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Land & Leben Ausgabe April

Die Aprilausgabe 2020. Trotz Corona gehaltvoll, informativ und unterhaltsam...!

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REGIONALE BERICHTE<br />

MIT den <strong>Land</strong>wirten reden<br />

und nicht ÜBER sie… Wir trafen uns mit Lesern, <strong>Land</strong>wirten und Politikern<br />

Im Februar hatten wir einen Vor-Ort-Termin<br />

auf einem Westertimker Bauernhof durchgeführt.<br />

Grund war unser Eindruck, dass die<br />

beteiligten Parteien – <strong>Land</strong>wirte, Bürger und<br />

Politiker (den Handel hatten wir noch gar<br />

nicht bedacht) – mehr miteinander kommunizieren<br />

müssen, um die auf der Hand liegenden<br />

Probleme zu erörtern und Lösungsansätze<br />

zu schaffen. Also trafen wir uns mit<br />

den beiden <strong>Land</strong>wirten Markus Sparre, seiner<br />

Frau Jennifer Schröter-Sparre, Johannes<br />

Otten, Marco Mohrmann (<strong>Land</strong>tagsabgeordneter<br />

CDU und Bürgermeister von Rhade),<br />

Jochen Albinger (ehrenamtlicher Bürger -<br />

meis ter von Bülstedt,<br />

SPD, Inhaber eines<br />

Meisterbetriebs für<br />

Isolierungen), Volker<br />

Kullik (Kreistagsmitglied,<br />

SPD, Ausschuss<br />

für Umwelt<br />

und Planung) und einigen<br />

interessierten<br />

<strong>Land</strong> & <strong>Leben</strong>-Lesern<br />

auf dem Hof von<br />

Markus Sparre in<br />

Westertimke zum<br />

Meinungsaustausch.<br />

Der studierte <strong>Land</strong>wirt<br />

Markus Sparre<br />

führt den Hof in der<br />

elften Generation gemeinsam<br />

mit seiner<br />

Frau, der Erzieherin<br />

Jennifer Schröter-<br />

Sparre ganz im Sinne<br />

des Tierwohls. Sie<br />

züchten Highlandcattle-Rinder<br />

und „Bunte Bentheimer <strong>Land</strong>schweine“,<br />

ganzjährig in Freilandhaltung.<br />

Der Hof ist aber kein Bio-Hof, das erklärte er<br />

eingangs so: „Gerade unser Schweinefleisch<br />

ist vom Tierwohl bedeutend höher als der<br />

Standard im ökologischen <strong>Land</strong>bau. Wo im<br />

konventionellen <strong>Land</strong>bau ein 100-kg-Schwein<br />

gesetzlich einen Platzbedarf von 1 m² zur<br />

Verfügung haben muss, ist es im ökologischen<br />

<strong>Land</strong>bau mit ca. 2,2 m² nicht sonderlich<br />

besser. Unsere Schweine haben ca. 80<br />

bis 120 m² zur Verfügung, allerdings nicht<br />

im Stall, sondern in ihrem Gehege. Dort können<br />

sie wühlen, sich suhlen, in der Sonne<br />

faulenzen und sich sehr viel bewegen.<br />

Außerdem schlachten wir ausschließlich in<br />

kleinen handwerklichen Betrieben. Großschlachtereien<br />

kommen bei uns nicht in Frage.<br />

Bioschweine hingegen werden i.d.R. in<br />

Großschlachtereien geschlachtet, wo auch<br />

konventionelle Schweine geschlachtet werden.“<br />

24<br />

Sparres Freund und Nachbar Johannes Otten<br />

betreibt einen großen konventionellen<br />

Schweinemastbetrieb. Wir fragten uns, wie<br />

das zusammenpasst – Johannes Otten: „Bei<br />

den aktuellen Protesten halten die verschiedensten<br />

<strong>Land</strong>wirte zusammen, egal ob Bio,<br />

konventionell oder nachhaltig aufgestellt,<br />

denn das Grundproblem betrifft alle <strong>Land</strong>wirte<br />

– gerade in unserer Region. Die starre<br />

Haltung der Politik, die EU-Anweisungen<br />

nun umgehend umzusetzen, zeugt von einer<br />

langen Phase des Nichts-Tuns und trifft<br />

eben fast alle Bauern, die nun auf ihre Probleme<br />

aufmerksam machen (müssen).“<br />

Das sieht übrigens auch der niedersächsische<br />

Umweltminister Olaf Lies so, der<br />

jüngst bei „agrarheute“ folgendermaßen zitiert<br />

wurde: „Wir sind mitten drin in ei -<br />

nem Vertragsverletzungsverfahren. Die EU<br />

schaut jetzt sehr viel kritischer auf die Nitratsituation,<br />

auch in Niedersachsen. Wenn<br />

wir nicht deutlich machen können, dass<br />

wir die Situation im Griff haben und sie<br />

verbessern, drohen erhebliche Vertragsstrafen.<br />

Wir haben also gar keine andere<br />

Wahl, wir müssen den Balanceakt hinkriegen:<br />

Das Wirtschaften muss sich für <strong>Land</strong>wirte<br />

lohnen und das Grundwasser geschützt<br />

werden.“<br />

Dass eigentlich alle <strong>Land</strong>wirte an Nachhaltigkeit<br />

interessiert sind, da sie ja ihre Ländereien<br />

und Höfe weitervererben möchten,<br />

leuchtet ein und hier wurde bei dem Gespräch<br />

ein weiterer Punkt geklärt: Die <strong>Land</strong>wirte<br />

haben es satt, zum Buhmann gemacht<br />

zu werden und sind durchaus bereit für Änderungen<br />

– nur sollte man ihnen einen breiteren<br />

Handlungsspielraum einräumen und<br />

nicht stur nach Gesetzeslage agieren.<br />

Marco Mohrmann machte klar, dass die Lage<br />

wirklich schwierig und verworren ist, aber<br />

allein aufgrund der langen Zeit des Wartens<br />

nun dringender Handlungsbedarf herrscht.<br />

Marco Mohrmann: „Gerade ich weiß, wie<br />

schwer es für die <strong>Land</strong>wirte ist und möchte<br />

auch im <strong>Land</strong>tag mehr für sie tun. Wir brauchen<br />

meiner Meinung nach im Angebot den<br />

Mix, damit die Verbraucher<br />

entscheiden<br />

können, ob sie<br />

nun bio, nachhaltig<br />

oder konventionell<br />

kaufen wollen. Wir<br />

brauchen aber auch<br />

und vor allem mehr<br />

Akzeptanz für angemessene<br />

<strong>Leben</strong>smittelpreise<br />

und das<br />

Geld muss dann<br />

auch noch bei den<br />

richtigen Leuten ankommen<br />

und nicht<br />

im Handel steckenbleiben.<br />

Auch die<br />

Messverfahren sollten<br />

überprüft und<br />

überdacht werden,<br />

wir arbeiten gerade<br />

an einem neuen<br />

Grundwasser-Monitoring,<br />

dem sogenannten<br />

,Basis-Emissionsmonitoring‘,<br />

mit dem die Messungen<br />

verbessert werden sollen.“<br />

Jochen Albinger vertrat im Wesentlichen die<br />

Meinung, dass die Verbraucher und der Handel<br />

mehr Bereitschaft für angemessene Preise<br />

zeigen und die <strong>Land</strong>wirte natürlich umweltschonend<br />

und mit einem Blick auf das<br />

Tierwohl arbeiten sollten.<br />

Die eingeladenen Leser diskutierten angeregt<br />

mit den <strong>Land</strong>wirten und Politikern. Bei uns<br />

entstand der Eindruck, dass sowohl die Bereitschaft<br />

in der Bevölkerung da ist, den Nahrungsmitteln<br />

und ihren Erzeugern mehr<br />

Wertschätzung entgegenzubringen als auch<br />

die Offenheit der <strong>Land</strong>wirte Dinge zu verändern.<br />

Alle Seiten bekräftigten, dass dieser<br />

Termin wichtig und richtig war und in Zukunft<br />

wiederholt werden sollte, um weiter<br />

miteinander im Gespräch zu bleiben. (hg)

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