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WeltBlick 2/2019

Wie hast du's mit der Religion Europa?

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angelegte EU-Recht schwierig, diese Trennung einzuhalten.<br />

Etwa im Arbeitsrecht: Hier haben die Kirchen<br />

ein – auch grundrechtlich geschütztes – Interesse,<br />

ihren Dienst an ihrem Glauben auszurichten.<br />

Deshalb gibt es neben dem staatlichen auch ein<br />

kirchliches Arbeitsrecht. Der Europäische Gerichtshof<br />

hat leider zuletzt hier – wie etwa auch bei der<br />

Rücksichtnahme auf das islamisch motivierte Kopftuch<br />

– wenig Respekt vor der Religionsfreiheit<br />

erkennen lassen. Hier muss der Dialog mit der EU<br />

dringend genutzt werden, den immer noch wirtschaftlich<br />

denkenden »Apparat« für die größere<br />

Breite menschlicher Bedürfnisse zu sensibilisieren<br />

und auch das Gefüge der Zuständigkeiten in Überschneidungsfällen<br />

zu berücksichtigen.<br />

Dann das Spannungsfeld<br />

Marginalisierung und Vereinnahmung:<br />

Wie auch der vorhergehende<br />

Absatz noch einmal<br />

verdeutlicht hat, war und ist die Säkularisierung<br />

lange die größte Herausforderung der Kirchen in<br />

Europa und damit auch auf der EU-Ebene gewesen.<br />

Nun ist eine Gefahr gleichsam am anderen Ende des<br />

Spektrum aufgetaucht: Die vermehrte Instrumentalisierung<br />

von Religion für politische Zwecke, sei es<br />

vereinnahmend (»christliches Abendland«) oder<br />

ablehnend (»Islamfeindlichkeit«, »Antisemitismus«<br />

usw.). Während Populisten mit den christlichen<br />

Grundwerten auf Kriegsfuß stehen, und mithin auch<br />

immer wieder mit den Kirchen als deren Sachwaltern<br />

aneinander geraten, berufen sie sich gern auf<br />

eine diffuse »christliche Kultur«, die sie als exklusiv<br />

und nicht pluralismusfähig verstehen. Hier sind die<br />

Kirchen gefragt, deutlich zu widersprechen. Nicht<br />

der Tatsache, dass Geschichte und Kultur Europas<br />

tiefgründig christlich imprägniert sind, sondern der<br />

Behauptung, dies sei mit einer Offenheit für Andersglaubende<br />

nicht vereinbar, oder der Abspaltung<br />

einer nur äußerlichen christlichen Kultur von ihrem<br />

Wesenskern, der in Werten und Glauben liegt. Menschenverachtende<br />

Parolen können sich legitim niemals<br />

auf Christus und sein Werk berufen.<br />

Die Konferenz Europäischer Kirchen setzt sich<br />

für beides ein: Die Plausibilisierung der institutionellen<br />

und grundrechtlichen Belange der Kirchen<br />

und die Anerkennung und Einbeziehung des gesellschaftspolitischen<br />

Beitrags, den sie erbringen. Das<br />

Der Dialog aber<br />

braucht Breite.<br />

ist – zugegebenermaßen – nicht immer leicht. Die<br />

Differenzen, die es auf politischer Ebene gibt, strahlen<br />

auch auf die zwischenkirchlichen Beziehungen<br />

aus. Auch vor den Kirchen macht die Angst vieler<br />

mittel- und südosteuropäischer Gesellschaften nicht<br />

halt, mit Grundwerten und Grundrechten »überfremdet«<br />

zu werden, die dort noch nicht so tief verankert<br />

sind, und auch im Westen oft erst in den<br />

Nachkriegsjahren in ihrer jetzigen Form konkretisiert<br />

wurden. Um gegenüber den Institutionen »mit<br />

einer Stimme sprechen« zu können, muss daher<br />

zuvor viel ökumenische Dialog- und Verständigungsarbeit<br />

geleistet werden. Jene Europäer, deren<br />

Geschichte durch Kommunismus und Sowjetimperialismus<br />

geprägt war, erarbeiten<br />

sich gerade Freiheit<br />

und nationale Selbstbestimmung<br />

auf der einen, Bindung<br />

und europäische Integration<br />

auf der anderen Seite. Sie tun<br />

dies intern in einem komplexen sozialen Prozess<br />

und extern einem Umfeld, das von den »europäischen<br />

Erwartungen« der Altmitglieder der EU<br />

geprägt ist. Sie brauchen den Dialog. Doch auch für<br />

die KEK besteht die Gefahr, dass es nur die immer<br />

gleichen Menschen sind, die sie mit ihren Seminaren,<br />

Trainings und Veranstaltungen erreicht. Der<br />

Dialog aber braucht Breite. Darum ist es wichtig,<br />

dass die Arbeit der Konferenz in ihren Mitgliedskirchen<br />

wahrgenommen und beworben wird.<br />

/<br />

Dr. Patrick R. Schnabel<br />

ist Referent für den Kirchlichen Entwicklungsdienst und Kuba sowie<br />

Menschenrechtsbeauftragter der EKBO. Von 2007 bis 2011 war<br />

er stellv. Leiter und Juristischer Referent in der Dienststelle Brüssel<br />

des Bevollmächtigten des Rates der EKD.<br />

Wie hast du's mit der Religion, EUROPA?<br />

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