Lankwitz Journal Februar/März 2016
Journal für Lankwitz und Umgebung
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18<br />
<strong>Lankwitz</strong> extra<br />
Mein Heim ist meine Burg – Gustav Lilienthal entschied sich für den Tudorstil.<br />
Keller wurde durch einen Graben<br />
belichtet. Auf ein Sockelgeschoss<br />
wurde verzichtet. Doppelhäuser<br />
konnten auch auf kleinen kostengünstigen<br />
Grundstücken<br />
errichtet werden, statt teuren<br />
Stuck oder Klinkerfassaden gestaltete<br />
Lilienthal seine Fassaden<br />
durch den Wechsel von glattem<br />
und rauen Putz, abgesetzt mit<br />
sparsamen Klinkerverzierungen.<br />
Der raue Putz wurde mit einem<br />
Reisigbesen aufgetragen, eine<br />
ebenso individuelle Lösung wie<br />
die Lilienthalsche Fensteraufteilung<br />
oder die von ihm entworfenen<br />
Beschläge. Seine Häuser<br />
sind nicht nur in Stockwerke geteilt,<br />
sondern stellen komplizierte<br />
Raumgebilde mit versetzten Zwischengeschossen<br />
dar, verbunden<br />
durch das Treppenhaus, das<br />
immer das Zentrum der Häuser<br />
bildet.<br />
Auch technisch sind die Häuser<br />
innovativ: der zweischalige<br />
Wandaufbau, in dem sich die<br />
Schächte der Warmluftheizung<br />
befinden, ist seiner Zeit weit voraus.<br />
Ständig auf der Suche nach<br />
preiswerten Baumethoden, entwickelte<br />
er die Terrastdecke, eine<br />
Fertigteildecke, die er vermutlich<br />
in seinem letzten Lichterfelder<br />
Wohnhaus in der Baseler Straße<br />
63 zum Einsatz brachte. Obwohl<br />
die an schottische Burgen<br />
erinnernden Häuser bei oberflächlicher<br />
Betrachtung formal<br />
der rückwärts gewandten romantischen<br />
Burgenarchitektur zugeordnet<br />
werden könnten, stehen<br />
sie für den Beginn der Moderne.<br />
Die Burgzinnen sind zugleich<br />
Abluftschächte der Warmluftheizung<br />
und die hölzerne Zugbrücke<br />
schafft den Zugang zum Haus<br />
ohne den Wohnräumen im Kellergeschoss<br />
das Licht zu nehmen.<br />
Heute befinden sich 16 der 22<br />
Lichterfelder Lilienthal-Häuser<br />
unter Denkmalschutz. Besonders<br />
im zweiten Wohnhaus von<br />
Gustav Lilienthal in der Marthastraße<br />
5 lässt sich die damalige<br />
Wohnkultur noch weitgehend<br />
unverändert erleben, aber auch<br />
die anderen Häuser verfügen<br />
noch über viele originale Bauteile<br />
wie den mittlerweile 120 Jahre<br />
alten Putz. Obwohl die Senkung<br />
der Baukosten von zentraler Bedeutung<br />
für Gustav Lilienthal war,<br />
hat er an der Qualität der Ausführung<br />
und der verwendeten Materialien<br />
nie gespart.<br />
Am 9.10.2015 wäre Gustav Lilienthal<br />
166 Jahre alt geworden. ◾<br />
Lilienthal-Häuser in Lichterfelde:<br />
Tietzenweg 51/ 53 (stark verändert, kein<br />
Denkmalschutz)<br />
Marthastr. 4, Marthastr. 4a/ Potsdamer<br />
Str. 57a<br />
Marthastr. 5/ Potsdamer Str. 57<br />
Potsdamer Str. 63<br />
Weddigenweg 8<br />
Weddigenweg 9<br />
Weddigenweg 16<br />
Weddigenweg 17/ Paulinenstr. 24<br />
Paulinenstr. 25<br />
Paulinenstr. 26<br />
Paulinenstr. 27<br />
Paulinenstr. 28<br />
Walter-Linse-Str. 9<br />
Baseler Str. 63 (stark verändert, kein<br />
Denkmalschutz)<br />
Ringstr. 58 (stark verändert, kein<br />
Denkmalschutz)<br />
Ringstr. 60/61 (stark verändert, kein<br />
Denkmalschutz)<br />
Geibelstr. 6, (Wilhelm Schrader unter<br />
Mitarbeit von Gustav Lilienthal)<br />
Text: Sabine Schmiedeke<br />
Redaktion: Dr. Jörg Rüter<br />
Fotos: Denkmalschutzbehörde<br />
Abdruck mit freundlicher Genehmigung<br />
des Landesdenkmalamts Berlin, Denkmalschutzbehörde<br />
Steglitz-Zehlendorf.