sozial<br />
sicherste – Lösung sein. Insofern bleibt der Blick über<br />
die Grenzen hinweg wichtig, weil er den ständigen Anreiz<br />
bietet, sich zu hinterfragen. Und: Voneinander zu<br />
lernen schließt auch immer die Möglichkeit ein, Dinge<br />
abzuschauen und besser zu werden. MS