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BLICKPUNKT.
Genau darum geht es, das klar zu erkennen
und zu unterscheiden, wenn
wir uns äußern.
In Krisen wie der Corona-Pandemie
sind auch die Kirchen gefragt, zum
Beispiel wenn es darum geht abzuwägen,
was schwerer zählt: den
Zugang zum Gesundheitssystem
für Erkrankte offen zu halten oder
die dramatischen Folgen für alle. Es
kann zu einem Entscheidungsdilemma
kommen.
Theil: Ich finde es schwierig, dass
wir in guten Zeiten nicht stärker eine
weltweite Solidartität geübt haben
und ich möchte nicht in der Haut
derer stecken, die Entscheidungen
treffen müssen, die in letzter Konsequenz
Leben kosten.
Erstens: Gutes tun, Böses lassen.
Zweitens: Wenn das Gute nicht klar
ist, dann das geringere Übel wählen.
Drittens: Es kann geboten sein, bewusst
ein Übel zu setzen, um ein viel
größeres zu verhindern. So haben
die Christen des 20. Juli auch den
Tyrannenmord gerechtfertigt.
Und wenn man nicht weiß, was das
größere, was das kleinere Übel ist?
Theil: Dann hilft mir das Gebet und
der Dialog mit Menschen, um klarer
zu erkennen und dass daraus hoffentlich
ein geisterfülltest Handeln
wird, das nicht aus Angst, sondern
aus Vertrauen gespeist ist.
Interview: Gerd Henghuber
Ude: Ich sehe das sehr ähnlich. Natürlich
lässt sich das Ja zum Leben
nicht abwägen, kein materieller Vorteil
rechtfertigt eine Alternative. Was
aber ist, wenn wir über wirtschaftliche
Zustände reden, die auch Leben
kosten? Welcher Weg der richtige ist,
ist eigentlich keine religiöse Frage,
sondern rationale Abwägung der viel
gescholtenen Politiker, die, wie wir
jetzt sehen, gar nicht so schlecht
sind.
Theil: Ich meine schon, dass das
eine religiöse Frage ist, auch wenn
uns reine Gesinnungsethik sicher
nicht weiterhilft. Aber es gibt aus
der christlichen Ethik folgenden Dreischritt
für richtige Entscheidungen:
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