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LA Spicker 2010

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Von der Ostalb nach Kunduz<br />

Helmut G. Palmer berichtet von seinem<br />

viermonatigen Aufenthalt in Kunduz/Afghanistan<br />

Am Anfang waren es nur Träume und binnen kurzer Zeit<br />

wurde es zur Realität. Trotz meiner 44 Jahre und einiger<br />

Gegenstimmen aus meinem Umfeld hatte ich mich für<br />

einen Einsatz in Kunduz/Afghanistan entschlossen, einem<br />

der Krisenherde auf dieser Welt. Selbst die dortige<br />

Sicherheitslage schreckte mich nicht ab. Für mich war<br />

es ein humanitärer Einsatz. Es war für mich auch eine<br />

Reise ins Ungewisse. Was wird mich erwarten? Wie<br />

sieht es dort aus? Kann ich dort auch bestehen? Alles<br />

Fragen, auf die ich vorher keine Antwort wußte. Nur<br />

eines war gewiß, daß meine Familie hinter meiner Entscheidung<br />

stand. Auch seitens des <strong>LA</strong>C Essingen fand<br />

ich Unterstützung, da ich mitverantwortlich war für die<br />

Organisation und Durchführung von Veranstaltungen,<br />

ebenso die Schwarzfeldschule Dewangen wo ich die<br />

Funktion des Elternbeirats inne hatte.<br />

Am 17. März 2009 war es soweit, und es gab kein Zurück<br />

mehr. 5.000 km fern der Heimat, und das für vier<br />

Monate. Schnell fand ich mich mit der neuen Situation<br />

zurecht. Der Sport half mir dabei. Ich konnte im Lager<br />

Laufen auf einer sogenannten „Lagerrunde“, und rund<br />

um die Uhr in einem ansprechenden Fitneßraum meine<br />

Muskeln stählen.<br />

Auch begann ich ein Tagebuch zu schreiben. Hier eine<br />

kurze Zusammenfassung davon:<br />

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich im Atrium<br />

meines Unterkunftsgebäudes im PRT Kunduz, es ist<br />

Dienstunterbrechung für mich, andere Kameraden haben<br />

meinen Schichtdienst übernommen. Ich kann den<br />

afghanischen Sonnenuntergang sehen, meine Gedanken<br />

sind bei meiner Familie.<br />

Ich habe bereits nach der kurzen Zeit gelernt daß ich<br />

in keinem Besatzerlager Dienst tue, sondern in einem<br />

Wiederaufbau-Team (PRT=Provicial Restruction Team)<br />

arbeite. Neben diesem Lager gab es auch noch andere<br />

wie Feyzabad oder Masar-i-Sharif, um nur einige zu<br />

nennen. Jedes dieser Feldlager ist eine kleine Stadt<br />

für sich, organisiert wie ein Mikrokosmos. Neben den<br />

Schutz- und Einsatzkräften müssen Versorgung, Verpflegung<br />

und Verwaltung sichergestellt werden. Auch die<br />

medizinische Versorgung gehört natürlich zum Feldlagerbetrieb<br />

mit Notaufnahme, Zahnärzten und Pflegestation,<br />

wo ich selbst arbeite. Ich bin nun seit Mitte März<br />

hier in Kunduz und kann schon jetzt auf eine sehr interessante<br />

Zeit zurückblicken.<br />

Nach der Einweisung in das Feldlager konnte ich meine<br />

neue Unterkunft in einem Zimmer im Atrium beziehen,<br />

wo schon drei andere Kameraden wohnten. Atrien sind<br />

hier die festen Unterkunftsgebäude, angeordnet im Karree<br />

um einen Innenhof mit Pflanzen, geschützt gegen<br />

Raketenbeschuß. In solchen Zimmern muß sich halt<br />

jeder ein wenig einschränken, und ich wußte bereits<br />

vorher, daß ich kein Einzelzimmer bekommen würde.<br />

Jeder Soldat hat im Einsatz erhebliche Einschränkungen<br />

zu ertragen, angefangen von der fehlenden Privatsphäre<br />

durch die räumliche Situation bis hin zu den sanitären<br />

Einrichtungen, wo man eigentlich immer gemeinschaftliche<br />

Toiletten und Duschen benutzt.<br />

Andere Neuankömmlinge mußten die ersten Nächte<br />

in einem der Übergangszelte verbringen, die aber sehr<br />

komfortabel ausgerüstet waren. Dies ist aber normal<br />

bei einem Kontingentswechsel wegen der Überschneidung<br />

und Personalablösung.<br />

Die ersten Tage fühlte ich mich wie ein Schwamm, der<br />

alles in sich aufnahm, was er nur kriegen konnte. Es war<br />

zwar sehr anstrengend, aber auch interessant. Mein<br />

Aufgabengebiet hatte ich rasch erfaßt. Meine Aufgabe<br />

ist es, den erkrankten oder verwundeten deutschen und<br />

afghanischen Soldaten zu helfen.<br />

Die Ausbildung und Unterstützung der afghanischen<br />

Sicherheitskräfte gehört zu den Kernaufgaben der ISAF-<br />

Truppen hier im Land. Durch schrittweises Heranführen<br />

an die Aufgaben von Armee und Polizei soll so innerhalb<br />

der nächsten Jahre die Verantwortung für die Sicherheit<br />

in afghanische Hände gelegt werden.<br />

Unter den Patienten sind auch immer wieder Kinder,<br />

was als dreifacher Vater immer eine besondere Situation<br />

ist. Für mich hatte es somit auch Strukturen<br />

eines humanitären Einsatzes. Rasch wurde hier in der<br />

Klinikgruppe meine Fähigkeit als Lehrrettungsassistent<br />

entdeckt, und so führe ich in regelmäßigen Abständen<br />

Fortbildungen zusammen mit anderen Kameraden für<br />

das Projekt „Kinderberg“ durch.<br />

„Kinderberg“ ist eine private Organisation zum Aufbau<br />

von Rettungs- und Krankenstationen in Entwicklungsländern,<br />

die auch hier in Afghanistan tätig ist. Vor allem<br />

hier stelle ich immer wieder fest, daß die Afghanen sehr<br />

dankbar sind, sich auch über Kleinigkeiten unglaublich<br />

freuen und wir haben immer ein sehr respektvolles Miteinander.<br />

Zum Alltag im Feldlager: Ich lernte rasch das PRT kennen<br />

und wußte meinen Tagesablauf zu organisieren.<br />

Essen in der Kantine, Wäscheservice und das Verhalten<br />

bei Raketenalarm, auch Bunkeralarm genannt. Bei<br />

vermutetem Beschuß des Feldlagers muß sich jeder in<br />

geschützte Unterkünfte begeben, zu denen glücklicherweise<br />

auch die meisten Büros und Unterkünfte gehören.<br />

Für den täglichen Bedarf gibt es den kleinen Kaufladen,<br />

wo man sich in einem kleinen, aber feinen Sortiment<br />

alles kaufen kann, was man so braucht. Das Motto in<br />

diesem Laden lautet: „Wir haben alles was Sie brau-<br />

<br />

HAIR Affair<br />

...ihr Friseur<br />

Stefanie Vrlic<br />

Inhaberin<br />

Bahnhofstraße 60 Telefon 07365 964291<br />

73457 Essingen Telefax 07365 964293<br />

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