Gebirgsfreund Nr. 1/2020
Eine unabhängige Vereinszeitschrift für Bergfreunde und Naturgenießer. Wir informieren mit einzigartigen Berichten und Aufnahmen und machen Lust auf Natur und das Erlebnis Berg. Vordergründig dabei sind immer die Themen Sicherheit und Naturbewusstsein.
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Gebirgsfreund | Umwelt | Bericht & Naturschutz
Höchster Berg Irans
Damavand
Die Besteigung des Damavand aus zwei Perspektiven. Im Juli 2019
reisten Isabell Kellerer-Pirklbauer und Michael Suen anlässlich
eines ökologischen Projektes in den Iran. Nach guter Akklimatisation
durch die Besteigung von vier Viertausendern und die Bekanntschaft
des Iraners Yaghob Afsharian bot sich die Besteigung des
höchsten Berges im Iran an.
Damavand, der rauchende Berg,
ist mit 5.671 m Höhe ein nationales
Symbol und ein heiliger
Berg. Der Vulkan mit seiner Rauchfahne
über dem Gipfelkrater liegt etwa
70km ost-nordöstlich von Teheran
entfernt. Die Besteigung ist populär,
auf allen Seiten möglich und über die
Südflanke am einfachsten. Diesen Weg
wählten auch die gebürtige Oberösterreicherin
und der ambitionierte Südtiroler,
die beide mit Herz und Seele
in den Bergen unterwegs sind. Dass es
gewisse Erfahrung, Trittsicherheit und
Höhentauglichkeit braucht, war den
beiden bewusst – doch es gibt mehr,
das man mitbringen sollte oder mit
nachhause bringen darf.
Gebirgsfreund (GF): Michael, du
warst bereits in Südamerika auf einem
Sechstausender unterwegs. Wie war für
dich die Tour auf den Damavand?
MICHAEL: Der Damavand hat mich
überrascht. Ich dachte zunächst, wir wären
gut akklimatisiert und der Aufstieg
würde für meine Partnerin Isabell und
mich keine große Anstrengung bedeuten.
Es war dann doch kein Honiglecken und
mit zunehmender Höhe wurde es wirklich
mühsam. Dennoch war die Bergtour
für mich ein besonderes Erlebnis.
GF: Und für dich Isabell, war Irans
höchster Gipfel ebenfalls deine höchste
Bergtour?
ISABELL: Ja, so ist es. Ich war 2014 in
Nepal am Annapurna Base Camp auf
4.130 m Höhe und hab auf die umliegenden
Achttausender mit großem
Respekt hinaufgeschaut. Nun im Iran
hab‘ ich von 5.671 m Höhe mit Demut
hinuntergeblickt.
GF: Ihr habt den Gipfel dennoch „bezwungen“,
welch ein Gefühl kam dabei
hoch?
ISABELL: Erleichterung oben zu sein,
aber auch Erschöpfung. Der Übergang
bei dieser Tour zwischen Forderung
und Überforderung war fließend.
MICHAEL: Ich war glücklich, am
Gipfel zu stehen und mir war so, als
wären alle Anstrengungen wie weggeblasen.
Ich hatte auch auf den letzten
200 Höhenmetern schon so etwas wie
ein Hochgefühl, welches mir das Gehen
ganz leicht machte.
GF: Ihr habt euch über zwei Wochen
gut akklimatisiert und wart gut ausgerüstet
für die Tour…
Isabell und Michael am Gipfel
MICHAEL: Das kann man schon
sagen, auch wenn die Höhe der übrigen
Berge im Vergleich zum Damavand
sehr niedrig ist, hatten wir doch
mehrmals Schlafhöhen knapp unter
Viertausend.
ISABELL: Ja, da wären wir beim Punkt:
Es braucht mehr als Akklimatisation.
Mir hat der Damavand gezeigt, dass ich
nicht ausreichend auf meine Bedürfnisse
eingegangen bin: Pause machen,
wenn ich es brauche; das Tempo gehen,
das mir bekommt. Ich sage heute:
Mein ÜberIch war eine strenge innere
Antreiberin, die meinen Körper nicht
fragte, ob es ihm gut geht.
GF: Würdest du dem also nicht zustimmen,
dass körperliche Anstrengung
beim Bergsteigen psychisch entlastet?
ISABELL: Ich bin als Bewegungstrainerin
stark für Bewegung, die auch
anstrengend sein darf und positive
gesundheitliche Aspekte beinhaltet,
aber man darf nicht vergessen inne zu
halten, zu spüren und sich ehrlich zu
fragen: Passt das jetzt noch für mich?
GF: Wie siehst du das Michael, als
erfahrener Bergsteiger?
MICHAEL: Eigentlich sehe ich das
auch so und versuche, vor allem wenn
ich mit Gruppen unterwegs bin, mich
und andere nicht zu überfordern. Wichtig
dabei zu erkennen ist, dass jeder an-
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