LA Spicker 2010
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chen, was wir nicht haben, brauchen Sie auch nicht.“<br />
Wie treffend es doch immer wieder war. Ich komme bis<br />
jetzt mit diesen grundlegenden Dingen hervorragend<br />
aus und ich vermisse nichts. Im Betreuungsgebäude<br />
„Lummerland“ kann man in der kurzen freien Zeit etwas<br />
abschalten, sich sportlich betätigen oder über das<br />
Internet Kontakt nach Hause halten. Der Sport hier in<br />
Kunduz ist ein wichtiger Bestandteil für mich geworden.<br />
Er hilft mir sehr. Während dieser Zeit konnte ich auch<br />
sehr viele Dinge verarbeiten, konnte Abstand gewinnen<br />
und auch neue Kraft tanken, selbst bei 64 Grad in der<br />
Trainieren und Kraft tanken<br />
Sonne und 42 Grad im Schatten. Desweiteren hatten<br />
wir die Gottesburg, wie sich die Kirche nennt, hier lädt<br />
der Militärpfarrer regelmäßig ein, die Seele etwas baumeln<br />
zu lassen.<br />
Während meiner Zeit hier habe ich gelernt, mit weniger<br />
Annehmlichkeiten auszukommen, Dinge die in Deutschland<br />
selbstverständlich sind. Ich lerne viele Menschen<br />
kennen, Afghanen und Deutsche, vor allem die Ärzte in<br />
unserer Klinikgruppe, denn diese bleiben oft nur für vier<br />
Wochen, kommen dafür aber öfter über das Jahr verteilt.<br />
Dies ist nichts Neues für uns, da es im Rettungsdienst<br />
immer zu hohem Personalaustausch kommt.<br />
Was ich in diesem Einsatz auch wieder neu gelernt<br />
habe, ist Zuversicht. Ich lernte dies von einem jungen<br />
afghanischen Soldaten, der bei einem Anschlag beide<br />
Beine verloren hatte. Trotz seines Schicksals machte er<br />
einen zuversichtlichen Eindruck. Ich hörte ihn nie wirklich<br />
klagen und er nahm sein Schicksal an und versuchte<br />
das Beste daraus zu machen. Ich könnte noch viel mehr<br />
positive Beispiele aufzeigen. Wie es positive Seiten gibt,<br />
so gibt es auch negative. Sehr belastend ist für mich die<br />
lange Trennungszeit von meiner Familie, jetzt über drei<br />
Monate. Durch die vielen Telefonate, Briefe, E-Mails<br />
und Pakete haben wir es bisher sehr gut geschafft. In<br />
den Paketen schicken mir meine Frau und auch Freunde<br />
immer wieder Kinderkleider und Spielzeug, welches ich<br />
dann auf der Station einsetze oder auch der Stiftung<br />
„Kinderberg“ zukommen lasse. Jeder in der Familie, sei<br />
es meine Frau oder auch meine drei Kinder, haben sich<br />
gegenseitig unterstützt und somit auch mir geholfen,<br />
diesen Einsatz so positiv zu bewältigen. Denn wenn zu<br />
Hause alles in Ordnung ist, hat man eine große Sorge<br />
weniger und kann sich gänzlich auf den Einsatz hier vor<br />
Ort konzentrieren.<br />
Der Einsatz ist bisher gut verlaufen und war in jeder<br />
Hinsicht eine große Bereicherung für mich. Ich sehe hier<br />
täglich, welch große Dinge von jedem einzelnen Soldaten<br />
verlangt werden, dennoch habe ich niemanden<br />
besonders klagen gehört.<br />
Mittlerweile ist die afghanische Sonne untergegangen,<br />
morgen wird wieder ein langer Tag. Ich gehe nun<br />
schlafen in mein Vier- Mann-Zimmer; mit den Gedanken<br />
an meine Familie und Freunde in Deutschland und mit<br />
der Überzeugung, daß meine Kameraden und ich hier<br />
einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes<br />
leisten.<br />
Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal ganz herzlich<br />
bei meiner Familie und Freunden, vor allem denen des<br />
<strong>LA</strong>C bedanken, daß ich diese Erfahrungen machen durfte.<br />
Denn ohne ein gestärktes Umfeld wäre dies alles<br />
nicht möglich gewesen.<br />
Helmut G. Palmer<br />
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