Gemeinde Insider März 2020
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IKG
„WIR ALLE SIND DIE EU!“
EU-VIZEPRÄSIDENT SCHINAS MIT BUNDES-
MINISTERIN EDTSTADLER ZUM GESPRÄCH
BEI DER JÜDISCHEN GEMEINDE
Text: Alexia Weiss, Fotos: Daniel Shaked
Hoher Besuch in der Wiener jüdischen Gemeinde:
EU-Vizekommissionspräsident Margaritis
Schinas und EU-Ministerin Karoline
Edtstadler trafen am Donnerstag zu einem
Gespräch mit dem Präsidium der IKG zusammen.
Im Anschluss besichtigte der griechische
EU-Kommissar, der in den kommenden fünf
Jahren für den European Way of Life – dieser
Bereich umfasst Migration und Diversität und
dabei auch den Kampf gegen Antisemitismus
– verantwortlich zeigte, den Stadttempel.
IKG-Präsident Oskar Deutsch bedankte
sich nach der Unterredung für den „ofenen
und guten Gedankenaustausch“. Jüdisches
Leben sei Teil des „European Way of Life“ –
ob Atheisten oder Angehörige einer Religionsgemeinschaft,
„wir alle sind die EU“. Leider
müsse in Österreich viel in die Sicherheit der
jüdischen Gemeinde investiert werden – andererseits
sei die IKG durch die gute Kooperation
mit Polizei und Innenministerium diesbezüglich
ein „Role Model“. Lieber spreche er
aber über jüdisches Leben – auch hier sei die
Wiener jüdische Gemeinde in Europa mit ihrer
umfangreichen Infrastruktur einzigartig.
Antisemitismus sei jedoch europaweit
ständiges Thema, so Deutsch. Man habe in
den vergangenen Jahren „viele, viele Worte
gehört – aber es gab keine Taten“. Es könne
nicht angehen, dass sich nur die jüdischen
Gemeinden dem Kampf gegen Antisemitismus
verschreiben – „wir sind die ersten Betrofenen“,
so Deutsch, „aber gegen den Antisemitismus
müssen alle
Bürger auftreten, nicht
nur die Betrofenen und
die zuständigen Politiker.“
Schinas und Edtstadler
bekräftigten in ihren
Statements den Willen
Europas, sich dem Kampf
gegen Antisemitismus zu
stellen. 2018 gab es einen
diesbezüglichen Beschluss,
dieser soll heuer mit konkreten
Aktionsplänen in
den Mitgliedstaaten mit
Leben erfüllt werden.
Der EU-Vizekommissionspräsident
stellte dabei
das Thema Sicherheit an
erste Stelle, und betonte:
„Eure Sicherheit ist unsere
Sicherheit.“ Das müsse
spätestens nach den Anschlägen
von Brüssel und
Halle klar sein. Die Kommission
wolle einerseits
als Schild fungieren, also
die jüdischen Gemeinden
beschützen, andererseits
aber auch jüdisches Leben
ermöglichen und das Selbstbewusstsein der
Gemeinden fördern.
„Es ist Zeit zu handeln“, betonte auch
Edtstadler, „wenn nicht jetzt, wann dann?“.
Sie selbst koordiniert in der österreichischen
Bundesregierung die Erarbeitung einer Strategie
gegen Antisemitismus, welche in die
Agenden verschiedenster Ministerien vom
Innen- über das Bildungs- bis zum Justizministerium
hineinspielt. Auch die Bekämpfung
von Antisemitismus im Internet werde Thema
sein, hier müsse man sich auch konkrete
Sanktionsmöglichkeiten überlegen, betonte
sie auf Anfrage.
Margaritis Schinas, griechischer Politiker und
Vertreter der Europäischen Volkspartei ist Vizepräsident
der EU-Kommission. Der gebürtige
Grieche ist als Kommissar für die Förderung des
europäischen Lebensstils zuständig für Migration,
Gleichheit und Diversität. Als Von der Leyens
Vize ist er verantwortlich für Bildung und Migration
und koordiniert auch den Dialog mit Kirchen
und Religionsgemeinschaften. Bei ihm angesiedelt
ist auch die EU-Antisemitismusbeauftragte
Katharina von Schnurbein, die sich mit ihrem
Team seit 2015 intensiv um die Thematik des
wachsenden Antisemitismus kümmert.
Karoline Edtstadler war von Juli 2019 bis
Jänner 2020 Mitglied des Europäischen Parlaments,
sowie ebendort ÖVP-Delegationsleiterin.
Seit Jänner 2020 ist sie Bundesministerin für
EU und Verfassung im Bundeskanzleramt der
Republik Österreich.
4 insider März 2020