April 2020 - coolibri Hamm, Unna, Hagen
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KUNST<br />
LaurenzBerges, Herr Scholz, 2017<br />
Foto: ©Laurenz Berges /VGBild-Kunst, Bonn <strong>2020</strong><br />
Durch die Ruinen<br />
BOTTROP|DasJosef AlbersMuseumQuadrat Bottrop präsentiertnoch bis Anfang Mai 75 großformatige Prints vonLaurenz Berges.<br />
Er zeigt eine abgewandteSeite Duisburgs, dieauf Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen verweist.<br />
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LaurenzBerges, Matena,2010<br />
Foto: ©Laurenz Berges /VGBild-Kunst, Bonn <strong>2020</strong><br />
Kaiser-Wilhelm-Straße 391inDuisburg:ein<br />
Haus in Marxloh, vielleicht Gründerzeit, blau gefliesterEingangsbereich.Die<br />
eierschalenfarbene<br />
Fassadeist vomDreck derJahre bedeckt.<br />
Eingeschlossener Rolladenist zu sehen, ebenfalls<br />
miteiner Patina versehen.InGedanken<br />
wandert derZeigefingerauf denRolladenzu, um<br />
denDreck an einerStellezuspüren.<br />
Dieser Gebäudebereich istdem Fotografen Laurenz<br />
Berges aufeiner seiner vielen ErkundungstoureninDuisburgaufgefallen;<br />
in seinem VW-<br />
Bulli durch dieStadt fahrend. Diesperrige Großformatkamera<br />
immer dabei. Er fährt, bisdie Entscheidungfür<br />
einMotiv spontanfällt–so wie<br />
es auch im marodenMatenatunnel in Duisburg-<br />
Bruckhausen gewesenseinmuss. Aufseiner<br />
Fotografie istein unausgewogenesZusammenspiel<br />
derFormenund Materialien sichtbar:nackte<br />
Holzbalken,eineaufgebrochene Straßendecke,<br />
diedas ältere Kopfsteinpflasterwiederfreigibt,<br />
modrig wirkende Wasserfleckenund quadratische<br />
Fliesenresteanden Wänden. Doch der<br />
mittlerweile mitSandverfüllte Tunnel offenbart<br />
aufder 2010 entstanden Arbeit nebender chaotischwirkendenKompostiondes<br />
Verfalls auch<br />
eine Erinnerungandie Zukunft: Dieruinösen<br />
Resteverweisen an eine Zeit,als dieSchwerindustriedie<br />
wirtschaftlicheBasis Duisburgsbildete<br />
unddas Fundamentfür eine vitale Industriestadt<br />
mithoher Lebensqualität war.<br />
Seit über zehn Jahrenzieht es Laurenz Berges<br />
immer wieder nachDuisburg,vornehmlichzu<br />
deneinstigen Standortender Schwerindustrie:<br />
Bruckhausen,Marxloh,Beeck. Bereitsfür andere<br />
Projekte wählte er vernachlässigteOrtemit<br />
historischer Bedeutung: seienesehemalige Kasernen<br />
in Ostdeutschland oder Geisterdörfer<br />
wieEtzweiler,die durch denBraunkohleabbau<br />
entstanden sind.Dochseine Bilder bleiben kommentarlos<br />
–sie sprechen für sich.Das giltauch<br />
für dieabgebildetenInnenräumeaus Duisburg,<br />
Details vonArchitektur oder Fragmenteder Natur–<br />
selten sind Menschenzusehen.Inseinen<br />
Bilderngehtesdaher nieumeinekonkrete Darstellung<br />
sozialer Fehlentwicklungen. Berges interessiert<br />
vielmehr,wie die‚Dinge‘imBildsprechendgemacht<br />
werden können, um eine Erfahrungsdimension<br />
nachvollziehbarwerdenzulassen.<br />
DieseArbeitsweisehat er vonBernd und<br />
HillaBecherübernommen, beidenen er in den<br />
1990ernander DüsseldorferKunstakademie<br />
studierte, worauf eine Assistenzbei derNew<br />
Yorker Fotografin Evelyn Hoferfolgte.<br />
DieBeschäftigungmit Duisburg begann für Bergesmit<br />
derTeilnahme an derAusstellung „Ruhrblicke“imRahmen<br />
vonRuhr.2010.Erund weitere<br />
namhafte Fotografen zeigtenimKulturhauptstadtjahrihreEindrücke<br />
vomRuhrgebiet.Mit<br />
„4100Duisburg.Das letzteJahrhundert“sind<br />
jetzt75großformatigePrints derletzten zehn<br />
JahreinBottrop versammelt, dievon Vergänglichkeit<br />
undSchwermut zeugen.Dochdas Marode<br />
undVerfallenehat auch eine schöne Seite.<br />
Befreitvom ursprünglichenNutzen lassen sie<br />
Raum fürden Blickauf eine bildlicheSchönheit,<br />
diesichdurch dasZusammenspiel vonLicht<br />
undFarben ergibt. Stefanie Roenneke<br />
LaurenzBerges. 4100 Duisburg.Das letzte<br />
Jahrhundert: bis3.5.<strong>2020</strong>, Josef Albers<br />
Museum Quadrat Bottrop; bottrop.de/mq