31.01.2020 Aufrufe

Jakob Demus-Im Grenzenlosen kommt das Auge zur Ruhe

Ein Feature über den Grafiker, Bildhauer und Maler Jakob Demus, Wien

Ein Feature über den Grafiker, Bildhauer und Maler Jakob Demus, Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Polierstahl, und die Adresse eines Händlers für Druckplatten und graphische<br />

Utensilien, bei dem ich mein gesamtes Reisegeld ließ. Und ich radierte Tag und<br />

Nacht.“<br />

Aus diesem Sommer wieder nach Wien <strong>zur</strong>ückgekehrt, studiert er alle<br />

erreichbaren Lehrbücher über die Radiertechnik, lernt auf der Presse einer<br />

Freundin im Selbstversuch zu drucken, probierte alle Variationen des<br />

Handdrucks, und dessen Mysterien. Gleichzeitig studiert er eifrig<br />

Kunstgeschichte, die Druckgraphik und deren Meisterwerke.<br />

Als sich <strong>Jakob</strong> <strong>Demus</strong> zwei Jahre später um Aufnahme in die<br />

Grafikklasse der Akademie am Schillerplatz bewarb, war dort kein Platz mehr für<br />

ihn frei. Da er aber unbedingt an der Akademie bleiben wollte war die einzige<br />

verbleibende Alternative die Bildhauerei unter der Leitung von Johannis<br />

Avramidis zu begeben. Es ist fast erstaunlich, wie leicht ihm der Entschluss fiel,<br />

sich einem völlig anderen Metier zuzuwenden. Aber es zeigt auch, <strong>das</strong>s <strong>Demus</strong><br />

<strong>das</strong> Talent des klassischen Universalkünstlers hat. Er ist in jedem Fach, in jeder<br />

Disziplin der Kunst zuhause und bereit, sich darin zu vertiefen. „So legte ich die<br />

Radierung beiseite und studierte, ebenso leidenschaftlich, Bildhauerei. Das hieß,<br />

im Raum und in Massen denken, <strong>das</strong> hieß, zeichnend Dimensionen umschreiben,<br />

<strong>das</strong> hiess, dreidimensionales Erschaffen, <strong>das</strong> hieß, Berührung mit der Materie, mit<br />

Ton, Wachs, Stein, <strong>das</strong> hieß, Berührung mit dem lebendigen Körper, mit dem<br />

Kreatürlichen, mit dem Wandel und Wechsel, mit der Seele.“<br />

Erst nach seinem Diplomabschluss in Bildhauerei 1984 greift er zum<br />

ersten Mal wieder zu einer Kupferplatte und scheint erneut wie elektrisiert —<br />

„...nach wenigen Zeichenstrichen im Asphalt strahlte mir <strong>das</strong> blankgelegte Kupfer<br />

entgegen, wie gleissendes Gold. In diesem <strong>Auge</strong>nblick wusste ich, <strong>das</strong>s ich der<br />

Radierung verfallen sei, mich durchlief ein unbeschreiblicher Schauer, so als<br />

wäre ich an ein Stromnetz angeschlossen worden,“ liest man in einer sehr<br />

persönlichen Notiz.<br />

<strong>Demus</strong> ist von Rembrandt begeistert. Seiner Radiertechnik strebt er nach.<br />

Er radiert in Kaltnadeltechnik, so wie <strong>das</strong> große Vorbild, doch dann kam <strong>das</strong><br />

nächste Schlüsselerlebnis. Er suchte <strong>das</strong> Werkzeug zu verfeinern, indem er die<br />

grobe Linienführung des Grabstichels in Frage stellte, der sich wie eine<br />

Pflugschar mit einigem Druck und Kraftaufwand in die Oberfläche eingräbt und<br />

einen erhöhten Grat auf der Kupferplatte hinterlässt, der dann vor dem Druck<br />

möglichst wieder abgetragen werden muss. Er wollte die Technik revolutionär<br />

verfeinern. Er experimentiert zunächst mit Glasschneide-Diamanten industrieller<br />

Seite<br />

4 von 39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!