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BINNENSCHIFF JOURNAL 2020-1

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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 1/<strong>2020</strong> | S14<br />

Greta an Bord! Ist die Binnenschifffahrt der<br />

Rettungsanker für das Weltklima?<br />

Das ist die „Gretchenfrage“. Jetzt nicht auf Greta Thunberg bezogen, sondern<br />

auf die Tragödie von Goethes Faust: Nun sag, wie hast du‘s mit dem Klimaschutz?<br />

REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />

Es ist eine Gewissensfrage, deren Beantwortung<br />

von Befragten in der<br />

Zeitrechnung vor Greta regelmäßig<br />

elegant umschifft wurde. Greta Thunberg<br />

darf sich auf die Fahnen schreiben, dass<br />

durch sie dieses Herumdrücken um eine klare<br />

Antwort vorbei ist – und zwar endgültig.Die<br />

der Hybris verfallenen Protagonisten der Verkehrswirtschaft<br />

müssen sich jetzt, nach jahrzehntelanger<br />

Misswirtschaft, von einer Schülerin<br />

sagen lassen, dass sie ihre Kompetenzen<br />

und Fähigkeiten maßlos überschätzt haben.<br />

Lange Zeit hat man gehofft, dass wenigstens<br />

der zunehmende Frauenanteil in der Verkehrswirtschaft<br />

das Ruder herumreißen kann.<br />

Aber auch sie konnten den Ballast nicht abwerfen,<br />

den ihnen die Männerwirtschaft hinterlassen<br />

hat. Jetzt müssen die Kinder ran und<br />

es bleibt zu hoffen, dass der drohende Generationenkonflikt<br />

nicht als Kollateralschaden<br />

bei der Bewältigung des Klimawandels übrigbleibt.<br />

Ein Sektor sucht acht Millionen Tonnen CO2<br />

– Schaffen wir die Klimawende im Verkehr?<br />

Diese Frage stellte sich die Österreichische<br />

Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft<br />

(ÖVG) in ihrem jüngsten Forum. Rund acht<br />

Millionen Tonnen CO2 müssen nämlich gemäß<br />

den Pariser Klimazielen bis 2030 in Österreich<br />

jährlich eingespart werden. Nur dann<br />

lassen sich Strafzahlungen und Zertifikatkäufe<br />

in Milliardenhöhe noch abwenden.<br />

Große Anstrengungen des Verkehrssektors<br />

werden somit erforderlich sein. Die Binnenschifffahrt<br />

wird nicht der Rettungsanker sein,<br />

der diese Aufgabe allein wird stemmen können.<br />

Aber die Binnenschifffahrt – und das ist keine<br />

neue Erkenntnis, kann einen wesentlichen<br />

Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele<br />

leisten. Klima relevant geht es um Themen<br />

wie Verkehrsvermeidung, Auslastungsgrad,<br />

Effizienzsteigerung, alternative Antriebe und<br />

um Verkehrsverlagerung. Alles Bereiche, wo<br />

Binnenschiffe ihre Stärke ausspielen können<br />

– wenn man sie lässt und dafür die Voraussetzungen<br />

schafft.<br />

Die größte Untiefe für die Binnenschifffahrt,<br />

die sie immer wieder stranden lässt, ist die europäische<br />

Verkehrspolitik. Dort herrscht das<br />

Dogma des „freien Warenverkehrs“ und niemand<br />

ist da, der sich zu sagen getraut, dass<br />

der freie Warenverkehr nicht automatisch<br />

die freie Wahl des Verkehrsmittels bedeuten<br />

kann. Wenn sich das nicht ändert, werden<br />

uns die bösen Blicke von Greta noch in Grund<br />

und Boden stampfen, bevor uns ihr Flammenschwert<br />

in Stücke reißt.<br />

Wenn hier kein Umdenken stattfindet, hat es<br />

wenig Sinn, sich über Verkehrsverlagerung<br />

Gedanken zu machen. Dann wird die Binnenschifffahrt<br />

weiterhin ihre Aufgabe als Tarifregulator<br />

führen dürfen. Mehr aber auch nicht.<br />

Das Dumme ist nur, alle anderen Zielsetzungen<br />

hängen unmittelbar mit der Verkehrsverlagerung<br />

zusammen. Alternative Antriebe in<br />

der Binnenschifffahrt werden nur gebraucht<br />

und flächendeckend finanzierbar sein, wenn<br />

es eine Verkehrsverlagerung gibt. Ebenso<br />

eine Verkehrsvermeidung.<br />

Ganz zu schweigen von einer Effizienzsteigerung<br />

der Bahn, die nur möglich ist, wenn<br />

jeder Verkehrsträger das macht, was er gut<br />

kann und zu leisten vermag. Dass die Binnenschifffahrt<br />

klimaschonend arbeiten kann,<br />

zeigen viele Beispiele, die sich wie Inseln aus<br />

dem Verkehrssumpf abheben. Zum Beispiel<br />

im Bereich der City-Logistik, wo bedingt durch<br />

den zunehmenden Internethandel, uns der<br />

Verkehr in den Ballungsräumen schon förmlich<br />

um die Ohren fliegt. Darauf hat IKEA eine<br />

ökologische Antwort gesucht und gefunden.

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