CMS-Magazin RADAR Nr. 10 April 2020
Die Gletscher schmelzen, die Bäume sterben, der Meeresspiegel steigt, die Erderwärmung nimmt zu: Der Klimawandel bewegt die Menschen. Er treibt manche auf die Strasse, die Stimmberechtigten wählen immer häufiger grüne Parteien, und der Basler Grosse Rat sah sich sogar veranlasst, den Klimanotstand auszurufen. Statt kühlen Kopf zu bewahren, sind die Diskussionen um das Klima und die zu ergreifenden Massnahmen fundamental und oft emotional. Manch einer mag schon gar nichts mehr davon hören. Und jetzt widmet auch noch die Christoph Merian Stiftung (CMS) ihre neueste RADAR-Ausgabe dem Thema Nachhaltigkeit … Warum? Ganz egal, ob man in der Klimadiskussion einen Hype sieht oder ein endlich erlangtes Bewusstsein für den Zustand unserer Welt, die Frage bleibt: Was bedeutet der Klimawandel für eine Stiftung wie die CMS? Was kann sie tun? Was muss sie tun? Was tut sie bereits? Die Antworten darauf sind vielfältig. Davon handelt das vorliegende RADAR, das nicht auf die soziale oder ökonomische, sondern eben auf die ökologische Nachhaltigkeit fokussiert.
Die Gletscher schmelzen, die Bäume sterben, der Meeresspiegel steigt, die Erderwärmung nimmt zu: Der Klimawandel bewegt die Menschen. Er treibt manche auf die Strasse, die Stimmberechtigten wählen immer häufiger grüne Parteien, und der Basler Grosse Rat sah sich sogar veranlasst, den Klimanotstand auszurufen. Statt kühlen Kopf zu bewahren, sind die Diskussionen um das Klima und die zu ergreifenden Massnahmen fundamental und oft emotional. Manch einer mag schon gar nichts mehr davon hören. Und jetzt widmet auch noch die Christoph Merian Stiftung (CMS) ihre neueste RADAR-Ausgabe dem Thema Nachhaltigkeit … Warum? Ganz egal, ob man in der Klimadiskussion einen Hype sieht oder ein endlich erlangtes Bewusstsein für den Zustand unserer Welt, die Frage bleibt: Was bedeutet der Klimawandel für eine Stiftung wie die CMS? Was kann sie tun? Was muss sie tun? Was tut sie bereits? Die Antworten darauf sind vielfältig. Davon handelt das vorliegende RADAR, das nicht auf die soziale oder ökonomische, sondern eben auf die ökologische Nachhaltigkeit fokussiert.
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Im Dilemma
Nachhaltig
für die
Nachkommenden
Nachhaltigkeit, nachhaltiges Denken und Handeln
gehören zu den Kernaufgaben der Christoph Merian
Stiftung (CMS). Und dies nicht erst seit gestern, sondern
seit 1857. «Mein Wille ist es, dass das Capital
ganz erhalten werde, und nur die Zinsen und der
Ertrag der Güter für wohltätige und nützliche städtische
Zwecke jährlich verwendet werden sollen
[...].» Mit diesem Satz in seinem Testament verpflichtete
Christoph Merian die Verantwortlichen
seiner Stiftung zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung
des Stiftungsvermögens. Dahinter stand sein
Wunsch, «dass diese Stiftung auch noch spätern
Generationen durch Gottes Segen und die Einsicht
der Behörden zum Nutzen und Frommen dienen
möge». In diesem ebenso ökonomischen wie philanthropischen
Kontext bedeutet «nachhaltig»,
das Vermögen im Sinne eines auf ewig angelegten
Stiftungszwecks zu erhalten und darüber hinaus
mit Blick auf die Inflation auch zu mehren.
Christoph Merian hat sich aber nicht nur zur
Nachhaltigkeit bei der Vermögensbewirtschaftung
geäussert, sondern sich auch mit Weitblick für eine
nachhaltig wirkende Förderung ausgesprochen:
Zukunftsoffen enthielt er sich einer einengenden
Zweckbestimmung, um eine «bessere und zeitgemässere
Verwendung der Mittel» nicht zu vereiteln.
Bloss, was bedeutet Nachhaltigkeit heute, wo der Begriff
inflationär verwendet und damit oft verwässert und
weichgespült wird? Und wie soll sich eine Stiftung wie
die CMS konkret nachhaltig verhalten? Wie kann sie sich
in der Klimadiskussion engagieren, wie in ihrem Handeln
vorbildlich sein? Welchen Beitrag kann sie zum Schutz
der Umwelt leisten?
Hier beispielhaft ein paar wenige Fragen, wie sie sich für
uns im Alltag stellen:
• Wie gross ist eigentlich der CO 2 -Ausstoss der CMS-
Immobilien? Wie kann dieser technisch verringert
werden? Wie kann die Reduktion finanziert werden,
ohne dass die Erträge darunter leiden?
• Wie verhält es sich mit der Mobilität? Soll die Stiftung
konsequent auf elektrische Fahrzeuge setzen? Kann
sie mit Fördermitteln ein Benzinauto einer Behindertenorganisation
finanzieren oder müsste sie nicht
darauf bestehen, dass die Partnerorganisation ein
Elektroauto anschafft?
• Wie gehen wir mit Pächtern landwirtschaftlicher
Flächen um? Die Gutsbetriebe der Stiftung werden
allesamt mit dem Knospe-Label biologisch bewirtschaftet.
Können oder müssen wir dies nicht auch von
Dritten verlangen?
• Dürfen wir nach Kopenhagen fliegen, um uns Beispiele
von sozialem Wohnungsbau anzuschauen?
• Wie sollen wir unsere Wälder im Sinne der Nachhaltigkeit
bewirtschaften?
• Welche nachhaltigen Kriterien wenden wir bei den
Finanzanlagen an? Kann man, soll man zum Beispiel
in Nestlé-Aktien investieren? Welches Nachhaltigkeitsprodukt
welcher Bank kann garantieren, dass es nur in
Firmen investiert, die rundum nachhaltig sind? Und
was würde dies für die Renditeerwartung bedeuten?
• Wie können wir leben, was wir postulieren?
Die Liste der offenen Fragen könnte leicht verlängert
werden. Aber schon die wenigen Beispiele führen mitten
ins Dilemma der CMS: Wie kann der Spagat zwischen
klimaneutralem, nachhaltigem Verhalten und einer im
Dienst der Philanthropie stehenden Vermögensbewirtschaftung
gelingen? Um es vorwegzunehmen, wir haben
kein Patentrezept. Aber wir haben einen Prozess gestartet,
um nicht nur unser Denken, sondern vor allem unser
Handeln auf Nachhaltigkeit einzustellen. Gemeinsam mit
einer externen Beratungsfirma untersuchen wir in den
drei Bereichen Vermögensbewirtschaftung, Förderung
und Dienste die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und
ökologischen Dimensionen der Nachhaltigkeit. Daraus
leiten wir jeweils Aussagen zu folgenden Themengruppen
ab: sozialer Zusammenhalt, Diversität, Zielgruppen,
Wirtschaftlichkeit, Kosten und Lebenszyklus, Vermögensbewirtschaftung,
Energie und Klima, Ressourcen und
Umwelt, Natur und Kulturgut. Aus diesen Themengruppen
wiederum ergeben sich konkrete Themen und detailliertere
Unterthemen. Zu jedem dieser Unterthemen
wird ein internes Steuerungsinstrument (Leitbild, Strategie,
Qualitätsmanagement, Beschaffungsgrundlagen,
Energiekonzept, Umweltkonzept) bezeichnet, in dem
Aussagen respektive Verhaltensregeln festgehalten sind.
Das klingt nun sehr abstrakt. Was es konkret bedeutet,
verdeutlicht das folgende Beispiel:
Die CMS hat 2017 ihren Hauptsitz an die St. Alban-Vorstadt
12 verlegt und das historische Vorderhaus bezogen.
Das Hinterhaus, in dem sich bis vor Kurzem die Schulzahnklinik
befand, soll nun für die Stiftung hergerichtet
werden. In Anwendung der Nachhaltigkeitsstrategie
wurde zunächst geprüft, ob der Bau mit vertretbarem
Aufwand saniert werden kann oder abgebrochen werden
muss. Unter Abwägung aller Faktoren entschloss sich die
CMS für einen Neubau, und zwar einen Neubau unter
Verwendung von Buchenholz. Als grosse Waldbesitzerin
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