Mauerfall Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer. Ein weltpolitisches Ereignis, verewigt im Buch der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Aber auch dreißig Jahre später gibt es noch immer offene Fragen und offene Kapitel.
Zeitreise, einmal retour Kein Zweifel, Timothy Garton Ash, zählt zu den bedeutsamsten politischen Publizisten der Gegenwart. Und er zählt auch zu den wichtigsten Chronisten der europäischen Wende durch den Berliner Mauerfall im Jahr 1989. Aus seinen Reportagen war zu erfahren, wie der Osten schon geraume Zeit vor der Revolution in Bewegung geriet. Und schon 1990 veröffentlichte er das Schlüsselwerk über diese Epoche unter dem Titel „Ein Jahrhundert wird abgewählt.“ 30 Jahre später besuchte Garton Ash erneut die Länder des ehemaligen Ostblocks, um zu erkunden, was aus den damaligen Visionen und Hoffnungen wurde. Unentbehrliche Zeitgeschichte. Gegen Gedächtnisverlust Einst verhalf Fontane dem Dorf Ribbeck, vierzig Kilometer von Berlin entfernt, zu Ruhm. Nach der Öffnung der Mauer kommen Westberliner scharenweise in den Ort, um den Ribbeckern einen Birnbaum zu schenken und mit den Bewohnern die neue deutsche Einheit zu feiern. Ein großes Volksfest ist die Folge, das aber massiv gestört wird. Durch einen Ribbecker Bauern, der sich zu einer großen Rede aufrafft. Er erzählt von Feudalherren und den Nazis, vom Krieg, von den Etappen des Sozialismus und den Parteibonzen. So wird aus der Rede eine schonungslose Klage über den Geschichtsund Gedächtnisverlust, über die unsichtbaren Mauern in den Köpfen. Friedrich Christian Delius Die Birnen von Ribbeck Rowohlt Berlin, 96 Seiten Euro 15,50 ISBN 978-3-7371-0077-9 E-Book 978-3-644-03601-7 Foto: unsplash Timothy Garton Ash Ein Jahrhundert wird abgewählt Europa im Umbruch 1980-1990 Übers. v. Yvonne Badal Hanser, 496 Seiten Euro 26,80 ISBN 978-3-446-26629-2 Sommer vor der Wende Es ist eine tragikomische Geschichte über das ereignisreiche Jahr 1989, den Frank Goosen mit „Kein Wunder“ schuf. Mit einer zumindest für ihn und seine Protagonisten klaren Erkenntnis: Sie lebten in einer Zeit, in der es mehr Deutschlands gab, als man brauchte. Drei Freunde aus dem Ruhrgebiet erleben wenige Monate vor dem Mauerfall einerseits die Subkultur West-Berlins, andererseits die Dissidentenszene im Osten der noch geteilten Stadt und die Aufbruchstimmung. Aber auch daheim im Ruhrgebiet ist nach ihrer Rückkehr nichts mehr, wie es einmal war. Gewohnt virtuos und scharfsinnig, gelingt es Goosen, große Themen anscheinend leicht zu verpacken. Mario Goldstein Abenteuer Grünes Band 100 Tage zu Fuß entlang der ehemaligen deutschdeutschen Grenze Knesebeck, 288 Seiten Euro 36,00 ISBN 978-3-95728-279-8 Der einstige Todesvorhang Knappe 1400 Kilometer lang war einst der „Eiserne Vorhang“, der sich durch das geteilte Deutschland zog: Hohe Mauern und Zäune, Stacheldraht und Wachtürme, Landminen und Selbstschuss-Anlagen zählten zu den beklemmenden Merkmalen. Trotzdem riskierten es DDR-Bürger immer wieder, in den Westen zu gelangen. Der Jugendliche Mario Goldstein war einer von ihnen. Zwei Mal scheiterte er, ehe er aus der Stasi-Haft freigekauft wurde. Nun wanderte er die ehemalige Todeszone ab. 100 Tage war er unterwegs, auf einer längst grünen Lebenslinie. Das Resultat ist ein faszinierendes Naturporträt, garniert durch berührende Begegnungen mit Zeitzeugen. Frank Goosen Kein Wunder Kiepenheuer&Witsch, 352 Seiten Euro 20,60 ISBN 978-3-462-05254-1 E-Book 978-3-462-31950-7 Buchmedia <strong>Magazin</strong> 39 27