KÄNGURU Oktober 2019
Finanzen: Sparen für Kinder und Altersvorsorge für Frauen Gesunde Ernährung: Was tut Kindern gut? Neues aus der Region Veranstaltungskalender
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Ernährung FAMILIENLEBEN <strong>KÄNGURU</strong> 10 I 19<br />
31<br />
Wie vermitteln wir Kindern ein gesundes<br />
Essverhalten? Wie integrieren wir<br />
entspannte Mahlzeiten in unseren Familienalltag?<br />
Autorin Annika Krause hat mit<br />
Hilde Schmitz-Krahm gesprochen. Die<br />
Ernährungsmedizinische Beraterin der<br />
Deutschen Gesellschaft für Ernährung<br />
spricht sich für regionale Lebensmittel<br />
aus und betont die Vorbildfunktion von<br />
Eltern.<br />
<strong>KÄNGURU</strong>: Guten Tag Frau Schmitz-Krahm,<br />
was macht eine gesunde Ernährung aus?<br />
Hilde Schmitz-Krahm: Eine gesunde Ernährung<br />
ist vielseitig und abwechslungsreich. Außerdem<br />
sollte sie dem Alter entsprechend bedarfsorientiert<br />
sein. Kinder und Jugendliche benötigen<br />
für ihre Entwicklung viel Energie. An<br />
sich verwende ich den Begriff „gesunde<br />
Lebensmittel“ nicht gerne, da er suggeriert,<br />
dass alle anderen Lebensmittel<br />
ungesund seien. Es geht letztendlich<br />
darum, wie viel man wovon isst. Auch 15<br />
Äpfel an einem Tag sind nicht gesund.<br />
Worauf sollten Familien bei der Auswahl von Lebensmitteln<br />
achten?<br />
Insgesamt empfehle ich eine regionale Ernährung. Denn das setzt<br />
voraus, dass man sich mit dem Thema Ernährung auseinandersetzt.<br />
Woher kommt mein Essen und was wächst zurzeit? Da im<br />
Supermarkt immer alles verfügbar ist, wissen manche Menschen<br />
gar nicht mehr, wann der Spargel wächst und wann Erdbeerzeit<br />
ist. Für mich entspricht eine regionale Ernährung der natürlichen<br />
Ernährung. Im Sommer gibt es viel Salat, im Winter eher Eintopf.<br />
Damit ist man mit allen wichtigen Vitaminen versorgt, isst frisch,<br />
günstig und umweltbewusst. Kein Mensch braucht eine Avocado<br />
vom anderen Ende der Welt, um sich gesund und ausgewogen zu<br />
ernähren.<br />
Wie bringen Eltern ihren Kindern ein ausgewogenes<br />
Essverhalten bei?<br />
Wie sagt man in Köln so schön: „Kinder kumme nie op andere<br />
Lück“. Wer seinem Kind ein ausgewogenes Essverhalten beibringen<br />
möchte, sollte genauso auf seine eigene Ernährung achten.<br />
Wir als Eltern sind die Vorbilder, wir zeigen den Kindern, wie man<br />
„richtig isst“. Eine Frage ist, wie selbstverständlich zu Hause mit<br />
dem Thema Ernährung umgegangen wird. Ist es verkrampft und<br />
zwanghaft oder etwas ganz Natürliches? Wenn Eltern selbst mit<br />
einem gestörten Verhältnis zu Essen zu kämpfen<br />
haben und nun viel Energie hineinstecken,<br />
dem Kind einen möglichst gesunden Umgang<br />
mit Essen beizubringen, kann auch das nach<br />
hinten losgehen. Fühlt sich das Kind beobachtet<br />
oder unter Druck gesetzt, wird<br />
Essen schnell mit etwas Unangenehmen<br />
verbunden und es isst lieber heimlich. Die<br />
größte Herausforderung ist wohl, das Thema<br />
Essen nicht zum Thema zu machen.<br />
Haben Sie da konkrete Ratschläge<br />
für Eltern?<br />
Ich finde es wichtig, dass Kinder frühzeitig lernen, wo Essen herkommt<br />
und was das eigentlich ist, was wir essen. Deshalb ist es<br />
schön, ein Kind in die Zubereitung des Essens mit einzubeziehen.<br />
Vielleicht lässt man es die Gurken schneiden oder Möhren<br />
waschen und erzählt ihm dabei, wie das Gemüse gewachsen ist.<br />
Gemeinsam Popcorn herstellen ist eine gute Möglichkeit, um zu<br />
zeigen, wie unterschiedlich ein Lebensmittel zubereitet werden<br />
kann. Das funktioniert natürlich nicht im Stress. Aber ab und zu<br />
in Ruhe gemeinsam kochen lässt die Familie zusammenwachsen<br />
und gemeinsam das Essen wertschätzen. Auch Familienausflüge<br />
und Unternehmungen kann man mit dem Essen verbinden: Auf ein<br />
Erdbeerfeld gehen und anschließend Marmelade kochen oder Äpfel<br />
pflücken und einen Kuchen backen. Es gibt viele Möglichkeiten,<br />
gemeinsames Essen als Freude zu gestalten.<br />
Wie wichtig ist gemeinsames Essen?<br />
Für das Familienleben finde ich es sehr schön, wenigstens einmal<br />
am Tag zusammen zu sein – und das bietet sich beim Essen gut<br />
an. Man kann über den Tag sprechen, sich austauschen und gemeinsam<br />
ein leckeres Essen genießen. Dabei ist es wichtig, eine<br />
angenehme Atmosphäre zu schaffen und keine Zwangsveranstaltung<br />
daraus zu machen. Deshalb sollte man keine Streitgespräche<br />
oder das Abfragen von Vokabeln mit dem Essen verknüpfen. Die<br />
gemeinsame Mahlzeit sollte eine Zeit sein, die die Familie genießt<br />
und in der sie zur Ruhe kommt.<br />
Im Familienalltag ist es nicht immer einfach, alle zur selben<br />
Zeit an einen Tisch zu bekommen …<br />
Ist ein Kind zu der Zeit des gemeinsamen Essens verabredet, ist<br />
das eben so. Genauso, wie auch mal ein Elternteil fehlt, weil es<br />
noch arbeitet oder einen anderen Termin hat. Gerade kleine<br />
Kinder müssen erstmal lernen, sich an einen Tisch zu setzen<br />
und runterzufahren. Vielleicht sind sie gerade<br />
aufgedreht und haben ganz viele andere Dinge<br />
im Kopf, als zu essen. Oft hilft es, das Kind<br />
vor dem Essen auf Toilette zu schicken,<br />
weil es sonst vielleicht erst beim<br />
Sitzen und Herunterkommen<br />
merkt, dass es muss. Ob ein<br />
Kind bis zum Ende der Mahlzeit<br />
am Tisch sitzen bleiben muss, ist<br />
eine Entscheidung, die die Eltern<br />
treffen müssen. Ich empfehle, sich<br />
darüber Gedanken zu machen und<br />
gemeinsam Regeln zu formulieren,<br />
die aber auch nicht unter Zwang umgesetzt<br />
werden müssen.<br />
Wenn das Kind immer<br />
möglichst schnell aufstehen<br />
möchte, kann man als<br />
Eltern hinterfragen, woran<br />
das liegt, anstatt es zu<br />
verbieten.<br />
Illustrationen: © Elena – stock.adobe.com