EDUCATION 4.19
Klimawandel
Klimawandel
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Thema | Dossier<br />
Teuscher Die Stadt Bern verschärft<br />
ihre Klimaziele noch einmal deutlich:<br />
So sollen bis 2035 die CO 2 -Emissionen<br />
in der Stadt Bern auf eine<br />
Tonne pro Kopf und Jahr reduziert<br />
werden. Der Gemeinderat hat dazu<br />
einen Handlungsplan mit 22 Massnahmen<br />
beschlossen. Als Bildungsdirektorin<br />
versuche ich zudem, Akzente<br />
zu setzen: Schulanlagen werden<br />
energetisch vorbildlich gebaut<br />
oder saniert. Schulhausdächer nutzen<br />
wir zur Stromproduktion. Wir müssen<br />
unser politisches Handeln in allen<br />
Bereichen an den Kriterien der Nachhaltigkeit<br />
messen. Es ist eine Aufgabe<br />
der Politik, verbindliche Massnahmen<br />
zu beschliessen.<br />
Wie können wir die Generatio -<br />
nen nach uns wirkungsvoll für den<br />
Klimaschutz sensibilisieren?<br />
Teuscher Eigentlich ist es umgekehrt,<br />
die Jugendlichen haben die<br />
ältere Generation aufgerüttelt und sie<br />
«Unsere Enkel<br />
werden uns<br />
fragen: ‹Was habt<br />
ihr gemacht?›»<br />
Franziska Teuscher<br />
daran erinnert, dass es nur einen Planeten<br />
gibt. Die älteren Generationen<br />
haben den Klimawandel verursacht.<br />
Wir können nun nicht einfach der Jugend<br />
die Verantwortung zuschieben.<br />
Klimaschutz ist eine gemeinsame<br />
Aufgabe. Die Frage ist: Was können<br />
wir gemeinsam beitragen?<br />
Rüegsegger Ich wäre in dieser Diskussion<br />
um den Klimaschutz froh um<br />
konkrete Beispiele. Ein Grundsatz<br />
könnte beispielsweise sein, nicht jede<br />
Woche ein Zalando-Paket zu bestellen<br />
oder keine Erdbeeren im Januar<br />
oder Februar zu kaufen. Die gesunde<br />
saisonale und regionale Ernährung<br />
ist mir ein zentrales Anliegen. Mit<br />
kleinen Beispielen kann die Klimajugend<br />
die gelebte Nachhaltigkeit ins<br />
Zentrum stellen und die Glaubwürdigkeit<br />
steigern.<br />
Teuscher Die Auswirkungen unserer<br />
Ernährung auf das Klima sind<br />
immens. Dies ist mit ein Grund, dass<br />
wir für unsere Tagesschulen und<br />
Kitas Ernährungsrichtlinien erlassen<br />
haben, die dem Grundsatz der Nachhaltigkeit<br />
folgen. Dadurch erfahren<br />
die Kinder, was Nachhaltigkeit konkret<br />
heisst. Geachtet wird unter anderem<br />
auf regionale und saisonale<br />
Produkte. Fleisch gibt es nur zweimal<br />
pro Woche.<br />
Klimawandel ist auch ein wichtiges<br />
Anliegen in der Regierungs-<br />
politik 2019–2022. Wo können wir<br />
konkret ansetzen, Herr Rüegsegger?<br />
Rüegsegger Ich habe Freude an<br />
den Regierungsrichtlinien, weil sie<br />
sehr konkret formuliert sind. Erwähnt<br />
ist darin unter anderem die Schule<br />
auf dem Bauernhof, was mich an eine<br />
besondere Begegnung erinnert. Auf<br />
meinem Weg zur Session in Bern –<br />
ich komme mit dem öffentlichen Verkehr<br />
– traf ich kürzlich eine Schulklasse<br />
aus der Stadt Bern mit einer<br />
jungen Lehrerin. Sie hatte mit ihrer<br />
Klasse in unserem Dorf die Käserei<br />
besucht und auf einem Bauernhof<br />
übernachtet. Auf ihrem Ausflug haben<br />
die Kinder erlebt, wie aus Milch Käse<br />
hergestellt wird – ein grossartiges<br />
und sicher nachhaltiges Erlebnis für<br />
die Kinder!<br />
Wie pessimistisch oder optimistisch<br />
blicken Sie in die Zukunft?<br />
«Wirksam wäre,<br />
den Fleischkonsum<br />
auf ein<br />
gesundes Mass<br />
anzupassen …»<br />
Hans Jörg Rüegsegger<br />
Was gibt Ihnen Zuversicht?<br />
Rüegsegger Gemeinsam müssen<br />
wir die Weichen richtig stellen, um<br />
den gestiegenen Anforderungen und<br />
den klimatischen Veränderungen gewachsen<br />
zu sein. Es gilt, Akzente bei<br />
der Züchtung, der Forschung und<br />
beim Wissenstransfer zu setzen. Der<br />
Berner Bauern Verband setzt sich<br />
dafür ein, den Wissenstransfer mit<br />
den Hochschulen, dem Inforama und<br />
der Grundbildung stärker zu fördern.<br />
Ich gehe davon aus, dass es auch<br />
in 100 Jahren noch Lebensmittel<br />
braucht, um unsere Bevölkerung zu<br />
ernähren.<br />
Teuscher Wir sind an einem kritischen<br />
Punkt. 1700 Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler in der<br />
Schweiz haben sich mit den Klimajugendlichen<br />
solidarisiert. Sie fordern,<br />
dass die Schweiz bis 2030 klimaneutral<br />
sein soll. Wir müssen die Fakten<br />
zur Kenntnis nehmen und entsprechend<br />
handeln. Unsere Enkel werden<br />
uns fragen: «Was habt ihr gemacht?»<br />
Als Politikerinnen und Politiker müssen<br />
wir dafür kämpfen, dass wir den<br />
richtigen Weg einschlagen. Wer nicht<br />
handelt, kann auch nicht gewinnen.<br />
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