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Technisch einwandfreie Reifen<br />
tragen zur Verkehrssicherheit<br />
bei. Bundesverkehrsminister<br />
Kurt Bodewig will deshalb die<br />
Mindestprofiltiefe anheben,<br />
kann dies aber nicht im nationalen<br />
Alleingang durchsetzen.<br />
Herr Minister Bodewig, im Frühjahr<br />
diesen Jahres haben Sie<br />
ein „Programm für mehr Sicherheit<br />
im Straßenverkehr“ gestartet und<br />
dies – das <strong>ReifenMagazin</strong> berichtete<br />
– mit einer breit angelegten Kampagne<br />
unter dem Motto „Gelassen läuft´s“<br />
verbunden. Was hat Sie dazu bewogen,<br />
das Programm ins Leben zu<br />
rufen?<br />
Ein neues Verkehrssicherheitsprogramm<br />
war längst überfällig – das letzte stammt<br />
aus dem Jahr 1984! Ich habe mit diesem<br />
Programm aufgezeigt, wo ich zur Verbesserung<br />
der Verkehrssicherheit in Deutschland<br />
Handlungsbedarf sehe und welche<br />
Maßnahmen ich umsetzen werde, um die<br />
Verkehrssicherheit nachhaltig zu verbessern.<br />
Ich gehe davon aus, dass die Unfälle<br />
auf unseren Straßen durch die Realisierung<br />
des Programms erheblich zurückgehen<br />
werden – in weit größerem<br />
Umfang als das bisher der Fall ist.<br />
Sollte der Gesetzgeber mit Blick auf<br />
die Sicherheit nicht darüber hinaus ak-<br />
14<br />
Dickhäuter vermitteln<br />
Gelassenheit: Bundesverkehrsminister<br />
Kurt Bodewig setzt<br />
auf Vernunft und Verantwortungsgefühl<br />
im Straßenverkehr.<br />
» «<br />
Weniger Unfälle<br />
und mehr<br />
Sicherheit sind<br />
unser Ziel<br />
H I N T E R G R U N D<br />
Im Gespräch: Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig<br />
Vorfahrt für mehr Sicherheit<br />
tiv werden und die gesetzlich zulässige<br />
Profiltiefe, wie von Experten gefordert,<br />
heraufsetzen? Desgleichen plädieren<br />
viele für eine gesetzlich fest-<br />
gelegte Altersgrenze für Reifen sowie<br />
die Pflicht zur Winterbereifung. Die<br />
Rechtsprechung hat mit diversen Urteilen<br />
in diesen Punkten bereits Vorarbeit<br />
geleistet.<br />
Im Einzelnen: Die Reifenmindestprofiltiefe<br />
ist EU-rechtlich geregelt. Deutschland<br />
strebt eine Verbesserung des Mindeststandards<br />
an, kann dies aber nicht<br />
im nationalen Alleingang, sondern nur im<br />
Rahmen der EU verfolgen. Für die Altersgrenze<br />
von Reifen gilt ebenfalls die<br />
EU-Zuständigkeit. Nur dort, wo dem<br />
Verkehrsteilnehmer Vergünstigungen gewährt<br />
werden, zum Beispiel Tempo 100<br />
für Pkw-Hänger-Kombinationen, können<br />
wir ein maximales Reifenalter national vorschreiben.<br />
Das haben wir in diesem Fall<br />
mit höchstens sechs Jahren auch getan.<br />
Von einer Pflicht zur Winterbereifung halte<br />
ich wenig. Die Wetterverhältnisse in<br />
Deutschland legen dies generell keinesfalls<br />
nahe. Wo erforderlich – z. B. bei Alpenpässen<br />
– kann jedoch örtlich die Benutzung<br />
von Schneeketten vorgeschrieben<br />
werden.<br />
Zur Verkehrssicherheit gehört der<br />
technisch einwandfreie Zustand der<br />
Fahrzeuge. Die unsachgemäße Behandlung<br />
von Reifen oder mangelnder<br />
Reifendruck führen zu folgenschweren<br />
Unfällen. Kampagnen wie der jährliche<br />
„Reifencheck“ treffen bei den<br />
Autofahrern jedoch auf wenig Gegenliebe.<br />
Was kann man oder wer kann<br />
Ihrer Meinung nach etwas dafür tun,<br />
H I N T E R G R U N D<br />
» «<br />
Wir wollen die<br />
Mindeststandards<br />
rund um den<br />
Reifen verbessern<br />
dass die Autofahrer für die regelmäßige<br />
Wartung der Reifen sensibilisiert<br />
werden?<br />
Seitens meines Ministeriums gibt es<br />
eine Vielzahl von Maßnahmen zum Thema<br />
„Reifen“; so sind bei den TÜV-Untersuchungen<br />
Reifenprüfungen ein wichtiger<br />
Bestandteil. Technische Mängel, auch<br />
zu geringes Reifenprofil, werden mit Bußgeld<br />
geahndet. Außerdem bietet die Kampagne<br />
„Reifencheck“, die von meinem<br />
Haus finanziert wird, die kostenlose<br />
Möglichkeit zur Überprüfung der Reifen.<br />
Mehr kann ein Minister eigentlich nicht<br />
tun. Letztendlich ist immer auch die Eigenverantwortung<br />
des einzelnen Autofahrers<br />
gefordert, für die technische Sicherheit<br />
seines Fahrzeugs – und hierzu gehören<br />
vor allem auch die Reifen – zu sorgen.<br />
Reicht es wirklich aus, an die Vernunft<br />
und das Verantwortungsgefühl<br />
der Verkehrsteilnehmer zu appellieren?<br />
Oder müssten die gesetzlichen Vorschriften<br />
über den aktuellen Bußgeldkatalog<br />
hinaus verschärft werden?<br />
Ich setze immer zuerst auf Einsicht<br />
und Verantwortung der Verkehrsteilnehmer.<br />
Nur wo es erforderlich ist, müssen<br />
Sanktionen angedroht werden. Mein Ministerium<br />
bereitet derzeit eine Neufassung<br />
der Bußgeldkatalog-Verordnung vor.<br />
Darin werden die im Verwarnungs- und<br />
Bußgeldkatalog enthaltenen Regelsätze<br />
in einer Verordnung zusammengefasst<br />
und generell im Verhältnis 1:2 auf Euro<br />
umgestellt. Dadurch reduziert sich der Betrag<br />
der Buß- und Verwarnungsgelder<br />
geringfügig. Eine generelle Erhöhung halte<br />
ich auf absehbare Zeit nicht für erforderlich.<br />
Wie beurteilen Sie den Beitrag, den<br />
die Auto- und Reifenindustrie zur pas-<br />
siven und aktiven Sicherheit der Fahrzeuge<br />
leistet?<br />
Die aktive und passive Sicherheit ist<br />
neben den umweltrelevanten Themen<br />
von zentraler Bedeutung für das Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau- und<br />
Wohnungswesen. Gemeinsam mit der<br />
Industrie wurden Kriterien ausgearbeitet,<br />
die heute dieses hohe Sicherheitsniveau<br />
innerhalb der Gesetzgebung in der EU<br />
widerspiegeln.<br />
Plakativ: Werbebotschaft am Straßenrand<br />
Dabei ist besonders die frühzeitige<br />
Einführung von Systemen wie zum Beispiel<br />
ABS oder Airbag und Technologien<br />
(Crashverhalten) zu erwähnen, bevor die<br />
verbindliche Einführung seitens der EU<br />
gefordert wurde. Dieser gemeinsame Weg<br />
soll zusammen mit der Industrie auch<br />
weitergegangen werden. Das Verkehrssicherheitsprogramm<br />
stellt diesen Aspekt<br />
besonders in den Vordergrund und zielt<br />
auf die Vernunft aller Beteiligten.<br />
Das Gespräch führte Ute Dommel<br />
@ Weitere<br />
Informationen unter:<br />
• Bundesverkehrsministerium:<br />
www.bmvbw.de<br />
• Deutscher Verkehrssicherheitsrat:<br />
www.dvr.de<br />
<strong>ReifenMagazin</strong> 15