Melange No12
Melange No12 - Das Magazin im Süden Bayerns
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LIVE<br />
GEORG RINGSGWANDL<br />
Wuide unterwegs<br />
Herr Ringsgwandl, wovor fürchten Sie sich?<br />
Krebs, Demenz und Langeweile.<br />
Und was tun Sie dagegen?<br />
Gegen den Krebs: nicht rauchen, wenig Fleisch, nicht ärgern<br />
und gescheit ausschlafen.<br />
Tun Sie auch etwas, um der Demenz vorzubeugen?<br />
Ja, meine Texte auswendig lernen.<br />
Und was machen Sie gegen Langeweile?<br />
Eine schöne Melodie auf den Text schreiben, und ein paar<br />
Musiker dazu überreden, dass sie das Lied mit mir im Studio<br />
aufnehmen.<br />
Klingt nach einem interessanten Leben...<br />
Es hilft zumindest gegen die ärgste Depression.<br />
Sie waren mal Arzt – da wissen Sie doch bestimmt: Was hilft<br />
gegen Depressionen?<br />
Unter Leute gehen, in Gesellschaft sein, mit möglichst viel<br />
Leben ringsrum.<br />
Wohin gehen Sie am liebsten, wenn Sie unter Leute gehen?<br />
Auf die Bühne.<br />
Und das hilft?<br />
Ja, ich komm unter Leute und es redet mir keiner drein.<br />
Und was sagt Ihre Familie dazu?<br />
Die Kinder sind aus dem Haus, und meine Frau ist froh,<br />
wenn sie mal ihre Ruhe hat.<br />
Klingt gut.<br />
Ja, wenn ich auf die Bühne geh, komm ich besser drauf,<br />
die Musiker wissen, dass sie nicht umsonst geübt haben und<br />
das Publikum hat auch seinen Spaß.<br />
Wir sitzen im Gastgarten des neuen Kiosks in der Murnauer<br />
Schweinebucht. Georg Ringsgwandl hat mich in einem alten,<br />
verschrammten Benz Kombi abgeholt. 435.000 km stehen auf<br />
dem Tacho.<br />
Was eigentlich fragt man einen Ringsgwandl, von dem es schon<br />
gefühlte hunderttausend Interviews gibt, der bestimmt den<br />
Journalisten schon alles einmal erzählt hat in seinem Leben?<br />
Eigentlich wollten wir das schäbigste Café im Oberland aufsuchen,<br />
aber das hatte schon zu, und so entschließen wir uns,<br />
den neuen Kiosk auszuprobieren. Es scheint ein amüsanter<br />
Abend zu werden mit ihm, ganz so wie man es erwartet, wenn<br />
man sich mit diesem Vogelwilden trifft. Ist er wohl wirklich<br />
so? Autofahren zumindest ist ein Abenteuer mit Herrn Ringsgwandl,<br />
das versucht er mir zumindest einzureden. Schafft es<br />
aber dann doch, unfallfrei über die zwei Kreisverkehre zum<br />
Parkplatz am See zu steuern.<br />
So langsam wird es ernst – wir sitzen mit Cappuccino und<br />
Weißwein am Tisch, und jetzt soll ich also versuchen, ein seriöses<br />
Interview zu führen. Ein seriöses Interview mit Georg<br />
Ringsgwandl, der selten seinen Interviewern das Gefühl vermittelt,<br />
sie ernst zu nehmen.<br />
Gibt es etwas, was ihm wichtig ist? Oder etwas, das ich auf<br />
keinen Fall fragen soll? „Mir ist alles recht, außer aufgesetztes<br />
Getue. Langeweile und Getue, das sind die wirklichen Todsünden.“<br />
Ich finde, da hat er gar nicht so unrecht. Und Lügen? Gehören<br />
die auch zu den Todsünden?<br />
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