Taxi Times München - Juli 2019
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MÜNCHEN<br />
SEITENWECHSLER UND KUNDENKLAUER<br />
DIE GROSSE WUT<br />
AUF MYTAXI<br />
TAXI.EU RÜSTET AUF<br />
Eine AG stärkt die<br />
finanzielle Basis<br />
SIXT GREIFT AN<br />
Eine Kooperation<br />
stärkt das <strong>Taxi</strong><br />
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EINE BOTSCHAFT VON MYTAXI AN SEINE<br />
KUNDEN<br />
„Lieber Fahrgast, wir von mytaxi finden es echt cool, dass du nun<br />
schon jahrelang unsere App nutzt, wenn du dir ein <strong>Taxi</strong> bestellst.<br />
Bitte wundere dich nicht, wenn die App nun plötzlich Free Now<br />
heißt. Es ist einfach so, dass wir an das <strong>Taxi</strong> nicht mehr glauben<br />
und dich deshalb in den freien Markt der Mietwagen locken wollen.<br />
Das hat für dich zunächst den coolen Vorteil, dass wir dir die<br />
Fahrten billiger anbieten. Du musst dir auch keine Sorgen machen,<br />
dass wir dadurch weniger Geld verdienen, denn wir werden einfach<br />
die Provision beim Mietwagenfahrer erhöhen. Der fährt dich<br />
künftig billiger und muss an uns deutlich mehr abgeben als bisher<br />
die <strong>Taxi</strong>fahrer. Ist das nicht eine megacoole Win-win-Situation für<br />
uns beide?<br />
Okay, irgendwann einmal, wenn du immer weniger ein <strong>Taxi</strong><br />
bestellst und du dann keine Alternativen mehr hast, werden wir<br />
die Preise anheben müssen. An Silvester oder wenn die U-Bahn-<br />
Fahrer streiken sogar mindestens um das Doppelte. Aber das macht<br />
ja Uber auch so und an denen wollen wir uns zukünftig orientieren.<br />
Falls du übrigens ab und zu auch schon Uber ausprobiert<br />
hast: Wir sind dir nicht böse, ganz im Gegenteil: Wenn du bei uns<br />
jetzt regelmäßig Mietwagen bestellst, schicken wir dir sogar den<br />
einen oder anderen Uber-Fahrer. Die werden wahrscheinlich für<br />
beide Apps unterwegs sein. Mehr verdienen diese Fahrer dadurch<br />
nicht – das Privileg des Geld-Verdienens gehört sowieso nur uns.<br />
Vorrangig wollen wir in Zukunft mit DEINER Mobilität viel<br />
Geld verdienen, denn wie du sicher weißt, gehören wir zum Daimler-Konzern<br />
und als solcher brauchen wir mittelfristig andere<br />
Einnahmequellen. Mit dem Verkauf unserer Mercedes-Autos geht<br />
es stetig bergab. Keine Angst, noch kaufen viele Menschen unseren<br />
Stern, sogar noch ganz viele <strong>Taxi</strong>unternehmer, obwohl wir<br />
denen im Moment DICH als bisherigen <strong>Taxi</strong>kunden wegnehmen.<br />
Aber das haben die zum Glück noch nicht kapiert.<br />
Cool, oder? Du erkennst diese Nicht-Checker übrigens ganz<br />
einfach: Es sind diejenigen, die auf ihren <strong>Taxi</strong>s Werbung für unsere<br />
neue App Free Now fahren.<br />
Bald wirst du diese <strong>Taxi</strong>fahrer sowieso wiedersehen – wenn<br />
sie dich in den günstigeren Mietwagen fahren, weil ihr <strong>Taxi</strong>betrieb<br />
pleitegegangen ist. Lass dich dann während der Fahrt auf keinen<br />
Fall auf eine Diskussion ein, wie ungerecht die Welt ist, weil sie<br />
jetzt viel weniger Geld verdienen. Mitleid mit ,Spät-Checkern‘ ist<br />
ein ,No-Go‘.<br />
Zum Schluss fänden wir es cool, wenn du deiner Oma weiterhin<br />
die Telefonnummer der <strong>Taxi</strong>zentrale gibst. Die macht sowieso<br />
immer nur Kurzfahrten, und außerdem dauert das Ein- und Aussteigen<br />
viel zu lange. Deine Oma wollen Mietwagenfahrer gar nicht<br />
fahren. Und Rollstuhl geht leider gar nicht. Und du selber solltest<br />
zur Sicherheit auch noch die <strong>Taxi</strong> Apps von taxi.eu oder<br />
<strong>Taxi</strong> Deutschland auf deinem Smartphone lassen – falls wir dir<br />
an Silvester zu teuer sind.“<br />
Liebe Grüße von den Seitenwechslern und Kundenklauern<br />
INHALT<br />
TITELTHEMA: SEITENWECHSLER<br />
UND KUNDENKLAUER<br />
4 Die große Wut auf mytaxi<br />
REAKTION DER TAXIZENTRALEN<br />
6 Die Zentralenapp taxi.eu wird zur AG<br />
8 Mit Sixt kommt ein neuer <strong>Taxi</strong>-Partner<br />
TAXIPROTESTE<br />
10 Münchner Mahnwachen<br />
12 Bilder zur „Scheuerwehr“-Tour<br />
KONTROLLEN UND RECHT<br />
14 Wildwest-Proteste nach Erding holen<br />
15 Das Münchner Uber-Verfahren:<br />
Schlimmer als Grimms Märchen<br />
TAXIVERBAND MÜNCHEN TVM<br />
16 Zukünftige ÖPNV-Strategien:<br />
Der TVM sitzt am Expertentisch<br />
ISARFUNK-TAXIZENTRALE<br />
18 Vorfahrtsspur für E-<strong>Taxi</strong>s am MUC<br />
ANTRIEB + EICHRECHT<br />
20 <strong>Taxi</strong>-Familientag beim Toyota-Händler<br />
22 Ein Eich-Schlupfloch wird gestopft<br />
NACHTFAHRER-PORTRÄT<br />
23 Die Erlebnisse eines Sikh-<strong>Taxi</strong>fahrers<br />
GASTKOMMENTAR + LESETIPP<br />
24 Krieg gegen den ÖPNV<br />
26 Gezeichnete Paradies-Erlebnisse<br />
26 Impressum<br />
TITELFOTO: mymietwagen<br />
Hinweis der <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Redaktion: Diesen fiktiven Brief haben<br />
wir frei erfunden. Die traurigen und leider ebenso wahren Fakten<br />
liefern wir ab Seite 4.<br />
TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
3
TITELTHEMA<br />
Kundenklau im großen Stil:<br />
mytaxi geht in Free Now über,<br />
Fahrgästen werden dort auch<br />
Mietwagen angeboten.<br />
DIE GROSSE WUT<br />
AUF MYTAXI<br />
Ende April ließ mytaxi die Bombe platzen. Als Teil von »Free Now« werde man<br />
künftig auch Mietwagen vermitteln. Scheuers Eckpunkte erscheinen damit in<br />
einem ganz anderen Licht.<br />
Für die einen war es ein Paukenschlag, anderen war es seit<br />
Jahren klar: Das Hauptanliegen von mytaxi ist es nicht, die<br />
<strong>Taxi</strong>vermittlung zu modernisieren, sondern dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
die Kunden zu entziehen und auf Personenbeförderungsangebote<br />
zu lenken, an denen nicht viele Tausend<br />
mittelständische Unternehmen und Kleinbetriebe<br />
verdienen, sondern die Daimler AG, die im<br />
Jahr 2017 einen Gewinn von 10,6 Milliarden Euro<br />
machte und deren bisheriger Vorstandsvorsitzender<br />
Dieter Zetsche mehr als eine halbe Million<br />
Euro im Monat verdiente.<br />
mytaxi wird also seinen etablierten Namen<br />
aufgeben und stattdessen als „Free Now“ Mobilität<br />
vermitteln. Vor allem will man dem Kunden<br />
künftig auch Mietwagen anbieten, die unter<br />
dem <strong>Taxi</strong>preis fahren sollen. mytaxi wechselt die<br />
Seiten, gibt aber vor, <strong>Taxi</strong>s weiterhin mitspielen<br />
lassen zu wollen. Dabei muss aber jedem klar<br />
sein: <strong>Taxi</strong>s werden dann nur noch ein Angebot<br />
unter vielen sein.<br />
Als Begründung für die Integration von mytaxi<br />
in Free Now gibt der Konzern an, dass sich die<br />
Personenbeförderungsbranche mittlerweile in<br />
einem internationalen Wettbewerb mit globalen<br />
Playern befinde. Diesen Markt wolle man diesen<br />
Playern nicht überlassen und meint dabei speziell Uber. Uber<br />
habe beispielsweise in Berlin drei Jahre benötigt, um exakt jenen<br />
Marktanteil zu erschließen, für den mytaxi acht Jahre benötigt<br />
habe, jammerte kürzlich ein mytaxi-Mitarbeiter bei einer Veranstaltung.<br />
Der Seitenwechsler folgert daraus, dass man neue Angebote<br />
schaffen müsse, „damit die bei uns angeschlossenen Fahrer<br />
auch in Zukunft unter optimalen Bedingungen ihre Dienstleistung<br />
anbieten können“.<br />
TAXIDEMOS SIND „PÖBELEI“<br />
mytaxi-Geschäftsführer Eckart Diepenhorst<br />
spricht in einer Video-Botschaft an die <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
und Unternehmer davon, dass man lieber auf<br />
Angriff gehen solle, anstatt „gegen die neue Wettbewerbssituation<br />
zu pöbeln“. Meint Diepenhorst<br />
mit „pöbeln“ etwa die <strong>Taxi</strong>proteste am 10. April,<br />
an denen sich mytaxi nicht beteiligt hatte?<br />
Mit den Free-Now-Plänen erscheint auch<br />
Scheuers stures Festhalten an seinen Eckpunkten<br />
in einem anderen Licht. Die Verfehlungen<br />
und offensichtlichen Kriegstreibereien von Uber<br />
sind so hanebüchen, dass kein vernünftiger Politiker<br />
dafür seinen guten Ruf aufs Spiel setzen<br />
würde. Wenn der tatsächliche Lobbyist aber aus<br />
dem eigenen Land kommt, ein massives Dieselproblem<br />
hat und vor allen Dingen mit Hunderttausenden<br />
von gefährdeten Arbeitsplätzen<br />
drohen kann, dann scheint es aus politischer<br />
Sicht nur das kleinere Übel zu sein, ein paar Zehntausend <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
und -fahrer zu opfern. Noch dazu, wo doch mytaxi als<br />
einer der bisherigen <strong>Taxi</strong>partner generös einen Teil davon in den<br />
FOTOS: Kirtschkowsky, mytaxi<br />
4 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
TITELTHEMA<br />
SO REAGIEREN DIE MÜNCHNER TAXIZENTRALEN<br />
Mit spezifischen Angeboten haben die IsarFunk-<strong>Taxi</strong>zentrale<br />
und die <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG auf den mytaxi-Frust reagiert. Bei<br />
IsarFunk beispielsweise gibt es ab sofort die Möglichkeit, ausschließlich<br />
über eine Fahrer-App an der Auftragsvermittlung<br />
teilzunehmen. „Diese Lösung funktioniert völlig ohne zusätzliche<br />
Funkgeräte“, hob Laurent Urban bei einer Veranstaltung<br />
hervor. Verpflichtend sei allerdings, dass man sämtliche<br />
bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten anbiete.<br />
Um einen schnellen Einstieg zu ermöglichen, verkürze Isar-<br />
Funk die bisherigen dreitägigen Schulungsmaßnahmen auf<br />
sechs Stunden, was dann auch den Schulungspreis (bisher<br />
195 Euro) reduzieren dürfte. Der monatliche Beitrag für die<br />
Teilnahme an der Auftragsvermittlung liege gleichauf mit<br />
allen anderen Teilnehmern bei netto 220 Euro monatlich für<br />
Einzelunternehmer bzw. 290 Euro für Mehrwagenbetriebe.<br />
Die Anregung für einen optionalen Tarif, bei dem nur für die<br />
einzelne Tour bezahlt werden müsse, wollen beide Zentralen<br />
überdenken, geben aber zu bedenken, dass man als Zentrale<br />
keineswegs teurer als mytaxi sei. „Ab einem monatlichen<br />
Umsatz von 2.000 Euro werden die Funkgebühren zu einer<br />
Flatrate“, betont Urban, „während ein guter mytaxi-Fahrer<br />
dann immer noch prozentual an seinen Auftraggeber abgeben<br />
muss.“ Konkrete Zahlen dazu liefert ein <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
aus Berechnungen aus seinem Mehrwagenbetrieb: „Ein<br />
mytaxi-Auftrag kostet im Schnitt 1,40 Euro.“<br />
Frank Kuhle von der <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG berichtet ebenfalls von<br />
einer kostensenkenden Neuerung bei seiner Genossenschaft.<br />
Seit Ende Mai können Unternehmer sogenannte „Anschlusspartner-Verträge“<br />
abschließen. Der Teilnehmer wird dafür<br />
zwar kein Mitglied der Genossenschaft, nimmt aber vollwertig<br />
an der Vermittlung an Datenfunk und Standplatzrufsäulen teil.<br />
Die Netto-Gebühren liegen bei 135 Euro für die Vermittlung<br />
und 20 Euro Leihgebühr für das Equipment.<br />
Nötig sei dafür eine Fahrer-App und im Fahrzeug eine Com-<br />
Box mit Bluetooth-Schnittstelle. Die Kosten für den Einbau<br />
trägt der Unternehmer selbst, es kommt noch eine geringe<br />
Pauschale für die Einrichtung der EDV sowie eine Kaution<br />
für das Equipment hinzu. Weitere Hardware ist nicht nötig,<br />
auch das Eintrittsgeld für die Anteile an der Genossenschaft<br />
entfällt. <br />
jh<br />
neuen Bereich des taxiähnlichen Mietwagenverkehrs übernehmen<br />
möchte. Genau dieses Ziel verfolgt nämlich mytaxi, indem man den<br />
jetzigen <strong>Taxi</strong>partnern eine erweiterte Zusammenarbeit anbietet.<br />
„Wer möchte mit uns den Schritt in das Mietwagengeschäft gehen“,<br />
fragt Diepenhorst ganz offen in seiner Videobotschaft. Die Frage,<br />
ob die guten Touren dann nur noch an Mietwagen vergeben werden,<br />
wälzt mytaxi auf die Kunden ab. Diese hätten verschiedene<br />
Präferenzen. „Allein der Kunde entscheidet“, sagt Diepenhorst.<br />
TAXIFAHRER FÜHLEN SICH VERRATEN<br />
Die bisherigen Partner von mytaxi – Unternehmer wie Fahrer –<br />
reagierten mit Wut, Frust und Kündigung. Bereits unmittelbar<br />
nach der Ankündigung sprachen unzählige betroffene <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
und -fahrer von Verrat und Seitenwechsel, etliche riefen<br />
zum Boykott auf. „Wir wollen deren Dienstleistung zum Erliegen<br />
bringen“, schreibt der Kollege Gün in einer WhatsApp-Gruppe<br />
und bittet daher die <strong>Taxi</strong>fahrer, keine Aufträge von mytaxi anzunehmen.<br />
„Es bringt nichts, wenn ihr weiterhin Vorbestellungen<br />
für morgen oder die nächste Woche annehmt. Klar, super Kasse<br />
morgen und die nächste Woche, und was ist in drei Monaten?“<br />
In <strong>München</strong> sind daher 60 <strong>Taxi</strong>unternehmen zu dem Ergebnis<br />
gekommen, dass nur ein einheitlicher Verzicht zielführend sei.<br />
Sie treffen sich seit Anfang Mai regelmäßig und entwickeln eine<br />
gemeinsame Strategie, wie sie mit ihren insgesamt 800 Konzessionen<br />
bei mytaxi aussteigen könnten.<br />
Dabei wurde auch klar, dass man sich die Kunden von mytaxi<br />
wieder zurückholen muss. In diesem Zusammenhang wurde der<br />
Ruf der Kollegen immer lauter, dass die <strong>Taxi</strong>zentralen genügend<br />
Infomaterial zur Bewerbung der echten <strong>Taxi</strong>-Apps zur Verfügung<br />
stellen sollen. Diesem Ruf sind beide Münchner Zentralen gefolgt.<br />
Zahlreiche <strong>Taxi</strong>s fahren mittlerweile Außenwerbung für taxi.eu oder<br />
für die „<strong>Taxi</strong> Deutschland“-App. Sie bekommen dafür keine Werbeeinnahmen,<br />
sie machen das, um ihre eigene Zentrale zu stärken.<br />
Neben diesen echten und ehrlichen <strong>Taxi</strong>unternehmern und<br />
-fahrern gibt es allerdings auch jene Unternehmer und Fahrer,<br />
auf deren <strong>Taxi</strong>s Free-Now-Werbung platziert ist. Diese Unternehmer<br />
wurden mit Werbeeinnahmen geködert, die weit über den<br />
marktüblichen Preisen liegen. Der Daimler-Konzern lässt sich den<br />
Marktstart viel kosten und die mytaxi-Mitarbeiter können dabei<br />
auf <strong>Taxi</strong>betriebe bauen, die wegen ein paar Hundert Euro extra<br />
(oder auch ein paar Zehntausend Euro bei Mehrwagenunternehmern)<br />
ihre eigene Branche verkaufen. <br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
5<br />
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TAXIZENTRALEN<br />
Das Eurocab-Treffen in Luxemburg<br />
war die Geburtsstunde für die „<strong>Taxi</strong> Europa AG“,<br />
die als Dachgesellschaft die App taxi.eu<br />
finanziell konkurrenzfähig halten soll.<br />
TAXI.EU WIRD ZUM<br />
GEMEINSCHAFTSPRODUKT<br />
Im harten Wettbewerb mit Uber, mytaxi & Co. wird die »echte« <strong>Taxi</strong>-App<br />
von taxi.eu künftig unter dem Dach einer AG finanziert und globalisiert.<br />
Der Grundstein wurde vergangenen Monat in Luxemburg gelegt.<br />
Geplant ist, die Marke taxi.eu künftig<br />
unter dem Dach einer neu zu<br />
gründenden Aktiengesellschaft<br />
„<strong>Taxi</strong> Europa“ zu positionieren. Damit wird<br />
die App ihr Netzwerk massiv verstärken.<br />
Ein entsprechendes Konzept präsentierten<br />
die beiden taxi.eu-Geschäftsführer Hermann<br />
Waldner und Michael Weiss beim<br />
Zentralentreffen „Eurocab“ Ende Mai den<br />
rund 80 anwesenden Chefs und Mitarbeitern<br />
diverser europäischer <strong>Taxi</strong>zentralen,<br />
darunter auch die Münchner IsarFunk-<strong>Taxi</strong>zentrale.<br />
Mit 165 angeschlossenen Zentralen<br />
aus elf Ländern, 65.000 Fahrzeugen<br />
und 205.000 Fahrern sowie knapp 300 Millionen<br />
Fahrten zähle man zu Europas Nummer<br />
eins in der Fahrtenvermittlung und<br />
müsse sich daher mehr denn je den Herausforderungen<br />
der zukünftigen Mobilitätsbedürfnisse<br />
stellen.<br />
Zu den angesprochenen Herausforderungen<br />
gehöre, dass man das bestehende<br />
Geschäft für sämtliche Bestellkanäle weiter<br />
digitalisiere, den jungen Zielgruppen passende<br />
Angebote im Share-Segment mache<br />
und das frühere Einsteigergeschäft, das<br />
sich mittlerweile in Richtung App-Bestellung<br />
verschoben hat, zurückhole. Darüber<br />
hinaus müsse man den Geschäftskunden<br />
flächendeckende und europaweite Gesamtlösungen<br />
bieten sowie die Services des taxi.<br />
eu-Netzwerkes durch ÖPNV-Kooperationen<br />
für die ökologische Mobilität erweitern.<br />
Um diese Zielsetzungen auch in Zukunft<br />
zu erreichen, müsse sich die Struktur des<br />
seit 2012 bestehenden losen Netzwerkverbunds<br />
der <strong>Taxi</strong>zentralen grundlegend<br />
ändern. „Wir sind kein zentral gelenkter<br />
Konzern, sondern ein Verbund aus einzelnen<br />
Zentralen, an die einzelne <strong>Taxi</strong>betriebe<br />
angeschlossen sind“, hatte Hermann Waldner<br />
in diesem Zusammenhang erklärt. „Wir<br />
müssen über das Denken an die eigene Zentrale<br />
hinausgehen, uns über gemeinsame<br />
Ziele bewusst sein und diese anstreben.<br />
Wir müssen jetzt gemeinsam handeln.“<br />
Waldner präsentierte daher gemeinsam<br />
mit seinem taxi.eu-Mitgründer Michael<br />
Weiss die konkrete Idee einer gemeinsamen<br />
Firma in Form einer Aktiengesellschaft,<br />
in der sich nicht nur alle Zentralen<br />
wiederfinden, sondern auch deren Mitglieder<br />
bzw. Teilnehmer.<br />
»Wir müssen<br />
jetzt gemeinsam<br />
handeln.«<br />
Hermann Waldner, Geschäftsführer von<br />
IsarFunk und Gründer von taxi.eu<br />
Den bisherigen taxi.eu- und FMS-Partnerzentralen<br />
wollen Weiss und Waldner Sonderkonditionen<br />
und einen Gründerrabatt<br />
gewähren. Eine Aktie soll 20 Euro kosten,<br />
pro teilnehmendem Auto erwerben die<br />
Zentralen eine Aktie. Eine Zentrale mit<br />
25 Autos würde dann Aktien für 500 Euro<br />
kaufen, eine Zentrale mit 1.000 <strong>Taxi</strong>s<br />
für 20.000 Euro. „Das Geld fließt 1:1 als<br />
Finanzmittel in die Aktiengesellschaft“,<br />
verspricht Weiss und kündigt darüber hinaus<br />
eine gleichzeitige Kapitalerhöhung in<br />
Höhe von 300.000 Euro an, die von ihm und<br />
Waldner beigesteuert werde.<br />
Die gemeinsame Nutzung der einen<br />
starken Marke „taxi.eu“ erfolge nach dem<br />
Franchise-System. „Jedes <strong>Taxi</strong> trägt die<br />
gemeinsame Marke im Markt, alle <strong>Taxi</strong>s<br />
vertreten gemeinsame Werte und Serviceangebote.“<br />
Als Franchise-Gebühr sind<br />
80 Cent pro Auftrag vorgesehen, für Vorzugsaktionäre<br />
40 Cent. Sinn ergebe diese<br />
Aktiengesellschaft allerdings nur dann,<br />
wenn die meisten Partner mitmachen.<br />
Wenn bis 1. Oktober <strong>2019</strong> Optionen für<br />
mindestens 30.000 Aktien gezeichnet werden,<br />
werde das Projekt umgesetzt, versprachen<br />
Weiss und Waldner. Die Verträge und<br />
Statuten seien fertig und könnten jedem<br />
Interessenten zugesendet werden.<br />
Um das Vertrauen in die taxi.eu-App<br />
unter den anwesenden Zentralenchefs<br />
nochmals zu schärfen, hatte vor der Präsentation<br />
der Aktienpläne Hermann Waldner in<br />
einem eigenen Vortrag auf die beachtlichen<br />
taxi.eu-Erfolge hingewiesen. Man habe das<br />
Design der App regelmäßig angepasst, sie<br />
als Bestelloption in Amazon-Echo, Google<br />
Maps, Sixt oder auch Passngr integriert,<br />
befinde sich bei Eingabe des Suchbegriffs<br />
„<strong>Taxi</strong>“ auf Platz zwei des Google-Rankings<br />
(Android) und lande in App-Vergleichstests<br />
regelmäßig auf den ersten Plätzen.<br />
All dies habe man mit einem Bruchteil des<br />
Etats der Wettbewerber erreicht, berichtet<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
6 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
TAXIZENTRALEN<br />
Hermann Waldner (links)<br />
und Michael Weiss führen<br />
die taxi.eu-App in eine<br />
Aktiengesellschaft.<br />
Waldner stolz. Der Grundstock ist damit<br />
gelegt, um künftig gemeinsam gegenüber<br />
den Kunden und Partnern aufzutreten. „Da<br />
es keine Großinvestitionen in das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
durch finanzstarke Konzerne gibt,<br />
müssen wir es tun“, appelliert Waldner an<br />
die Eigeninitiative.<br />
Ein Appell, der schon auf der Luxemburger<br />
Konferenz Früchte trug, denn dem Aufruf,<br />
sich im Anschluss an die Präsentation<br />
in eine Interessentenliste einzutragen, folgten<br />
bis auf zwei Ausnahmen alle Kongressteilnehmer,<br />
auch die IsarFunk-<strong>Taxi</strong>zentrale.<br />
„97 Prozent aller Anwesenden haben ihren<br />
Willen erklärt, teilzunehmen“ erklärte Waldner<br />
am zweiten Tag in einem Abschlussstatement<br />
sichtlich beeindruckt und euphorisiert.<br />
„Das ist eine rational und emotional sehr<br />
hohe Zahl. Wir werden eure Aufforderung<br />
‚Tut was, macht Dampf‘ annehmen und so<br />
schnell wie möglich die AG gründen.“<br />
WEGWEISENDE KONFERENZ<br />
Auch Michael Müller, Präsident des Bundesverbands<br />
<strong>Taxi</strong> und Mietwagen e. V., der<br />
gemeinsam mit Geschäftsführer Thomas<br />
Grätz als Gast am Eurocab teilgenommen<br />
hatte, lobte den Schritt: „Diese Konferenz<br />
dürfte als wegweisend in die Geschichte<br />
eingehen. Ich begrüße die große Zustimmung,<br />
die Kraft des Gewerbes zu bündeln,<br />
und wünsche der AG einen guten Start.“<br />
An Weiss und Waldner gewandt fügte Müller<br />
hinzu: „Bei einer AG ist der Shareholder<br />
Value in der Regel das entscheidende Kriterium.<br />
Es ist daher eine hohe Verantwortung,<br />
die AG so zu führen, dass am Ende<br />
immer die Belange des <strong>Taxi</strong>gewerbes die<br />
Handlungen bestimmen.“<br />
Ein Hinweis, den Weiss als Versprechen<br />
und Eigenverpflichtung an Müller und alle<br />
anwesenden Leiter der <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
zurückspielte: „Das ist die Kunst des Vertragswerks<br />
dieser AG – es soll in der Branche<br />
bleiben, darauf müssen alle aufpassen.<br />
Es ist für uns alle eine Riesenchance, diesen<br />
Weg mit der nötigen Weitsicht gemeinsam<br />
zu gehen.“ <br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
7
Von der Kooperation zwischen Sixt und den beiden Münchner <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
sollen alle profitieren – auch die Münchner <strong>Taxi</strong>fahrer.<br />
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MIT MÜNCHNER<br />
TAXIZENTRALEN<br />
Kaum hat sich mytaxi vom <strong>Taxi</strong> verabschiedet, steht mit Sixt schon der Nächste<br />
bereit. Entsprechend groß ist die Skepsis. Bei einer Informationsveranstaltung<br />
machten die Partner die Unterschiede deutlich.<br />
Ein Münchner <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
machte seinem Ärger bei der Veranstaltung<br />
im Löwenbräukeller<br />
Luft: An eine Zusammenarbeit zwischen<br />
den beiden Münchner <strong>Taxi</strong>zentralen Isar-<br />
Funk und <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG und der Firma<br />
Sixt sei erst dann zu denken, wenn der<br />
Autovermieter zweifelsfrei nachweisen<br />
kann, dass es keine Berührungspunkte mit<br />
Mietwagenunternehmen mehr gebe, die für<br />
Uber fahren. Dabei ging es doch um eine<br />
Sixt-Manager Johannes Boeinghoff erläuterte<br />
die Eckpunkte der Zusammenarbeit.<br />
intensivere Zusammenarbeit zwischen Sixt<br />
und <strong>Taxi</strong> und nicht um Uber.<br />
Die Verkündung der Kooperation kam<br />
zu einem schwierigen Zeitpunkt: Die Politik<br />
setzt das <strong>Taxi</strong>gewerbe immer stärker<br />
mit Modernisierungsplänen des PBefG<br />
unter Druck und der App-Vermittler<br />
Free Now – ehemals mytaxi – wird mit seinem<br />
neuen Mobilitätsangebot Millionen<br />
klassische <strong>Taxi</strong>kunden ins Mietwagengewerbe<br />
absaugen. Der Schaden für das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
ist noch gar nicht abzusehen.<br />
Deshalb ist es verständlich, dass das Kooperationsangebot<br />
von Sixt jetzt besonders kritisch<br />
unter die Lupe genommen wird – ob<br />
zu Recht oder nicht – und nach Makeln und<br />
Fallen gesucht wird, die man bei mytaxi<br />
erst viel zu spät entdeckt hat.<br />
Dabei dürfte jedem klar sein, dass ein Großteil<br />
der Vermittlung in der Personenbeförderung<br />
bald über Apps erfolgen wird. Der<br />
Kunde hat sein Smartphone immer dabei,<br />
liebt das Bestellen per Knopfdruck, während<br />
er Telefonwarteschleifen hasst, er<br />
möchte möglichst unkompliziert bestellen<br />
und bezahlen und möchte dabei gerne zwischen<br />
verschiedenen Mobilitätsangeboten<br />
wählen können – alles Leistungen, wie sie<br />
Free Now, Uber & Co. anbieten oder das<br />
zumindest suggerieren. Zum Leidwesen<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes will dieses Angebot bei<br />
den Apps von taxi.eu und <strong>Taxi</strong> Deutschland<br />
nicht so recht wahrgenommen werden.<br />
20 MILLIONEN KUNDEN<br />
In diese Bresche will nun Sixt springen. In<br />
der über einhundertjährigen Geschichte<br />
brachte es das einst von Martin Sixt<br />
gegründete Familienunternehmen zum<br />
Global Player. Rund 20 Millionen Kunden<br />
weltweit bestellen bei Sixt Limousinen mit<br />
Fahrer, viele davon Geschäftsleute, also<br />
eine auch bei <strong>Taxi</strong>fahrern begehrte Zielgruppe.<br />
Der Ausflug mit „Sixt Mydriver“<br />
in ein Vermittlungsgeschäft, wie es Uber<br />
und seit Kurzem auch Free Now betreiben,<br />
soll nicht verschwiegen werden. Doch nach<br />
Auskunft des Unternehmens wird dieses<br />
Experiment in den nächsten Monaten komplett<br />
eingestampft. Auch weil sich dieses<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
8 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
TAXIZENTRALEN<br />
Geschäft im Betrieb mit Luxuslimousinen<br />
schlicht nicht rechnet. Sixt macht dazu<br />
eine klare Aussage. Mietwagenfahrten<br />
unterhalb des <strong>Taxi</strong>tarifs sind definitiv<br />
immer ein Minusgeschäft. Das genau ist<br />
die Erfahrung, die man schon gemacht<br />
habe und die Free Now und andere erst<br />
noch machen müssen.<br />
Sixt wird Personenbeförderung innerhalb<br />
seiner App „Sixt Ride“ weltweit anbieten<br />
–und hat sich dafür überall auf der Welt<br />
den jeweils stärksten Partner gesucht. In<br />
den USA war das <strong>Taxi</strong>gewerbe leider nicht<br />
so innovativ und hat es verpasst, sich rechtzeitig<br />
zu digitalisieren. Also musste sich<br />
Sixt für das Ad-hoc-Geschäft dort mit dem<br />
Unternehmen Lyft einen anderen Partner<br />
suchen. In Deutschland allerdings gab es<br />
diesen innovativen und weitgehend digitalisierten<br />
möglichen Partner bereits, nämlich<br />
das <strong>Taxi</strong>. Ein Kooperationsangebot war<br />
da nur logisch.<br />
TAXI FÜR DAS SOFORTGESCHÄFT<br />
In Zukunft wird Sixt also in ihrer Mobilitäts-App<br />
aus eigenem Bestand nur Limousinen-Service<br />
anbieten, der vorab bestellt<br />
werden muss. Die Lücke im Ad-hoc-<br />
Geschäft, also wenn der Kunde sofort eine<br />
Fahrt antreten möchte, soll nun das <strong>Taxi</strong><br />
schließen. Dabei sollen für die reine Vermittlung<br />
keine Kosten entstehen, lediglich<br />
das Disagio bei Kreditkartenzahlung soll<br />
an die <strong>Taxi</strong>zentralen – und damit schließlich<br />
an den angeschlossenen Unternehmer<br />
– weitergegeben werden.<br />
Das <strong>Taxi</strong> bekommt also zusätzliche Aufträge,<br />
die nach einem vorher vereinbarten<br />
Schlüssel an beide <strong>Taxi</strong>zentralen ausgesteuert<br />
werden. Für den Fahrer ist das erst mal eine<br />
ganz normale Fahrt auf Rechnung, wie er sie<br />
aus seinem <strong>Taxi</strong>alltag bereits kennt. Doch das<br />
Angebot geht noch weiter: Als Tec-Unternehmen<br />
bringt Sixt jede Menge Erfahrung in<br />
Sachen App-Bestellung und digitale Dienste<br />
mit. Davon profitieren heute schon taxi.eu und<br />
<strong>Taxi</strong> Deutschland. Außerdem verspricht das<br />
Unternehmen Unterstützung bei der Steigerung<br />
des Service, ein Feld, mit dem sich beide<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen schon lange rumschlagen.<br />
IsarFunk, <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG, und Sixt<br />
sind sich bereits handelseinig geworden<br />
und haben eine Kooperation beschlossen<br />
und für fünf Jahre vertraglich geregelt.<br />
Durch den Fünfjahresvertrag verpflichtet<br />
sich Sixt außerdem, nicht mit Uber zu<br />
arbeiten und das Vermittlungsgeschäft<br />
während der Vertragslaufzeit ausschließlich<br />
mit den Zentralen weiterzuentwickeln.<br />
Außerdem werden keine Kundendaten von<br />
den <strong>Taxi</strong>zentralen bei Sixt gespeichert, bis<br />
auf die Daten zur Zahlungsabwicklung.<br />
Damit wird ausgeschlossen, dass es zu<br />
einem Ausverkauf des <strong>Taxi</strong>s wie bei<br />
Free Now kommt.<br />
Christian Hess von IsarFunk (rechts) und<br />
Frank Kuhle von der <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG schilderten<br />
die Vorteile der Sixt-Kooperation.<br />
Auch den Car-Sharing-Kunden soll das <strong>Taxi</strong><br />
aktiv angeboten werden. Sixt glaubt, dass<br />
Car-Sharing eher im Wettbewerb mit anderen<br />
Car-Sharing-Anbietern steht und nicht<br />
direkt mit dem <strong>Taxi</strong> konkurriert. Beim Car-<br />
Sharing muss man zum Auto laufen, während<br />
man beim <strong>Taxi</strong> an der gewünschten<br />
Adresse abgeholt wird. Es spricht aber<br />
nichts dagegen, dem Kunden beide Angebote<br />
zu machen und ihn dann wählen zu<br />
lassen, was gerade besser zu seinen<br />
momentanen Bedürfnissen passt. Das<br />
könnte Kunden, die sich sonst anders von<br />
A nach B bewegen lassen, wieder auf das<br />
<strong>Taxi</strong> als schnelles, preissicheres und zuverlässiges<br />
Angebot aufmerksam machen –<br />
und letztlich dem <strong>Taxi</strong>gewerbe zuführen.<br />
GEMEINSAME INNOVATIONEN<br />
Schon jetzt können Kunden über Sixt ein<br />
<strong>Taxi</strong> bestellen. Anders als bei anderen <strong>Taxi</strong>-<br />
Vermittlern setzt Sixt auf die gewachsenen<br />
Zentralen und deren Vermittlungssysteme.<br />
Das heißt, ein gemeinsames Produkt kann<br />
nur so gut sein, wie das Produkt der Zentralen.<br />
Somit fließt jede Anstrengung, das<br />
Produkt für Kunden besser zu machen, in<br />
die Vermittlungstechnik und macht damit<br />
mittelfristig die Zentrale wettbewerbsfähiger.<br />
Gemeinsam erarbeitete Innovationen<br />
können in der Folge in die gewerbeeigenen<br />
Apps übernommen werden. Vor allem handelt<br />
es sich um eine Partnerschaft auf<br />
Augenhöhe, bei der sich beide Partner<br />
brauchen.<br />
Der in der am Anfang beschriebenen<br />
Diskussion geäußerte Vorwurf, andere<br />
Bereiche von Sixt würden Geschäftsbeziehungen<br />
zu Uber weiterhin unterhalten,<br />
lässt sich weitestgehend entkräften. Ein<br />
Kooperationsverbot ist vertraglich zugesichert.<br />
Denkbar wäre, dass sich trotzdem<br />
ein Mietwagenunternehmer ein Fahrzeug<br />
bei der Sixt Leasing beschafft. So etwas<br />
aber zu 100 Prozent auszuschließen, ist<br />
nicht nur unmöglich, es widerspricht auch<br />
der jetzigen Gesetzeslage. Eine aktive<br />
Kooperation zwischen Uber und Sixt allerdings<br />
ist unterbunden. Und wenn doch,<br />
dann droht eine saftige Vertragsstrafe.<br />
Deshalb kann diese Entwicklung als<br />
wichtiger Beitrag im Kampf gegen Uber<br />
gewertet werden. Mit Sixt gewinnt das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
zur rechten Zeit einen verlässlichen<br />
Partner. Denn in Anbetracht der<br />
täglichen Meldungen ist die Zukunft des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes alles andere als sicher. Mit<br />
einem starken Partner wie Sixt an der Seite<br />
verbessern sich die Chancen, Kunden wieder<br />
an die Dienstleistung <strong>Taxi</strong> zu binden.<br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
9
TAXIPROTESTE<br />
DAS GESTÄNDNIS<br />
AUS BAYERN<br />
Mit zwei weiteren Mahnwachen wurden in <strong>München</strong> die »Scheuerwehr-Proteste«<br />
gegen die Eckpunkte aus dem Bundesverkehrsministerium fortgesetzt. Ein<br />
Vertreter aus dem bayerischen Ministerium verriet dabei etwas Überraschendes.<br />
Mahnwache am 24. Mai in Riem.<br />
Mahnwache am 19. Juni in der Politystraße.<br />
Helmut Schütz, Amtsleiter im Bayerischen<br />
Verkehrsministerium: „Das Bundesverkehrsministerium<br />
hat die Eckpunkte wieder<br />
kassiert und eine sogenannte Findungskommission<br />
eingerichtet.“<br />
Seit im Februar die internen Pläne<br />
von Bundesverkehrsminister Andreas<br />
Scheuer zur Änderung des<br />
Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)<br />
nach außen gedrungen sind, protestiert<br />
die <strong>Taxi</strong>branche. Vor allem die beiden Forderungen,<br />
die Rückkehrpflicht und das<br />
bisherige Verbot der Einzelplatzvermietung<br />
für Mietwagen abzuschaffen, führten<br />
zur sofortigen Gegenforderung durch den<br />
Bundesverband <strong>Taxi</strong> und Mietwagen e.V.:<br />
„Scheuers Eckpunkte müssen weg“. Da der<br />
Minister dieser Forderung aber nicht nachkommt,<br />
gründete der Bundesverband eine<br />
sogenannte Scheuerwehr und protestiert<br />
seitdem mit diversen Maßnahmen. Bisheriger<br />
Höhepunkt der Aktionen war dabei<br />
sicherlich der bundesweite <strong>Taxi</strong>aktionstag<br />
am 10. April (<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> berichtet ausführlich<br />
in seiner aktuellen Dach-Ausgabe,<br />
Bestellung siehe Seite 27), der allerdings<br />
bei Herrn Scheuer noch keinen Sinneswandel<br />
brachte (Der Druck von Daimler / Free<br />
Now dürfte hinter verschlossenen Türen<br />
mindestens genauso groß sein). Daher setzt<br />
der Bundesverband in Zusammenarbeit mit<br />
den Landesverbänden und den örtlichen<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen weitere bundesweite Nadelstiche.<br />
RIEMER BANNMEILE<br />
In <strong>München</strong> versammelten sich beispielsweise<br />
rund 50 <strong>Taxi</strong>fahrer und -unternehmer<br />
am 24. Mai am Riemer Messegelände zu<br />
einer Mahnwache. In den Messehallen hatten<br />
sich an diesem Tag die Parteispitzen der<br />
CSU und der CDU getroffen. Aufgrund der<br />
polizeilichen Auflagen wurde die Mahnwache<br />
allerdings nicht direkt an den Einfahrten<br />
bzw. vor dem Haupteingang zur Messe<br />
gestattet, sondern weit entfernt gegenüber<br />
des N2 Hotels. Zwischen Politik und der<br />
<strong>Taxi</strong>mahnwache wurde so eine möglichst<br />
große Distanz in Form des Messesees<br />
geschaffen. Ein persönlicher Kontakt, wie<br />
bei anderen Mahnwachen, wurde so von<br />
vornherein unmöglich gemacht. Trotzdem<br />
war die Aktion wichtig und auch deshalb<br />
erfolgreich, weil acht Fahrzeuge der <strong>Taxi</strong><br />
<strong>München</strong> eG mit „Scheuerwehr“-Aufkleber<br />
permanent um das Messegelände kreisten.<br />
Rund drei Wochen später fand die nächste<br />
Mahnwache in Sichtweite zur Bayerischen<br />
Staatskanzlei statt. Die vom Bundesverband<br />
durchgeführte „Scheuerwehr-Tour“<br />
durch alle 16 Bundesländer hatte das Ziel,<br />
in der jeweiligen Landeshauptstadt vor dem<br />
Sitz des Ministerpräsidenten gegen Scheuers<br />
Eckpunkte zu protestieren und mit der<br />
jeweiligen Landesregierung ins Gespräch<br />
zu kommen.<br />
In <strong>München</strong> wurde das insoweit erreicht,<br />
dass mit Helmut Schütz der Amtsleiter des<br />
Bayerischen Verkehrsministeriums vom<br />
Ministerium am Prinzregentenplatz teilnahm<br />
und vor rund 70 Teilnehmern der<br />
Mahnwache Überraschendes zu berichten<br />
hatte: Der bisherige Protest des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
habe doch bereits Wirkung gezeigt,<br />
räumte Schütz ein und sagte wörtlich: „Das<br />
Bundesverkehrsministerium hat diese Eckpunkte<br />
wieder kassiert und eine sogenannte<br />
Findungskommission eingerichtet.“<br />
Dieses Geständnis relativierte anschließend<br />
Frank Kuhle in seiner Funktion als<br />
Vorstandsmitglied des Bundesverbands:<br />
Dies möge zwar eine interne Festlegung<br />
sein, eine öffentliche Abkehr habe man bisher<br />
jedoch nicht vernommen. Genau dies<br />
sei aber die Forderung des <strong>Taxi</strong>gewerbes,<br />
betonte Kuhle in seiner Rede. „Wir werden<br />
heute, morgen und übermorgen laut,<br />
zusammen, geschlossen und geeint mit<br />
einer einzigen Forderung weiter auftreten:<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
10 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
TAXIPROTESTE<br />
PROTEST GEGEN EINEN GESELLSCHAFTSPOLITISCH GEFÄHRLICHEN TREND<br />
<strong>Taxi</strong>s und Mietwagen sind zwei vom Gesetzgeber gewollte<br />
Verkehrsarten. Doch während der Mietwagen nach freien<br />
Marktregeln agieren soll, steht das <strong>Taxi</strong> in der Pflicht, permanent<br />
und für alle Mobilitätsbedürfnisse verfügbar zu sein.<br />
Um das jederzeit finanziell bewältigen zu können (<strong>Taxi</strong> ist im<br />
Gegensatz zu Bus und Bahn nicht subventioniert), hat der<br />
Gesetzgeber im PBefG eine klare Abgrenzung zwischen Mietwagen<br />
und <strong>Taxi</strong>s definiert. Sobald der Mietwagen taxiähnliche<br />
Fahrten unter dem Preis anbietet, wird das wirtschaftlich<br />
gesehen ein Minusgeschäft. Uber<br />
selbst kümmert das wenig, denn<br />
sie erhalten ihre Vermittlungsprovision.<br />
Alles andere wird auf die<br />
Uber-Partner abgewälzt. Diese sind<br />
oft gezwungen, den Preisdruck an<br />
die angestellten Fahrer weiterzureichen,<br />
die dann oft – gesetzeswidrig<br />
– unter dem Mindestlohn bezahlt<br />
werden.<br />
Eine Marktöffnung für Uber & Co.<br />
durch eine Anpassung des PBefG<br />
hat daher eine enorme gesellschaftspolitische<br />
Dimension und das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe erhält aus diesem Grund in seinem Scheuer-<br />
Protest auch Unterstützung von anderen gesellschaftlichen<br />
Initiativen. So beteiligte sich beispielsweise die Sammlungsbewegung<br />
„Aufstehen“ an den letzten drei Mahnwachen des<br />
Münchner <strong>Taxi</strong>gewerbes. „Wir machen Sozialpolitik im Interesse<br />
der kleinen Leute“, schildert Christian Lange gegenüber<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> die Ziele der von Sahra Wagenknecht initiierten<br />
Bewegung.<br />
Christian Lange (mit Mikro) von der Sammlungsbewegung<br />
„Aufstehen“ unterstützte das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
bei den Mahnwachen.<br />
Lange ist Vorsitzender von „Aufstehen“ Bayern. Die Ortsgruppe<br />
<strong>München</strong> (muenchen@aufstehen.<br />
de) kämpft vor allen Dingen für<br />
bezahlbaren Wohnraum in der Stadt.<br />
„Teure Wohnungsmieten bewirken,<br />
dass zunehmend Manager die normalen<br />
Bürger aus der Stadt drängen.<br />
Postboten, Polizisten, Erzieher und<br />
eben auch <strong>Taxi</strong>fahrer werden an den<br />
Stadtrand oder noch weiter rausgedrängt“,<br />
sagt Lange. Sie müssen<br />
dann täglich reinpendeln, um den<br />
reichen Leuten die Post in den Briefkasten<br />
zu werfen oder deren Kinder<br />
zu betreuen.“<br />
jh<br />
Die Eckpunkte müssen offiziell zurückgezogen<br />
werden. Nichts anderes erwarten wir.“<br />
In Scheuers Eckpunkten sieht Kuhle ein<br />
„Uber-Willkommensgesetz“. „Wir brauchen<br />
das nicht, und auch der Bürger braucht das<br />
nicht. Der Mensch muss mobil sein, dafür<br />
stehen insbesondere die <strong>Taxi</strong>s.“<br />
UNMORALISCHER ANGRIFF<br />
Die Tour durch 16 Bundesländer (Highlights<br />
dazu siehe Seite 12) brachte auch<br />
die Zustimmung vieler Parteien. Am deutlichsten<br />
positionierten sich die SPD und<br />
noch mehr die Linke. Für Letztere war die<br />
Münchner Bundestagsabgeordnete Nicole<br />
Gohlke zur Mahnwache gekommen. Sie<br />
hält Scheuers Eckpunkte für einen „hoch<br />
unanständigen und unmoralischen Angriff<br />
auf die <strong>Taxi</strong>branche, auf eure Existenz, auf<br />
eure Zukunftsperspektiven und auf eure<br />
Würde“. Solche politischen Manöver seien<br />
geeignet, den sozialen und gesellschaftlichen<br />
Zusammenhalt kaputtzumachen. Die<br />
geplante Novellierung sei nicht nur ein<br />
Angriff auf die <strong>Taxi</strong>fahrer, sie sei auch ein<br />
großer Angriff auf die Infrastruktur und<br />
das Verkehrswesen der Städte, Gemeinden<br />
und Landkreise. „Was wird passieren, wenn<br />
die Rückkehrpflicht für Uber & Co. entfällt“,<br />
wirft Gohlke während ihrer Ansprache in<br />
den Raum und gibt sofort die Antwort:<br />
„Die Folge wird sein, dass deren Fahrzeuge<br />
zusätzlich und in unbeschränkter Anzahl<br />
in der Stadt kreisen und parken werden.<br />
Nicole Gohlke, Bundestagsabgeordnete der<br />
Linken: „Der Angriff auf das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
geht uns alle an.“<br />
Das bedeutet noch mehr Autos, noch mehr<br />
Verkehr und noch mehr Schadstoffe. Das<br />
kann kein Mensch wollen.“ <br />
jh<br />
DAS AUTOHAUS FÜR TAXIFAHRZEUGE<br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
11
TAXIPROTESTE<br />
EINE »SCHEUER-<br />
WEHR-TOUR«<br />
QUER DURCH<br />
DIE REPUBLIK<br />
Unmittelbar nach Pfingsten verstärkte der Bundesverband<br />
<strong>Taxi</strong> und Mietwagen noch einmal seine Proteste gegenüber<br />
den Liberalisierungsplänen des Verkehrsministers.<br />
Mit einem „Scheuerwehr“-Anhänger fuhr der Berliner <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
und Gewerbevertreter Rolf Feja (Im Foto mit dem Fuß auf<br />
dem Koffer) mit jeweils einem Vertreter des Bundesverbands in<br />
die Landeshauptstädte der 16 Bundesländer. Es wurde eine Tour<br />
mit vielen Highlights, aber auch kleinen Enttäuschungen. jh<br />
MELDUNG ZU JEDER STATION<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> hat online und in seiner App aus<br />
jeder Stadt berichtet. Nachzulesen unter<br />
www.taxi-times.com<br />
(Stichwortsuche „Scheuerwehr-Tour“).<br />
AUFTAKT DER<br />
„SCHEUERWEHR“-TOUR:<br />
Am 11. Juni startete die erste Kundgebung<br />
vor dem Brandenburger Landtag in Potsdam.<br />
<strong>Taxi</strong>-und-Mietwagenverbands-Präsident<br />
Müller konnte die Staatssekretärin<br />
Ines Jesse (SPD) begrüßen. Ihre Landesregierung<br />
spricht sich gegen eine Aufhebung<br />
der Rückkehrpflicht aus. Die Länder sind<br />
im Falle einer Gesetzesänderung über den<br />
Bundesrat abstimmungsberechtigt<br />
DIE VERKEHRSMINISTER<br />
IN HESSEN UND IM SAARLAND:<br />
Beim Halt in Wiesbaden gab sich der grüne<br />
Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Mitte)<br />
verständnisvoll, allerdings ohne sich bei<br />
der Frage nach der Rückkehrpflicht festzulegen.<br />
Klare Worte dagegen von der saarländischen<br />
Verkehrsministerin Anke<br />
Rehlinger. Für sie ist das <strong>Taxi</strong>gewerbe ganz<br />
besonders im ländlichen Raum ein maßgeblicher<br />
Baustein der Mobilität.<br />
GESPRÄCHE STATT MASSE:<br />
Zur Zielsetzung der Tour zählte unter anderem, mit möglichst<br />
hochrangigen Landespolitikern ins Gespräch zu kommen und<br />
noch mal über die Gefahren der Scheuer’schen Eckpunkte aufzuklären.<br />
Deshalb war es bei dieser Tour nicht notwendig, große<br />
Massen zu mobilisieren. Im Schnitt hatte jede Mahnwache etwa<br />
30 Teilnehmer, wie hier in Wiesbaden. <strong>München</strong> war mit 70 am<br />
besten besucht.<br />
HOHER SPD-BESUCH<br />
IN BREMEN<br />
UND HANNOVER:<br />
Hier wurde die „Scheuerwehr“ mit offenen<br />
Armen empfangen. Der damals noch amtierende<br />
Bremer Bürgermeister Carsten<br />
Sieling (unten) positionierte sich gegen<br />
Scheuers Eckpunktepapier. Niedersachsens<br />
Ministerpräsident Stephan Weil will Uber<br />
nicht in seinem Bundesland haben.<br />
VON DER POLITIK NICHT ERHÖRT:<br />
Trotz intensiver Bemühungen des Bundesverbands gelang es in<br />
einigen Bundesländern nicht, politische Vertreter vor die Türe zu<br />
locken. Für die Teilnehmer der Mahnwachen in Schwerin, Hamburg,<br />
Stuttgart und Dresden war das eine herbe Enttäuschung. In Sachsen<br />
wird die Veranstaltung allerdings nachhaltig im Gedächtnis bleiben,<br />
weil dort ein Holzsarg, inklusive Dachzeichen, symbolisch aufgebahrt<br />
wurde, während man in Stuttgart Dachzeichen in die Tonne warf.<br />
FOTOS: Simi, Ufuk Gergin, Ismail Özbürün, GVN, , Yvette Mierell, Danis<br />
12 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
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GEGEN<br />
WILDWEST<br />
Diese Schilder<br />
hätten auch vor<br />
dem Erdinger<br />
Landratsamt ihre<br />
Berechtigung.<br />
Während in Berlin <strong>Taxi</strong>fahrer gegen den Uber-Wildwest demonstrieren, sorgt die<br />
Hamburger Kontrollbehörde für Wettbewerbsgleichheit. Beides ist für Münchner<br />
Flughafentaxler und das Erdinger Landratsamt nachahmenswert.<br />
Wenn ihr in Berlin bessere Kontrollen haben wollt,<br />
dann seid ihr falsch, dann müsst ihr vors Rote Rathaus<br />
ziehen“. Mit diesem Satz hatte im Februar Verkehrsminister<br />
Andreas Scheuer klargemacht, dass der Bund nicht<br />
für die Kontrollen der Rückkehrpflicht zuständig ist, sondern die<br />
dortige Landesregierung.<br />
Nun, vor das Rote Rathaus, den Sitz des Bürgermeisters, sind<br />
die Berliner am 6. Juni nicht gezogen, vielmehr unmittelbar vor<br />
den Amtssitz der Verkehrssenatorin Regine Günther. Mehr als<br />
tausend <strong>Taxi</strong>unternehmer und -fahrer samt Familien hatten sich<br />
dort zu einer Mahnwache versammelt, ausgestattet mit Plakaten,<br />
die im Stil und ihrer Aufmachung denen der „Scheuerwehr“ ähnelten,<br />
deren Texte allerdings ganz auf das Versagen der Berliner<br />
Aufsichtsbehörde abzielten.<br />
GÜNTHER IN BERLIN – BAYERSTORFER IN ERDING<br />
„Schluss mit dem Wildwest von Uber & Co.“ stand darauf zu lesen.<br />
„Recht muss durchgesetzt werden“, „Uber, Uber Lohnbetrüger“,<br />
SozialräUBER“, aber auch der persönliche Appell an die zuständige<br />
Senatorin: „Frau Günther, machen Sie Ihre Arbeit.“<br />
Mit Ausnahme des letztgenannten Spruchs könnten diese Schilder<br />
vor dem Erdinger Landratsamt zum Einsatz kommen. Denn was<br />
in Berlin Frau Günther, ist in Erding Martin Bayerstorfer. Der CSU-<br />
Landrat ist der oberste Dienstherr des Landratsamts und trägt als<br />
solcher die volle Verantwortung dafür, dass seit Jahren am Münchner<br />
Flughafen ein ebenso gravierender Uber-Wildwest herrscht wie in<br />
Berlin. Einfach deswegen, weil die ihm unterstelle Kontrollbehörde<br />
Euro-<strong>Taxi</strong>-2_01-2016.qxp_Layout 1 29.01.16 10:28 Seite 1<br />
seit Jahren keinerlei Interesse und keinen politischen Willen zeigt,<br />
gegen eindeutige Rechtsverstöße vorzugehen. „Frau Günther, machen<br />
Sie ihre Arbeit, damit wir <strong>Taxi</strong>fahrer unsere Arbeit machen können“,<br />
lautete die wiederholte Forderung der Berliner <strong>Taxi</strong>fahrer. Wann<br />
rufen das die <strong>Taxi</strong>fahrer und Unternehmer vom Münchner Flughafen<br />
am Alois-Schießl-Platz in Erding Herrn Bayerstorfer zu? Die Schilder<br />
wären schnell von Berlin nach <strong>München</strong> gefahren.<br />
DAS HAMBURGER MIETWAGENMODELL<br />
Dabei wäre es gar nicht so schwierig, die „Arbeit zu machen“. In<br />
Hamburg hat die dortige Aufsichtsbehörde klare Vorgaben für<br />
jeden, der dort einen Mietwagenbetrieb mit mehr als einem Fahrzeug<br />
anmeldet. Der Bewerber muss eine Gründungskalkulation<br />
sowie eine Ertrags- und Kostenvorschau vorlegen und an seinem<br />
Betriebssitz pro Konzession auch einen Stellplatz sowie Sozial- und<br />
Hygieneräume nachweisen (nachzulesen unter www.taxi-times.<br />
com, Stichwortsuche „Hamburg“). Noch entscheidender in der Hansestadt<br />
ist allerdings, dass man dort keine Wegstreckenzählerbefreiung<br />
duldet. Vielmehr muss sogar ein manipulationssicherer<br />
Wegstreckenzähler eingesetzt werden. Einer, der ähnlich dem dortigen<br />
Fiskaltaxameter über entsprechende Verschlüsselungs- und<br />
Signierfunktionen verfügt. Damit kann die Behörde dann nicht nur<br />
die Umsätze kontrollieren, sondern auch die Arbeitszeiten und<br />
damit verbunden die Einhaltung des Mindestlohns.<br />
Wie sagt ein altes Sprichwort? Wo ein (politischer) Wille ist,<br />
ist auch ein (rechtlicher) Weg. Und dazu müsste noch nicht einmal<br />
das PBefG geändert werden, Herr Scheuer. <br />
jh<br />
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FOTO: <strong>Taxi</strong> Berlin<br />
14 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
RECHT<br />
EIN GERICHTSVER -<br />
FAHREN FREI NACH<br />
GEBRÜDER GRIMM<br />
Eine (überforderte?) Richterin und clevere Uber-Anwälte basteln<br />
gerade an einem Justizskandal, der in die Geschichtsbücher eingehen<br />
könnte. So grausam sind nicht einmal die Märchen der Brüder Grimm.<br />
Wenn Geschichten mit „es war einmal“ beginnen, sind<br />
es meistens Märchen. Sie sind frei erfunden und stellenweise<br />
richtig grausam – wenn zum Beispiel wie bei<br />
Hänsel und Gretel eine alte Hexe zwei Geschwister essen will. Unsere<br />
Geschichte ist leider eine<br />
wahre Begebenheit und nicht<br />
weniger grausam als ein Märchen.<br />
Sie beginnt ebenfalls<br />
mit „es war einmal“. Einfach<br />
deswegen, weil der Ursprung<br />
der Geschichte nun schon<br />
drei Jahre zurückliegt.<br />
Es waren also einmal<br />
eine Münchner <strong>Taxi</strong>unternehmerin<br />
und ihr Mann, die<br />
klagten gegen Uber. Die Art,<br />
wie das US-Unternehmen<br />
Fahrten an Mietwagenunternehmer<br />
und deren Fahrer vermittelt, führe unweigerlich zu einem<br />
dauerhaften Rechtsbruch, weshalb die App verboten werden muss,<br />
argumentiert die <strong>Taxi</strong>unternehmerin. Uber als beklagte Partei sieht<br />
das natürlich anders. Und wenn sich zwei streiten, braucht es einen<br />
Dritten; einen, der die Sache entscheidet. In Deutschland sind das<br />
die Richterinnen und Richter, das System nennt sich Rechtsstaat.<br />
UND WENN DAS TAXI NICHT GESTORBEN IST ...<br />
Man schrieb also das Jahr 2016, als das Münchner Verfahren gegen<br />
Uber eröffnet wurde. Und weil das <strong>Taxi</strong>gewerbe trotz der massiven<br />
Umsatzeinbußen eines immer weiter agierenden Wettbewerbes<br />
immer noch nicht gestorben ist, wartet es bis heute auf einen<br />
Urteilsspruch. Eine erste Verhandlung im Oktober 2017 endete mit<br />
der Ankündigung der zuständigen Richterin, weitere Beweise aufnehmen<br />
zu wollen. Eine für Januar 2018 angesetzte Verhandlung<br />
wurde auf Juni 2018 verschoben, die dann ebenfalls nicht stattfand.<br />
Der Ersatztermin im September<br />
2018 musste schließlich<br />
wegen Krankheit eines der<br />
beisitzenden Richter verlegt<br />
werden. Eine im November<br />
2018 angesetzte Verhandlung<br />
kam tatsächlich zustande.<br />
Sie war allerdings lediglich<br />
für 30 Minuten anberaumt<br />
und endete mit der richterlichen<br />
Feststellung, dass die<br />
Vorwürfe der <strong>Taxi</strong>seite nicht<br />
ausreichend formuliert seien.<br />
Im März <strong>2019</strong> erließ die Richterin<br />
dann einen Beschluss zur Beweisaufnahme und setzte für<br />
den 13. Mai <strong>2019</strong> eine weitere Verhandlung an. Diese wurde nun<br />
abermals verschoben, weil die Zeugen nicht fristgerecht eingeladen<br />
werden konnten. Ein neuer Termin kann erst nach den Sommerferien<br />
bestimmt werden.<br />
Hänsel und Gretel werden im Märchen in letzter Sekunde übrigens<br />
doch noch befreit. In unserer Geschichte ist es allerhöchste<br />
Eisenbahn, dass sich eine übergeordnete Stelle im Bayerischen Justizministerium<br />
der Sache annimmt und die zuständige Richterin<br />
von diesem Verfahren „befreit“. Andernfalls hat das Landgericht<br />
<strong>München</strong> einen Justizskandal an der Backe, der in die Geschichtsbücher<br />
eingehen dürfte. <br />
jh<br />
FOTO: Pixabay<br />
TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
15
Ein Platz am Expertentisch:<br />
Gregor Beiner, Vorstandsmitglied<br />
des <strong>Taxi</strong>verbands <strong>München</strong> TVM ,<br />
war zur Anhörung im Bayerischen<br />
Landtag eingeladen.<br />
TAXI IM NETZWERK<br />
MIT DEM ÖPNV<br />
Bei einer siebenstündigen Expertenanhörung im Bayerischen Landtag zur<br />
Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs war auch der <strong>Taxi</strong>verband<br />
<strong>München</strong> vertreten.<br />
Der aus 16 Mitgliedern bestehende Ausschuss für Wohnen,<br />
Bau und Verkehr des Bayerischen Landtags hat in seiner<br />
neunten Sitzung einen siebenstündigen Dialog mit Verkehrsexperten<br />
geführt. Initiiert hatte dies die bayerische SPD.<br />
Dass dazu von der Landtagsabgeordneten Inge Aures auch das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe eingeladen wurde, ist unter anderem auf ein Gespräch<br />
von Frau Aures mit dem <strong>Taxi</strong>unternehmer und Aufsichtsratsmitglied<br />
der <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG Jürgen Zech zurückzuführen.<br />
Eingeladen war der <strong>Taxi</strong>verband <strong>München</strong> TVM, dessen Vertreter<br />
Gregor Beiner zu Beginn der Runde die Kernbotschaft des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes in einem fünfminütigen Vortrag darlegen konnte.<br />
Beiner betonte dabei die Eigenfinanzierung des <strong>Taxi</strong>gewerbes,<br />
weswegen man stark unter dem Zwang der Wirtschaftlichkeit<br />
stehe. Durch neue Anbieter erlebe man derzeit eine massive Wettbewerbsverzerrung.<br />
Gesellschaftspolitisch sei durch diese neuen<br />
Anbieter ein massives Lohndumping zu beobachten.<br />
TAXI IST INNOVATIONSTREIBER<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe sei sowohl im Bereich der Digitalisierung als<br />
auch bei der Antriebstechnologie ein Innovationstreiber. Für Ersteres<br />
nannte Beiner beispielhaft das taxi.eu-Netzwerk, das eine<br />
Auftragsvermittlung in über 160 Städten ermögliche. Bei der<br />
Antriebstechnologie sei <strong>München</strong> mit seinen mittlerweile<br />
25 E-<strong>Taxi</strong>s deutschlandweit führend.<br />
Im ländlichen Bereich leiste das <strong>Taxi</strong>gewerbe einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Mobilität außerhalb des Individualverkehrs. Hier<br />
seien sowohl auf dem Land als auch im urbanen Bereich engere<br />
Vernetzungen mit den ÖPNV-Betreibern nötig, um effiziente Mobi-<br />
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Presserechtlich verantwortlich für<br />
die TVM-Seiten: Florian Bachmann<br />
Redaktion: Jürgen Hartmann<br />
SCHWERPUNKT SCHIENE<br />
Insgesamt zehn Experten waren am 25. Juni zur Ausschusssitzung in den Bayerischen<br />
Landtag eingeladen. Neben Gregor Beiner, Vorstandsmitglied des TVM<br />
und damit Vertreter des <strong>Taxi</strong>gewerbes, waren dies unter anderem auch Stefan<br />
Kühn, Geschäftsführer Regionalverkehr Oberbayern GmbH, Dr. Bernd Rosenbusch,<br />
Geschäftsführer MVV, und Ingo Wortmann, Geschäftsführer MVG.<br />
Im Vorfeld der Anhörung hatten die Mitglieder des Verkehrsausschusses einen<br />
umfangreichen Fragenkatalog zu insgesamt neun Themenkomplexen rund um die<br />
Mobilität verschickt, in dem alle Experten schriftlich ihre Einschätzung abgegeben<br />
hatten. Dieser wurde chronologisch abgearbeitet, wobei der Schwerpunkt beim<br />
Schienenverkehr und stationsgebundenen Angeboten lag. Diskutiert wurde aber<br />
auch über Möglichkeiten zur Reduzierung des innerstädtischen Individualverkehrs<br />
(Citymaut, teure Parkplätze etc.) und über ein ÖPNV-Jahresticket für 365 Euro.<br />
Letzteres wurde von allen Experten als nicht zielführend gesehen. <br />
jh<br />
FOTO: TVM<br />
16 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
TAXIVERBAND MÜNCHEN TVM<br />
litätsformen anbieten zu können. Das <strong>Taxi</strong>gewerbe leiste dies beispielsweise<br />
durch AST-Verkehre in Dachau und Fürstenfeldbruck,<br />
betonte Beiner. Andere Experten nannten dafür die weiteren Projekte<br />
„Baxi“ und „Flexibus“.<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe stehe sowohl für solche Netzwerke als auch<br />
für die Integration in komplette Mobilitätsplattformen zur Verfügung.<br />
Es lasse sich auch in intelligente Tarifmodelle mit zonendefinierten<br />
Festpreisen einbinden. Aktuell bestehe bereits ein<br />
Festpreis für eine <strong>Taxi</strong>fahrt vom Flughafen zum Messegelände. Es<br />
spreche nichts dagegen, auch das Stadtgebiet zwei bis drei Zonen<br />
einzuteilen, für die dann ebenfalls ein einheitlicher Preis definiert<br />
wird.<br />
VIELE MÖGLICHKEITEN – EINE ABRECHNUNG<br />
Dem Kunden könne man dadurch einen Mobilitätsmix anbieten,<br />
in dem jede Beförderungsvariante preislich genau festgelegt ist.<br />
Wichtig sei in diesem Zusammenhang jedoch, dass dies in Form<br />
eines einheitlichen Ticketing abgewickelt wird und der Kunde<br />
nicht für jede Beförderungsart mit dem jeweiligen Anbieter einzeln<br />
abrechnen muss. Die Vernetzung aller Anbieter zu einer<br />
zentralen Fahrtenabrechnung müsse das Ziel künftiger Mobilitätsplattformen<br />
sein. Das <strong>Taxi</strong>gewerbe könne dazu die nötigen<br />
Schnittstellen anbieten.<br />
Beim Thema Digitalisierung leistete der TVM wertvolle Aufklärungsarbeit.<br />
Beiner skizzierte dort unter anderem, dass der<br />
bisherige Anbieter mytaxi durch eine Wandlung nun das Uber-<br />
Prinzip verfolge und ebenfalls taxiähnlichen Mietwagenverkehr<br />
anbieten wolle – was das Stauproblem in der Innenstadt ebenso<br />
verschärfe wie die rechtswidrige Umgehung der Rückkehrpflicht.<br />
Gregor Beiner zog am Ende der Veranstaltung ein positives<br />
Fazit: „In den Statements und aufgrund der Fragestellungen wurde<br />
deutlich, dass die Landtagspolitiker parteiübergreifend das <strong>Taxi</strong><br />
als Bestandteil des ÖPNV sehen. Deshalb wurden wir auch eingeladen.<br />
Ich hatte die Möglichkeit, sowohl die Entscheider anderer<br />
Verkehrsbereiche als auch die Verkehrspolitiker persönlich kennenzulernen.<br />
Einige bilaterale Gespräche wurden bereits vereinbart<br />
und werden in Kürze durchgeführt.“ <br />
jh<br />
Peter „Pit“ Köhl (Mitte) übergibt die Schlüssel seines TCO an<br />
Ünal Kücüksahin (links) und Deniz Köse.<br />
TVM GRÜNDUNGS-<br />
MITGLIED HAT<br />
VERKAUFT<br />
Peter Köhl, Geschäftsführer des <strong>Taxi</strong>-Center Ostbahnhof<br />
(TCO), hat mit 62 Jahren seinen Ruhestand angetreten und<br />
seinen Betrieb mit 52 <strong>Taxi</strong>s verkauft. „Nach mehr als 35 Jahren<br />
<strong>Taxi</strong> ziehe ich mich aus dem <strong>Taxi</strong>gewerbe zurück und<br />
übergebe die Firma nun in die kompetenten Hände von Ünal<br />
Kücüksahin (früher MTS GmbH, 8 <strong>Taxi</strong>s) als neuen Geschäftsführer<br />
und an Deniz Köse (Geschäftsführer bei <strong>Taxi</strong> Duschl,<br />
20 <strong>Taxi</strong>s) als Miteigentümer“, schreibt Peter „Pit“ Köhl in<br />
einer sehr persönlichen Abschieds-E-Mail an die <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Redaktion. „Die beiden neuen Inhaber übernehmen alle Mitarbeiter<br />
und führen den Betrieb in gewohnter Weise weiter.“<br />
HYBRID-PIONIER<br />
Köhl zählte zu den Gründungsmitgliedern des <strong>Taxi</strong>verbands<br />
<strong>München</strong> (TVM) und war bis zuletzt immer ein sehr aktives<br />
Mitglied des Verbands, auch wenn er kein offizielles Amt<br />
innehatte. Sein Unternehmen, das auch unter dem Label<br />
„umwelt-taxi-muenchen.de“ bekannt ist, zählte zu den ersten<br />
Mehrwagenbetrieben mit einer Hybrid-Flotte, später wurden<br />
mit dem Opel Ampera und dem Tesla auch die ersten Elektrotaxis<br />
eingesetzt. Für sein Engagement erhielt Köhl zahlreiche<br />
Umweltpreise, unter anderem auch den „Münchner<br />
Umweltpreis“. <br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
17
Der Flughafen und die Politik wollen<br />
den Fluggästen bevorzugt<br />
E-<strong>Taxi</strong>s anbieten.<br />
E-TAXIS AM MÜNCHNER<br />
FLUGHAFEN – ECO,<br />
ÖKO UND DIGITAL<br />
Voraussichtlich ab August gibt es am Terminal 2 des Münchner Flughafens eine<br />
gesonderte Vorfahrtsfläche, in der Elektro-<strong>Taxi</strong>s bei der Aufstellung bevorrechtigt<br />
werden. Damit wird ein Projekt umgesetzt, das von der Politik gefordert und vom<br />
Flughafen <strong>München</strong> gefördert wird.<br />
Größter Gewinner aber wird das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe sein, denn das Projekt<br />
E-<strong>Taxi</strong> ist der Vorreiter für das<br />
<strong>Taxi</strong> der Zukunft. Ebenso wie der Flughafen,<br />
der bis 2030 CO2-neutral sein will, wird<br />
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auch das <strong>Taxi</strong> allmählich elektrisch und<br />
damit ökologisch. Ganz nebenbei wird der<br />
Fahrbetrieb am Flughafen auch digital.<br />
Der Flughafen <strong>München</strong> wird der erste<br />
deutsche Flughafen mit einer eigenen Haltezone<br />
für Elektro-<strong>Taxi</strong>s sein. So etwas gibt es<br />
bisher nur in Amsterdam und Stockholm –<br />
und dort wird es sehr positiv angenommen.<br />
Die Vorteile für die <strong>Taxi</strong>unternehmer: Eine<br />
Anschubförderung für E-<strong>Taxi</strong>s wird den Einstieg<br />
ins Elektroauto erleichtern. Positives<br />
Image bei den Fluggästen: So wird <strong>Taxi</strong> am<br />
Flughafen <strong>München</strong> als umweltschonend,<br />
modern, innovativ und digital wahrgenommen<br />
und zu einem positiven Image der <strong>Taxi</strong>branche<br />
insgesamt beitragen.<br />
Am Terminal 2 wird voraussichtlich ab<br />
August <strong>2019</strong> im Vorfahrtsbereich der <strong>Taxi</strong>s<br />
vorne eine Aufstellfläche eingerichtet, in<br />
der sich jederzeit ein rein elektrisch betriebenes<br />
<strong>Taxi</strong> aufstellen darf. Zwei weitere<br />
Plätze für E-<strong>Taxi</strong>s sind in der Busspur vorgesehen.<br />
Der Fahrgast hat somit die Option,<br />
in ein umweltfreundliches Elektro-<strong>Taxi</strong><br />
einzusteigen, wenn dieses verfügbar ist.<br />
Die Bevorrechtigung wird über eine Bildschirmanzeige<br />
dargestellt. Um den Kunden<br />
möglichst oft ein Elektro-<strong>Taxi</strong> anbieten zu<br />
können, erhalten diese ein Vorrecht beim<br />
Nachrücken. Der bisherige Platz für die<br />
Kurzfahrtenrückkehrer bleibt erhalten<br />
und rutscht lediglich um eine Position<br />
nach hinten.<br />
Um das Nachrücken technisch zu organisieren,<br />
ist eine sogenannte Digitalisierung<br />
mittels Software notwendig. Alle<br />
digitalen <strong>Taxi</strong>s erhalten von der IsarFunk<br />
Fahrer-App nach der Anmeldung als<br />
„eingetroffen“ (Positionierung) im <strong>Taxi</strong>speicher<br />
eine Position (Wartenummer).<br />
Anhand dieser werden die Fahrzeuge aufgerufen,<br />
ins Modul nachzurücken. An die<br />
FOTOS: Stephan Görlich<br />
18 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
ISARFUNK TAXIZENTRALE<br />
Funkvermittlung bei IsarFunk angeschlossene<br />
<strong>Taxi</strong>s sind dafür bereits eingerichtet.<br />
Viele <strong>Taxi</strong>unternehmer sehen in der<br />
Bevorzugung der E-<strong>Taxi</strong>s für sich selbst<br />
einen erheblichen Nachteil. Schließlich ist<br />
für den einzelnen Fahrer die Vorstellung<br />
nicht schön, nach längerem Warten ein<br />
E-<strong>Taxi</strong> vor seiner Nase abfahren zu sehen.<br />
Doch ist das wirklich so?<br />
NOCH IST ES ERST EIN PROZENT<br />
Aktuell kommen auf 25 E-<strong>Taxi</strong>s rund 2.300<br />
konventionell betriebene <strong>Taxi</strong>s am Flughafen.<br />
Der Anteil liegt damit bei etwa 1 Prozent.<br />
Der E-<strong>Taxi</strong>-Platz wird daher nicht so<br />
oft belegt sein, und deshalb wird sich die<br />
Wartezeit für <strong>Taxi</strong>s mit Diesel- oder Hybridantrieben<br />
nicht wesentlich vergrößern.<br />
Umgekehrt ist für Besitzer und Fahrer eines<br />
E-<strong>Taxi</strong>s die verkürzte Wartezeit ein Ausgleich<br />
für die erforderliche Standzeit beim<br />
Laden. Durch das bevorzugte Nachrücken<br />
wird ein E-<strong>Taxi</strong> auch ein wenig öfter zum<br />
Zug kommen – dieser Vorteil ist beabsichtigt<br />
und soll den Mut des Unternehmers<br />
zum Umstieg auf ein Elektroauto belohnen.<br />
Da die Bevorzugung laufend neu bewertet<br />
wird, braucht sich niemand Sorgen zu<br />
machen, dass etwa eine große Flotte von<br />
E-<strong>Taxi</strong>s den konventionellen <strong>Taxi</strong>s praktisch<br />
laufend Fahrgäste wegschnappt.<br />
Ebenso wie der Flughafen bis 2030<br />
plant, dürfte auch die Entwicklung des<br />
E-<strong>Taxi</strong>s verlaufen. Man weiß aus der Forschung,<br />
dass die Ausbreitung von neuen<br />
Gütern exponentiell verläuft: Nach einem<br />
zögerlichen Start geht es steil bergauf, bis<br />
die Kurve sich bis zur Sättigung wieder<br />
abflacht.<br />
Der Aufschwung könnte also in den<br />
nächsten drei Jahren passieren. In dieser<br />
Zeit könnten die E-<strong>Taxi</strong>s den Anteil von<br />
einem Viertel der Gesamtflotte übersteigen<br />
– danach dürfte es sehr schnell gehen.<br />
Denn in dieser Zeit wird es auch passende<br />
Elektroautos von deutschen Herstellern<br />
geben. Der Zug fährt Richtung Elektroauto<br />
ab, doch konventionelle <strong>Taxi</strong>s werden<br />
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Presserechtlich verantwortlich<br />
für diese Seiten:<br />
Christian Hess<br />
Redaktion:<br />
Karl-Heinz Mayer (khm),<br />
Essential Media<br />
deshalb noch nicht von elektrischen <strong>Taxi</strong>s<br />
überrollt.<br />
Juristisch betrachtet hat das Landrats amt<br />
Erding in seiner kommenden <strong>Taxi</strong>ordnung<br />
eine Testphase von maximal drei Jahren<br />
festgelegt. Die Regelung gilt für rein elektrische<br />
<strong>Taxi</strong>s am Terminal 2 ab August <strong>2019</strong>.<br />
Schrittweise wird dann der Wirkungsbereich<br />
der IsarFunk Fahrer-App und der Regelung<br />
erweitert. Bis Ende <strong>2019</strong> soll die App auch<br />
für den Zentralbereich Pflicht sein. Ab dem<br />
Jahr 2020 sollen alle am Flughafen zugelassenen<br />
<strong>Taxi</strong>s zügig mit der Fahrer-Applikation<br />
ausgerüstet und somit der gesamte <strong>Taxi</strong>verkehr<br />
digitalisiert werden.<br />
Für die IsarFunk Fahrer-App benötigt<br />
man ein Android-Smartphone. Diese App<br />
kann im Google Play Store heruntergeladen<br />
werden. Der Einsatz auf einem Apple-<br />
Smartphone ist leider nicht möglich.<br />
Fazit: Mit dem E-<strong>Taxi</strong>-Projekt wird eine<br />
Entwicklung in Gang gesetzt, die sich im<br />
Markt ohnehin abzeichnet. Zudem finden<br />
während der Testphase in Absprache mit<br />
den Behörden notwendige Anpassungen<br />
des Ablaufs statt. Spätestens nach drei Jahren<br />
stehen die derzeitigen Regeln wieder<br />
auf dem Prüfstand.<br />
Das E-<strong>Taxi</strong> ist ein Pilotprojekt der Stadt<br />
<strong>München</strong>, des Flughafens und des ADAC. Es<br />
wird von der IsarFunk <strong>Taxi</strong>zentrale organisiert.<br />
Es ist ein Anreiz und eine Belohnung<br />
für den Weg in die breite E-Mobilität. Städte<br />
wie London, Amsterdam oder Stockholm<br />
beschränken oder sperren ihre Innenstädte<br />
für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.<br />
Damit das <strong>Taxi</strong> auch weiterhin Zugang zu<br />
den Innenstädten erhält, muss es schnell<br />
auf emissionsarme Antriebstechnologie<br />
umsteigen. Die Konkurrenz steht bereits<br />
in den Startlöchern. <br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
19
ANTRIEB<br />
TAXIVERKÄUFER, ATILLA DÖGER<br />
»TOYOTA UND HYBRID<br />
GEHÖREN EINFACH<br />
ZUSAMMEN«<br />
Atilla Döger<br />
neben dem neuen<br />
Toyota Camry.<br />
Ende Juni hatte der Münchner Toyota-<br />
und Lexus-Händler DIT <strong>München</strong><br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe zum <strong>Taxi</strong>-Familientag<br />
eingeladen. Zu sehen waren dort viele<br />
neue <strong>Taxi</strong>modelle – alle als Hybrid. Im<br />
Gespräch mit <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> erläutert der<br />
zuständige <strong>Taxi</strong>verkäufer Atilla Döger,<br />
was es damit auf sich hat.<br />
TAXI TIMES: Herr Döger, wir sehen hier<br />
viele verschiedene <strong>Taxi</strong>modelle. Sie<br />
haben aktuell ein breites Angebot.<br />
ATILLA DÖGER: Im Mittelpunkt stehen<br />
diesmal klar die neuen <strong>Taxi</strong>modelle. Wir<br />
stellen den Kunden den neuen Camry, den<br />
Corolla TS, den RAV4 und sogar den Lexus<br />
ES vor. Camry und Co. stehen für Probefahrten<br />
zur Verfügung.<br />
Sie haben den Prius+ noch gar nicht<br />
erwähnt, werden die neuen Modelle den<br />
Prius+ ablösen?<br />
Nein, auf keinen Fall. Der Prius+ ist und<br />
bleibt das Toyota-<strong>Taxi</strong> mit der größten<br />
Nachfrage und ist bei uns komplett mit<br />
<strong>Taxi</strong>paket ab Lager lieferbar.<br />
Der <strong>Taxi</strong>-Klassiker Prius+<br />
Warum ist der Prius so erfolgreich?<br />
Ganz einfach: Der Wagen hat sehr geringe<br />
laufende Kosten. Zum einen ist er wegen<br />
des Hybridantriebs sehr sparsam, andererseits<br />
gibt es beim Prius keine Riemen,<br />
oder eine Kupplung, die verschleißen können.<br />
Worauf wir sehr stolz sind: Die Bremsbeläge<br />
und -Scheiben verschleißen<br />
kaum und halten somit deutlich länger<br />
als bei den Wettbewerbern.<br />
Welche Segmente bedienen die anderen<br />
Modelle?<br />
Der Corolla TS ersetzt den Toyota Auris<br />
und den Toyota Avensis, mit dem Camry<br />
und dem Lexus ES haben wir jetzt auch<br />
Limousinen im Angebot, die auf die weiterentwickelte<br />
Hybridtechnologie setzen.<br />
Bis auf den Camry, der bislang nicht vom<br />
ADAC getestet wurde, haben alle neuen<br />
Toyota-<strong>Taxi</strong>s das ADAC Eco-<strong>Taxi</strong> Label<br />
bekommen.<br />
Wie wichtig ist der Hybridantrieb beim<br />
Verkauf von <strong>Taxi</strong>s?<br />
Toyota und Hybrid gehören einfach zusammen.<br />
Ein <strong>Taxi</strong> ohne Hybridantrieb werden<br />
Sie bei uns ganz selten finden.<br />
Ist Toyota in <strong>München</strong> unter den <strong>Taxi</strong>s<br />
schon die Nummer eins?<br />
Wie in Berlin noch nicht, aber wir arbeiten<br />
daran und bringen pro Jahr eine dreistellige<br />
Anzahl neuer Toyota-<strong>Taxi</strong>s auf die<br />
Straße.<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe hat einen hohen<br />
Anspruch an den sogenannten After-<br />
Sales-Bereich<br />
Unsere <strong>Taxi</strong>unternehmer überzeugen wir<br />
mit unseren Serviceleistungen: Express-<br />
Service und Sofortdiagnose, Inspektionsfestpreise,<br />
Leihtaxi bei Reparaturen oder<br />
Unfällen, <strong>Taxi</strong>-Inzahlungnahme, Garantieverlängerung,<br />
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<strong>Taxi</strong>pool. Das wird gerade zur<br />
Wiesnzeit geschätzt.<br />
Viele der Uber Partner setzen auch auf<br />
Toyota<br />
Mir ist natürlich klar, dass es momentan<br />
viele Proteste gibt. Deshalb bin ich ausschließlich<br />
der Ansprechpartner für die<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer und <strong>Taxi</strong>fahrer. Natürlich<br />
muss Toyota wirtschaftlich denken.<br />
Das Unternehmen lebt vom Verkauf von<br />
Autos. Und wir mit unseren 100 Experten<br />
auch.<br />
Sogar der Dönerwagen kam standesgemäß<br />
in Hellelfenbein zum <strong>Taxi</strong>-Familientag.<br />
Was können die <strong>Taxi</strong>unternehmer noch<br />
in diesem Jahr erwarten?<br />
Da in diesem Jahr schon neue <strong>Taxi</strong>-Modelle<br />
vorgestellt wurden, wird sich in dem<br />
Bereich nicht mehr viel tun. Wir zeigen<br />
diese Fahrzeuge übrigens auch beim<br />
nächsten IsarFunk Quality Check, und der<br />
nächste <strong>Taxi</strong>-Familientag ist bereits für<br />
Ende des Jahres in Planung.<br />
Das wird dann der dritte <strong>Taxi</strong> Event von<br />
DIT sein?<br />
Ja. Beim ersten Event im vergangenen<br />
Dezember hatten wir den Fokus auf die<br />
Bestandskunden und deren Familien<br />
gelegt, beim heutigen auf die Neukunden.<br />
Mit Probefahrten der neuesten <strong>Taxi</strong>modelle<br />
und einem bunten Rahmenprogramm<br />
wollen wir am <strong>Taxi</strong>-Familientag für jeden<br />
etwas bieten.<br />
Vielen Dank für das Interview. <br />
sg<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
20 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
EICHRECHT<br />
Individuelle<br />
Umrüstungen<br />
von <strong>Taxi</strong>-Exoten<br />
sind vorerst nicht<br />
mehr möglich.<br />
EICHBEHÖRDE STOPFT EIN<br />
EXOTENSCHLUPFLOCH<br />
Seit der Eichrechtsnovelle von 2017 konnten eigentlich nur noch <strong>Taxi</strong>s mit<br />
herstellerseitig legitimiertem Signalgeber zugelassen werden. Doch in Bayern wurde<br />
ein Schlupfloch genutzt – das seit 1. <strong>Juli</strong> <strong>2019</strong> nun wieder geschlossen ist.<br />
Die Konformitätsbewertungsstelle<br />
(KBS) beim Bayerischen Landesamt<br />
für Maß und Gewicht setzt seit<br />
dem 1. <strong>Juli</strong> das Ziel um, die Anforderungen<br />
an die Umrüstbetriebe einheitlicher zu<br />
gestalten. Das führt dazu, dass die Auswahl<br />
eichfähiger <strong>Taxi</strong>s in Deutschland wieder<br />
einmal stark eingeschränkt wird. Erst 2017<br />
hatte eine Novellierung der Mess- und Eichverordnung<br />
dazu geführt, dass zunächst<br />
nur noch <strong>Taxi</strong>s mit Werksumrüstung von<br />
den Eichbehörden akzeptiert wurden. Ohne<br />
Konformitätserklärung des Fahrzeugherstellers<br />
bekam kein <strong>Taxi</strong>umbau eine Freigabe.<br />
Das traf vor allem jene Unternehmer,<br />
die sich in der Vergangenheit einen Porsche<br />
oder Audi in Hellelfenbein gegönnt haben.<br />
DER WEG DES SIGNALS<br />
Das Problem der Umrüster lag ab diesem<br />
Zeitpunkt darin, dass die Eichbehörde eine<br />
genaue Beschreibung des Signalwegs verlangte,<br />
welche dokumentierte, wo das elektronische<br />
Geschwindigkeitssignal<br />
abgenommen werden darf und dass es<br />
zuverlässig in jedem Betriebszustand die<br />
Daten an den Taxameter sendet.<br />
Beim Signalabgriff muss sichergestellt<br />
sein, dass keine unerwünschten Nebeneffekte<br />
auftreten. Unter Umständen kann der<br />
Eingriff ins Bordnetz einen Einfluss auf die<br />
Sicherheitssysteme des Fahrzeugs haben,<br />
weil ABS, ESP, Lenkung etc. alle auf ein<br />
zuverlässiges Geschwindigkeitssignal<br />
angewiesen sind. Wird das Signal durch<br />
einen unsachgemäßen Abgriff manipuliert,<br />
könnten unter Umständen also auch Bremse<br />
oder die Lenkung nicht mehr wie<br />
gewohnt arbeiten. Für die Hersteller bedeutet<br />
diese Freigabe einen hohen Aufwand,<br />
womit sich die geringe Anzahl an herstellerseitigen<br />
Signalfreigaben erklärt.<br />
Und dennoch gab es einen Weg, wie man<br />
sein Traumtaxi auf die Straße bringen<br />
konnte. Umrüster, die technisch dazu in der<br />
Lage waren, die Daten zu dokumentieren,<br />
konnten dann mit ihrem eigenen Namen<br />
als Hersteller des Gesamtsystems und bei<br />
der Übernahme der Haftung durchaus die<br />
<strong>Taxi</strong>zulassung für Exoten erlangen.<br />
Die KBS hatte dieses Schlupfloch bislang<br />
akzeptiert, ist nun aber der Meinung,<br />
strenger bewerten zu müssen. Seit dem<br />
1. <strong>Juli</strong> gilt deshalb ganz konkret, dass die<br />
Signaleignung nur die Zentrale des Fahrzeugherstellers<br />
oder der Aussteller der EU-<br />
Übereinstimmungserklärung mit Namen<br />
und Anschrift bestätigen kann.<br />
Mit einem Schlag ist die deutsche <strong>Taxi</strong>landschaft<br />
damit wieder den werkseitig mit<br />
<strong>Taxi</strong>umrüstung erhältlichen Fahrzeugen<br />
vorbehalten. Immerhin haben viele von den<br />
aktuellen Modellreihen, die optional mit<br />
einem <strong>Taxi</strong>paket bestellbar sind, eine gute<br />
Chance, auch als Gebrauchtwagen ein<br />
neues Fahrzeugleben als <strong>Taxi</strong> zu beginnen.<br />
Umrüstungen von gebrauchten Fahrzeugen,<br />
wie beispielsweise Ford, Opel, Mercedes<br />
und VW, sollen noch möglich sein.<br />
ÄRGERLICH FÜR DIE UMRÜSTER<br />
Es mag nur wenige <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
betreffen, denn die große Mehrheit an <strong>Taxi</strong>unternehmern<br />
schafft ihre Modelle mehr<br />
unter vorrangig rationellen denn unter<br />
emotionalen Aspekten an. Für die betroffenen<br />
Umrüster ist die Umstellung sicherlich<br />
mehr als ärgerlich. Ihr Service hatte sich<br />
mittlerweile bundesweit herumgesprochen.<br />
Nun müssen Sie ihren Kunden aus ganz<br />
Deutschland einen Korb geben. sg<br />
FOTO: Gregor Anthes<br />
Dr. Hans Bake v. Bakin<br />
Erst- und Verlängerungsuntersuchung <strong>Taxi</strong>-Mietwagen-Lkw-Bus<br />
• Mo, Di, Do und Fr: 8-12 Uhr<br />
Mo, Di, Do: 15-17 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
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Tel.: 089/37065690<br />
Mobil 0172/6523805<br />
e-mail: bakebakin@gmx.de<br />
TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
21
PORTRÄT<br />
»ICH<br />
KEIN BIN TALIBAN!«<br />
Rassismus im Alltag? Kollege Singh erlebt ihn täglich. Dabei ist er längst<br />
deutscher, als sein Aussehen es vermuten lässt.<br />
Du weißt doch gar nicht, wo die Chiemgaustraße ist!“ Bis<br />
zu Hausnummer 133 war es eine ganz normale <strong>Taxi</strong>fahrt.<br />
Von einer Kneipe an der Richard-Strauss-Straße sollte es<br />
nachts in die Chiemgaustraße 93 gehen. <strong>Taxi</strong>kollege Harpinder<br />
Singh macht das, was 99 Prozent aller <strong>Taxi</strong>fahrer machen würden:<br />
Er fährt durch den Leuchtenberg-Tunnel und dann immer<br />
den Mittleren Ring entlang.<br />
Ab Chiemgaustraße 133 war nichts mehr wie vorher. Der Fahrgast<br />
beginnt den Fahrer zu beschimpfen. Los geht es mit: „Du weißt<br />
doch gar nicht, wo die Chiemgaustraße ist!“ Harpinder Singh antwortet<br />
ruhig: „Doch, das weiß ich. Wir sind schon in der Chiemgaustraße.“<br />
„Quatsch!“, so der Fahrgast weiter, „das ist hier die<br />
Balanstraße!“ Und Kollege Singh immer noch ruhig: „Doch, wir<br />
sind schon in der Chiemgaustraße.“ Darauf der Fahrgast auffordernd:<br />
„Dann zeigen Sie mir, wo die 93 ist!“<br />
Auf den letzten 500 Metern der Fahrt gerät der Fahrgast außer<br />
Kontrolle. Während Singh die Zentrale kontaktiert, läuft sein Fahrgast<br />
zur Höchstform auf. Es fallen Bemerkungen wie: „Wenn du<br />
Deutsch lernen wie ich, dann kannst du reden!“, „Gesindel! Ich<br />
kenne euch! Nur nicht frech werden!“, oder: „Du hast dich unterzuordnen!<br />
Du hast mich zu fahren und die Klappe zu halten!“ und<br />
schließlich: „Kill the motherfucker! Leck mich!“ Schließlich steigt<br />
der Fahrgast, selbst Ausländer, aus und zeigt dem Fahrer auf offener<br />
Straße sein Geschlechtsteil.<br />
Harpinder Singh ist ein ruhiger, offener Mensch. Der 39-jährige<br />
Kollege ist schlank, zwei freundliche Augen blitzen einen<br />
an und der Bart verdeckt nur unvollständig ein ebenso freundliches<br />
Lächeln. Gerade dieser Bart ist es, an dem viele seiner<br />
Mitmenschen Anstoß nehmen. Und der Turban natürlich, den<br />
er – entsprechend seiner Religion – in der Öffentlichkeit niemals<br />
abnehmen würde.<br />
„I’m not a Taliban!“ Wegen seines Aussehens muss sich Kollege<br />
Harpinder Singh immer wieder rechtfertigen.<br />
SINGH IST SIKH<br />
Harpinder Singh ist Sikh und <strong>Taxi</strong>fahrer in <strong>München</strong>. Was hier<br />
zumindest etwas ungewöhnlich ist, wäre in London oder New York<br />
das Normale. Dort leben große Sikh-Gemeinden und <strong>Taxi</strong> fahrende<br />
Sikhs gehören zum Alltag. Der Sikhismus ist eine monotheistische<br />
Religion, die ihren Ursprung in Indien hat und der etwa 27 Millionen<br />
Menschen angehören. Die Sikh-Religion betont die Einheit<br />
der Schöpfung und verehrt einen gestaltlosen Schöpfergott, der<br />
weder Mann noch Frau ist. Sie orientiert sich nicht an der Einhaltung<br />
religiöser Dogmen, sondern hat das Ziel, religiöse Weisheit<br />
auf den Alltag anzuwenden. Äußeres Zeichen der Religionszugehörigkeit<br />
sind der kunstvoll gebundene Dastar, der Turban also,<br />
und der ungestutzte Bart, sowie ein eiserner Armreif.<br />
Harpinder Singh ist seit 23 Jahren in Europa, die letzten neun<br />
davon in Deutschland. Er kommt aus Indien, genauer gesagt aus<br />
dem Bundesstaat Punjab, wo auch seine Religion ihre Wurzeln hat.<br />
Er ist mit einer Inderin verheiratet, hat zwei Kinder, zahlt seine<br />
Steuern und besitzt seit Anfang des Jahres einen deutschen Pass.<br />
Singh spricht sechs Sprachen – Deutsch ist seine Lieblingssprache<br />
– kümmert sich liebevoll um seine Kinder, arbeitet nachts als<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer, um seine Familie angemessen zu versorgen. Er ist ein<br />
Musterbeispiel für gelungene Integration, für das, was die deutsche<br />
Politik von Menschen aus anderen Kulturen erwartet und zum Teil<br />
sogar fordert – und er wird trotzdem ausgegrenzt im Alltag. Und<br />
vor allem während der Arbeit.<br />
Von sich selbst sagt er: „Ich habe meine Heimat mit 16 Jahren<br />
verlassen. Ich muss mit den Menschen hier leben. Dafür brauche<br />
ich Geduld.“ Und er sagt: „Ich bin Deutscher. Ich kann mich mit<br />
jedem Menschen hier unterhalten. Und ich kenne mich in <strong>München</strong><br />
aus.“ Ist vielleicht der Turban schuld daran, dass er immer<br />
wieder Rassismus und Ausgrenzung erfährt? „Nein“, sagt Singh,<br />
„ich trage Turban und Bart erst seit einigen Jahren. Vorher war es<br />
auch nicht anders. Im Gegenteil, mit Turban erfahre ich oft mehr<br />
Respekt als früher. Viele sagen mir sogar am Ende einer Fahrt,<br />
ich soll so bleiben, wie ich bin!“<br />
Eine alltägliche Situation: Der Kunde in der Kneipe hat mit seinem<br />
Smartphone direkt bei der Zentrale ein <strong>Taxi</strong> bestellt. Singh<br />
will seinen Fahrgast dort abholen, wird aber nur ausgelacht. „Hier<br />
kommt der Taliban!“, rufen sie. Wer sein Kunde ist, erfährt er nicht.<br />
FOTOS: Buntrock; IsarFunk<br />
22 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
PORTRÄT<br />
Er meldet sich bei der Zentrale. Die storniert bei ihm den Auftrag –<br />
und schickt ein neues <strong>Taxi</strong>, da der Kunde inzwischen schon wieder<br />
bestellt hat. „Das tut weh“, sagt Singh. „Statt ihm ein neues <strong>Taxi</strong> zu<br />
schicken, sollten sie ihm sagen: ‚Du hast unseren Fahrer schlecht<br />
behandelt. Du bekommst heute kein <strong>Taxi</strong>!‘ Aber das machen die oft<br />
nicht.“ Singh geht es dabei nicht um Rache oder Respekt. Singh<br />
will Gerechtigkeit – als Mensch.<br />
KEINE HILFE VOM KOLLEGEN DAHINTER<br />
Wie neulich, nachts am Odeonsplatz, als ihn ein amerikanischer<br />
Fahrgast angegriffen hat. „Wären wir hier in Kalifornien, dann<br />
würde ich dir zeigen, wie wir dort mit <strong>Taxi</strong>fahrern umgehen!“,<br />
hatte der gesagt und wollte sich mit ihm schlagen. Der Kollege<br />
hinter ihm hat sich die Szene in aller Ruhe angesehen und nichts<br />
gemacht. Erst der dritte Kollege ist dann ausgestiegen und ihm<br />
zu Hilfe gekommen.<br />
Oder als er eine Frau zur Olympiahalle fahren sollte und die<br />
plötzlich anfing, ihn zu beschimpfen. Vor der Polizeiwache in<br />
Giesing hielt Singh dann an, während die Kundin schon mit der<br />
Zentrale telefonierte: „Ich brauche einen normalen <strong>Taxi</strong>fahrer,<br />
möglichst einen Deutschen!“ Die Zentrale erklärte sachlich, dass<br />
das nicht möglich sei. Sie hätte keinen Anspruch darauf, einen<br />
deutschen <strong>Taxi</strong>fahrer zu bekommen. „Dann halt wenigstens einen<br />
netten!“<br />
Zwei Polizisten, die zufällig vorbeikamen, klärten dann die<br />
Situation. Plötzlich behauptete die Frau, der Fahrer hätte sie angegriffen<br />
und sie braucht jetzt ein neues <strong>Taxi</strong>. Der Polizist sagte zu<br />
ihr, sie braucht erst mal kein neues <strong>Taxi</strong>, sie muss nämlich erst<br />
mal das andere <strong>Taxi</strong> bezahlen. Singh bekommt sein Geld – und<br />
die Frau ein neues <strong>Taxi</strong>. Trotzdem bleibt bei ihm ein schlechtes<br />
Gefühl. Von einigen dieser Erlebnisse hat er Tonmitschnitte<br />
auf seinem Smartphone. Deshalb beruhen die hier dargestellten<br />
Vorfälle nicht auf Hörensagen, sondern sie haben sich wirklich<br />
so abgespielt.<br />
Harpinder Singh will weitermachen. <strong>Taxi</strong>fahrer ist sein Beruf.<br />
Er macht ihn gerne. Er kommt mit seinem Unternehmer seit Jahren<br />
gut aus. Er will auch nicht von der Zentrale, für die er fährt,<br />
zu mytaxi oder Uber wechseln, auch wenn Kollegen ihm sagen,<br />
dass dort alles viel besser wäre. Er vermutet, dass die dort eh<br />
nur seine Daten und seine Kunden haben wollen. Er will auch<br />
weiterhin in der Nacht fahren, weil er sich sein Leben so eingerichtet<br />
hat, weil er sich auskennt in der Nacht, weil er auch nette<br />
Erlebnisse mit Fahrgästen hat. „Ich will mit den Menschen hier<br />
auskommen“, sagt er immer wieder, „doch dafür brauche ich oft<br />
viel Geduld!“ <br />
tb<br />
TAXI UND TOLERANZ GEHÖREN ZUSAMMEN<br />
Ein Statement von Hans-Jürgen Dinter, Vertriebsleiter<br />
von IsarFunk, zu den oben geschilderten Erlebnissen.<br />
„Das <strong>Taxi</strong>gewerbe ist ein Vielvölkergemisch. Ein großer Teil<br />
unserer rund eintausend Fahrerinnen<br />
und Fahrer hat einen Migrationshintergrund.<br />
Auch in unserer Zentrale<br />
arbeiten Menschen unterschiedlichster<br />
Herkunft und Glaubensrichtung.<br />
Unsere Fahrgäste kommen aus<br />
allen Regionen der Welt. Sie dürfen<br />
erwarten, wegen ihres Ursprungslandes,<br />
ihrer Religion oder auch ihrer<br />
sexuellen Orientierung im <strong>Taxi</strong> nicht<br />
angefeindet zu werden. Für unsere<br />
Kollegen auf der Straße gilt das ganz<br />
genauso: Wird uns bekannt, dass<br />
Kunden bestimmte Fahrer aus rassistischen<br />
Gründen ausgrenzen, lehnen<br />
wir die Zusammenarbeit ab – egal wie viele Fahrten<br />
wir dadurch verlieren. ,Deutscher Fahrer‘ ist kein<br />
Bestellmerkmal bei IsarFunk. <strong>Taxi</strong> und Toleranz gehören<br />
nun mal zusammen.“<br />
Dr. J. Cichon<br />
Unfallschadenregulierung<br />
Fahrerlaubnisrecht<br />
Erbrecht<br />
M. Werther*<br />
Fachanwalt<br />
Verkehrsrecht<br />
Zivilrecht<br />
Dr. Cichon & Partner*<br />
S. v. Kummer*<br />
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Familienrecht<br />
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Rechtsanwaltskanzlei<br />
Tätigkeitsschwerpunkte<br />
J. Buchberger*<br />
Fachanwalt<br />
Strafrecht<br />
Bußgeldsachen<br />
UNTER<br />
STÜTZER<br />
DES TAXI<br />
GEWERBES<br />
N. Nöker<br />
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Arbeitsrecht<br />
Verwaltungsrecht<br />
A. Friedmann<br />
Fachgebiet<br />
Gewährleistungsrecht<br />
Reiserecht<br />
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Serban<br />
Fachanwalt<br />
Mietrecht<br />
Privatinsolvenzen<br />
Johann-von-Werth-Straße 1, 80639 <strong>München</strong>, Tel. 089-13 99 46-0, Fax 089-16 59 51<br />
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TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
23
GASTKOMMENTAR<br />
Der ev1 von General Motors entsprach Ende der 90er-Jahre nicht<br />
dem öldominierten Zeitgeist.<br />
Wer den ÖPNV inklusive <strong>Taxi</strong> stiefmütterlich behandelt, braucht sich<br />
über verstopfte Straßen nicht zu wundern.<br />
KRIEG GEGEN<br />
DEN ÖFFENTLICHEN<br />
NAHVERKEHR<br />
In den USA wird der ÖPNV schon seit Jahrzehnten bekämpft.<br />
Nun schwappt diese Geisteshaltung auch nach Deutschland.<br />
»Uber« und »Free Now« folgen derselben Strategie.<br />
Die systematische Zerstörung des amerikanischen öffentlichen<br />
Personennahverkehrs in über 40 Städten zwischen<br />
den Jahren 1930 und 1960, auch als „großer amerikanischer<br />
Straßenbahnskandal“ bezeichnet, führte in seiner Folge zu<br />
verstunkenen und verstopften Großstädten. Ein Kartell von großen<br />
Konzernen, allen voran General Motors, Standard Oil und Firestone,<br />
kauften gezielt Verkehrsunternehmen auf, um die Straßenbahnlinien<br />
stillzulegen. Der Feldzug war erfolgreich. Das Kartell<br />
erreichte eine Reduzierung von Straßenbahnfahrzeugen in den<br />
USA von anfangs 37.000 auf 5.300 Stück und wurde in der Folge<br />
wegen „krimineller Verschwörung“ lediglich zu einer Geldstrafe<br />
von 5.000 Dollar verurteilt.<br />
DIE LAST DER BLECHLAWINEN<br />
Schließlich wurde die Last in den Städten durch die Blechlawinen<br />
so unerträglich, dass der US-Bundesstaat Kalifornien Anfang der<br />
90er-Jahre die schärfsten Umweltgesetze weltweit beschloss. Gefordert<br />
wurde eine Abkehr von Verbrennungsmotoren. Bis 1998 sollten<br />
drei Prozent, bis 2003 zehn Prozent der Fahrzeuge „Zero<br />
Eimission Vehicles“ werden. Natürlich wurden auch diese Gesetze<br />
durch zähe Lobbyarbeit der Konzerne wieder aufgeweicht und<br />
teilweise zurückgenommen. Die Lebensqualität für die Menschen<br />
und deren Gesundheit spielten sowieso keine Rolle. Im Gegenteil.<br />
Der von General Motors entwickelte Elektrowagen, der von seiner<br />
Kundschaft heiß geliebte Zweisitzer „ev1“, wurde wieder vom<br />
Markt genommen. Aus guten Gründen konnten die Kunden das<br />
Auto lediglich leasen und GM kündigte nach erfolgreicher Intervention<br />
die Verträge. Die Autos wurden eingezogen und verschrottet.<br />
Ein paar Jahre später war der einst stolze Autokonzern<br />
ausgeplündert und musste vom Staat gerettet werden.<br />
In den USA führt heute die Tea-Party-Bewegung, bevorzugt<br />
finanziert durch rechtskonservative Hardliner, unter ihnen die<br />
Milliardärs-Brüder Charles und David Koch, die ihr Geld mit Öl<br />
und Asphalt verdienen, den Kampf gegen den öffentlichen Personennahverkehr<br />
fort. Man startet erfolgreich Kampagnen gegen<br />
neue Bauvorhaben im ÖPNV. Im Konzert mit „Uber“, „Lyft“ und<br />
anderen Plattformökonomien attackiert man die kommunalen<br />
Selbstverwaltungen, damit die Einnahmen der öffentlichen Straßenverkehrsunternehmen<br />
in andere Taschen fließen. Die Verelendung<br />
und Vernichtung der amerikanischen <strong>Taxi</strong>unternehmen ist<br />
dabei nur eine Petitesse am Rande. Tatsächlich zerstört man vielmehr<br />
die Finanzkraft der Kommunen, weswegen im vergangenen<br />
Jahr in New York eine Stausteuer zur Aufrechterhaltung der<br />
U-Bahn-Verkehre erhoben werden musste. Investitionen in den<br />
Ausbau des ÖPNV gelten in den Augen dieser Protagonisten als<br />
unamerikanisch und als eine Verschwendung von Steuermitteln.<br />
UBER FÜHRT DIE BEHÖRDEN VOR<br />
Uber und Free Now folgen derselben Strategie. Der Verkehrskollaps<br />
in unseren Städten durch Mietwagenverkehre spielt dabei<br />
keine Rolle. Auch in <strong>München</strong> sollen die Menschen dazu bewogen<br />
werden, von Straßenbahnen und Bussen in die billigen Mietwagen<br />
umzusteigen. Der Anbieter Uber führt die kommunale Gewerbeaufsicht<br />
vor und der strategisch angelegte Gesetzesbruch wird<br />
von einer Armee aus Anwälten flankiert – das kennt man sonst<br />
eigentlich nur von der Mafia.<br />
FOTOS: Wikicommens / RightBrainPhotography, Fotolia / deberarr<br />
24 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
GASTKOMMENTAR<br />
Free Now möchte sich davon abheben und versucht, „eleganter<br />
auszusehen“. Sie sind gern gesehene Gäste beim Bundesverkehrsminister<br />
und seinen Staatssekretären, denn im Ergebnis winken<br />
für den Minister und seine Entourage, davon darf man ausgehen,<br />
gut dotierte Jobs nach dem Ausscheiden aus der Politik. Den Straßenverkehrsbetrieben<br />
jedoch droht durch die Kumpanei zwischen<br />
Politik und Konzernen, wie in New York oder San Francisco, ein<br />
Wegbrechen der Einnahmen. Die Mietwagenfahrer werden, davon<br />
kann man ausgehen, keinen angemessenen Verdienst erhalten.<br />
Aus guten Gründen hüllt sich mytaxi in Schweigen, wenn es um<br />
die zukünftige Verteilung der Einnahmen daraus und den Anteil<br />
für die Auftragsvermittlung geht. Bei Markteintritt 2011 schwadronierten<br />
deren Vertreter in den Medien, man ginge von einer<br />
Provision von 15–30 Prozent des Umsatzes aus. Wer es nicht<br />
glaubt, soll es selbst recherchieren.<br />
ABGESCHÖPFT WIRD VOM UMSATZ<br />
Unvorstellbar, dass man nicht heute schon genaue Vorstellungen<br />
davon hätte, wie viel vom Umsatz man zukünftig abschöpfen<br />
möchte? Ganz nebenbei befinden sich die Mietwagen bereits auf<br />
der Straße und könnten zukünftig für beide Anbieter arbeiten.<br />
Die schlauen Füchse, die mit ihren <strong>Taxi</strong>s selbst heute noch Aufträge<br />
für mytaxi annehmen, könnten die Fahrgäste eigentlich<br />
gleich freiwillig bei der nächsten schwarzen Limousine abliefern.<br />
Den Aussagen des mytaxi-CEO Eckart Diepenhorst, „motorisierten<br />
Individualverkehr zu reduzieren und die Städte langfristig<br />
lebenswerter machen zu wollen“ spricht der Realität und dem<br />
Wissen um den historisch belegten „Krieg gegen die kommunale<br />
Selbstverwaltung“ nach dem Vorbild der USA Hohn. Die Argumente<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes dabei als „Pöbelei“ zu bezeichnen, wie<br />
Eckart Diepenhorst es tut, passt in das Portfolio und erinnert an<br />
den Ausspruch des früheren Uber-CEO Travis Kalanick, dass der<br />
„Feind ein Arschloch namens <strong>Taxi</strong>“ wäre. Und während der Sklaventreiber<br />
Uber keinen Cent Gewinn erwirtschaftet, verfügt Herr<br />
Kalanick bereits über ein Privatvermögen von 5,8 Milliarden<br />
Dollar.<br />
Wer sich als Pfannkuchen ausgibt, wird als solcher aufgefressen,<br />
und wem diese Vorstellung gefällt, der wird weiterhin Aufträge<br />
für mytaxi annehmen.<br />
UNTERSTÜTZUNG VOM STÄDTETAG<br />
Alleine die Aussagen des Geschäftsführers des Deutschen Städtetages,<br />
Helmut Dedy, wecken Hoffnung. Demnach möchten die<br />
Kommunen die Rückkehrpflicht mehrheitlich beibehalten. Während<br />
sich in Berlin jedoch der Regierende Bürgermeister hinter<br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe stellt, habe ich von seinem Amtskollegen in <strong>München</strong><br />
zur desaströsen Lage, in welcher sich unser Gewerbe hier<br />
befindet, noch nichts vernommen. Vielleicht liegt es daran, dass<br />
die Bayerischen Motorenwerke mit 39.000 Arbeitsplätzen der<br />
größte private Arbeitgeber in unserer Stadt sind?<br />
Als es 2015 um die katastrophalen Bedingungen in der Flüchtlingsunterkunft<br />
in der Bayernkaserne ging, eine Seuche war dort<br />
ausgebrochen, bewies Dieter Reiter Moral und Haltung. Er erklärte<br />
die Angelegenheit zur Chefsache. In Berlin, Bremen oder Nürnberg<br />
stehen die dort regierenden Sozialdemokraten geschlossen<br />
hinter ihrem <strong>Taxi</strong>gewerbe. Im nächsten Jahr sind Kommunalwahlen.<br />
Als Gewerbesteuerzahler erwarte ich von der Politik, dass sie<br />
sich entschieden gegen die Heuschrecken an zu erwartenden Mietwagenverkehren<br />
und den sozialen Kahlschlag, der daraus zu<br />
erwarten ist, wendet. <strong>Taxi</strong>unternehmer Horst Wiegand (hw)<br />
IMMER TOPAKTUELL<br />
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Mit der <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> App, per Newsletter und<br />
im Web haben Sie Zugriff auf wichtige<br />
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Die Nachrichten sind auf Deutsch und Türkisch<br />
abrufbar. Die App gibt es zum kostenlosen<br />
Download für IOS und Android.<br />
UNTER-<br />
STÜTZER<br />
DES TAXI-<br />
GEWERBES<br />
FOTO: Name Name<br />
www.taxi-times.com www.taxi-times.com/app www.taxi-times.taxi/newsletter<br />
TAXI JULI / <strong>2019</strong><br />
25
LESETIPP<br />
GEZEICHNETE<br />
PARADIES-<br />
ERLEBNISSE<br />
In einem umfangreichen Werk hat der Illustrator und<br />
Teilzeit-<strong>Taxi</strong>fahrer Frank Schmolke den bunten Alltag<br />
eines <strong>Taxi</strong>fahrers skizziert. Herausgekommen ist eine<br />
utopische Novelle, in der kein Platz für Farbe ist.<br />
Schmolkes Biografie ist eng mit dem<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe verbunden. Fast dreißig<br />
Jahre lang hat der gebürtige<br />
Münchner in unregelmäßigen Abständen<br />
sein Brot mit dem <strong>Taxi</strong>fahren verdient. In<br />
seiner grafischen Novelle erzählt er die<br />
Geschichte von Vincent Kutscher, einem<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer mittleren Alters, der als Nachtfahrer<br />
versucht, halbwegs über die Runden<br />
zu kommen.<br />
Auf über 350 Seiten werden<br />
mehr oder weniger typische<br />
<strong>Taxi</strong>situationen mit<br />
einer ganz eigenen Handschrift<br />
zu Papier gebracht.<br />
Viele der skizzierten Charaktere<br />
in der gezeichneten<br />
Geschichte basieren auf realen<br />
Personen, manche sind<br />
fiktiv. Wo genau sich Realität<br />
und Fiktion treffen, dass<br />
lässt der Autor meist offen.<br />
Nicht aber, wenn er Fahrgäste mit Tierköpfen<br />
darstellt.<br />
Der Grundstein für die Entstehung von<br />
Schmolkes zweitem Werk wurde bereits<br />
2014 gelegt. Damals ist der Illustrator aus<br />
wirtschaftlichen Gründen fast das ganze<br />
Jahr <strong>Taxi</strong> gefahren, anstatt in seinem<br />
eigentlichen Beruf zu arbeiten. Zur Wiesn<br />
hatte Schmolke dann so viele schräge<br />
Begegnungen, dass er diese in einem Skizzenbuch<br />
festhielt. Sein Ziel war es dabei,<br />
die Menschen ungeschönt darzustellen, so<br />
wie er sie bisweilen völlig unglamourös und<br />
ungefiltert mit einem Hauch von Schweiß<br />
und Alkoholgeruch selbst erlebt hat.<br />
Der Protagonist Kutscher, der sich im<br />
Laufe der Handlung in einer stetigen<br />
Abwärtsspirale in Richtung Zusammenbruch<br />
befindet, stellt sich in<br />
seiner utopischen Welt aber<br />
auch den realen Problemen,<br />
mit denen das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
aktuell zu kämpfen hat. Auf<br />
den letzten Seiten fragt er<br />
sich selbstkritisch, ob seine<br />
Zeit vorbei ist und ob er mehr<br />
in der Vergangenheit als in<br />
der Zukunft existiert. Selbstfahrende<br />
Autos und auch die<br />
Konkurrenz durch Fahrtenvermittler<br />
wie Uber machen<br />
der Hauptfigur zu schaffen. Zum Glück hat<br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe nicht, wie Schmolkes<br />
Erzählfigur, den Mut verloren und kämpft<br />
weiter für einen fairen Wettbewerb mit den<br />
‚neuen‘ Mobilitätsdienstleistern. Vielleicht<br />
ein Stoff für Schmolkes nächstes Werk, welches<br />
dann sicherlich mit mehr Optimismus,<br />
aber garantiert nicht mit weniger<br />
Spannung auskommen würde. sg<br />
Der Illustrator Frank Schmolke<br />
fing in den 80er-Jahren<br />
mit dem <strong>Taxi</strong>fahren an.<br />
IMPRESSUM<br />
Verlag<br />
taxi-times Verlags GmbH,<br />
Frankfurter Ring 193 a<br />
80807 <strong>München</strong>, Deutschland<br />
Telefon: +49 (0)89 / 14 83 87 91<br />
Fax: +49 (0)89 / 215 48 30 79<br />
E-Mail: info@taxi-times.taxi<br />
Internet: www.taxi-times.taxi<br />
Geschäftsführung: Jürgen Hartmann<br />
Bankverbindung<br />
Stadtsparkasse <strong>München</strong><br />
BLZ 70150000, Kontonummer 1003173828<br />
IBAN: DE 8970 1500 0010 0317 3828<br />
BIC: SSKMDEMM<br />
UST-ID: DE293535109<br />
Handelsregister: Amtsgericht <strong>München</strong><br />
HRB 209524<br />
Redaktion (tt)<br />
V. i. S. d. P.: Jürgen Hartmann (jh),<br />
Simon Günnewig (sg)<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />
Tom Buntrock (tb), Horst Wiegand (hw)<br />
Grafik & Produktion<br />
Katja Stellert (Artdirektion),<br />
Martina Jacob<br />
Raufeld Medien GmbH,<br />
Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin<br />
Telefon: +49 (0)30 695 665 936<br />
Anzeigenleitung, Online-Verkauf<br />
und Vertrieb<br />
Elke Gersdorf, e.gersdorf@taxi-times.taxi<br />
Telefon: +49 (0)89 / 14 83 87 92<br />
Fax: +49 (0)89 / 14 83 87 89<br />
Druck<br />
Silber Druck oHG, Otto-Hahn-Straße 25,<br />
D-34253 Lohfelden<br />
Erscheinungsweise 6 x pro Jahr<br />
Heftpreis 3,50 €, Jahres-Abo 28 € (inkl.<br />
MwSt. und Versand)<br />
ISSN-Nr.: 2367-3850<br />
Weitere <strong>Taxi</strong>magazine aus dem Verlag:<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> DACH<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Berlin<br />
Die IsarFunk <strong>Taxi</strong>zentrale GmbH & Co KG<br />
und der <strong>Taxi</strong>verband <strong>München</strong> e. V. (TVM)<br />
bekommen in <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> <strong>München</strong> eigens<br />
gekennzeichnete Mitteilungsseiten,<br />
für deren Inhalte die beiden Genannten<br />
im Sinne des Presserechtes selbst<br />
verantwortlich sind.<br />
FOTOS + ILLUSTRATIONEN: Frank Schmolke<br />
26 JULI / <strong>2019</strong> TAXI
Lexus ES 300h Hybrid<br />
Benzinmotor mit 131 kW (178 PS) und Elektromotor mit 88 kW (120 PS), Systemgesamtleistung<br />
160 kW (218 PS) , Stufenlose Automatik, Comfort <strong>Taxi</strong>, 5-türig<br />
Ausstattungs-Highlights:<br />
Pre-Collision System, Vinyl-Ledersitze, Reifendruckwarnsystem, Privacy-Glas,<br />
Regensensor, lenkradintegirerte Bedienelemente für Audiosystem, Bluetooth Freisprecheinrichtung,<br />
USB/AUX Anschlüsse mit iPod-Steuerung, Rückfahrkamera, el.<br />
Fensterheber vorn, und hinten, Tempomat, Start-Stop-Knopf, Smart-Key, Klimaautomatik,<br />
Leichtmetallfelgen mit Bereifung 205/60 R 1 6 u.v.m.<br />
Kraftstoffverbrauch innerorts/außerorts/komb. 5,0/4,4/4,5 l/100 km.<br />
CO2-Emission kombiniert 103 g/km. Energieeffizienzklasse A+.<br />
Unverbindliche Preisempfehlung 1 49.363,00 €<br />
Hauspreis 41.272,70 €<br />
Monatliche<br />
Finanzierungsrate 2 499<br />
€<br />
Anzahlung 8.821.81 €<br />
einmalige Schlussrate 7.841,81 €<br />
Nettodarlehensbetrag 33.430,89 €<br />
Gesamtbetrag 44.799,84 €<br />
Frachtkosten 980,00 €<br />
Die <strong>Taxi</strong>-Spezialisten für <strong>München</strong><br />
Ihr persönlicher Ansprechpartner<br />
Atilla Döger<br />
Telefon: 089 / 54 71 77 211<br />
atilla.doeger@toyota-dit.de<br />
www.lexusforum-muenchen.de<br />
<strong>München</strong> GmbH<br />
Landsberger Straße 222<br />
80687 <strong>München</strong><br />
Telefon: 089/547 177-95<br />
info.lbs@toyota-dit.de<br />
Frankfurter Ring 166<br />
80807 <strong>München</strong><br />
Telefon: 089/3509667-30<br />
info.ffr@toyota-dit.de<br />
Neumarkter Straße 80<br />
81673 <strong>München</strong><br />
Telefon: 089/437370-25<br />
info.nms@toyota-dit.de<br />
1) Unverb. Preisempf. des Herstellers/Importeurs. 2) Ein Angebot der Lexus Financial Services (ein Geschäftsbezeichnung der Toyota Kreditbank GmbH) Toyota Allee 5, 50858 Köln, Laufzeit 60 Monate, Laufleistung 40.000km/Jahr, Sollzins geb. p.a. 2,95%, eff.<br />
Jahreszins 2,99%. Bearbeitungsgebühr 0 €. Nur gültig für Geschäftskunden bei Anfrage und Genehmigung bis zum 30.06.<strong>2019</strong>. Unser Autohaus vermittelt ausschl. Leasingverträge der Toyota Kreditbank GmbH. Abb. zeigt Sonderausstattung.