Schlesischer Gottesfreund
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Leipzig<br />
Grimma<br />
Oschatz<br />
Kamenz<br />
Bautzen<br />
sen vermag, wird schnell erfassen, daß es hier um mediale<br />
Aufbereitung des Untertitels geht: Bewegung und Begegnung<br />
auf der „Straße”, einst und jetzt. Dank eines elektronischen<br />
„Führers” in Form eines leicht zu bedienenden<br />
Abspielgerätes und eines Ohrhörers herrscht angenehme<br />
Ruhe. Dennoch, ich hätte mir gewünscht, daß der Beginn<br />
des Rundgangs etwas weniger sachlich ausfällt, daß auch<br />
dem etwas geboten wird, der Freund alter Seh- und<br />
Wahrnehmungsgewohnheiten ist.<br />
2. Untergeschoß – Fundament<br />
Durchaus passend ist der Titel für diesen Teil der Exposition<br />
gewählt, denn er befindet sich sozusagen im ältesten<br />
Teil des Kaisertrutzes – zwischen den Mauern seines<br />
Fundamentes. Gedämpftes Licht empfängt den Besucher,<br />
aus versteckten Lautsprechern ertönt das Gerassel von Ketten,<br />
das Klopfen von Werkzeugen und polterndes Räderrattern.<br />
In sarkophagähnlichen großen Behältnissen sind<br />
Zeugnisse aus der Vorzeit ausgestellt, einfachste Werkzeuge,<br />
archäologische Funde wie ein silberner Münzschatz,<br />
aber auch Steine und Gebäudefragmente. Hier geht<br />
es um’s Fundament im wörtlichen und im übertragenen<br />
Sinne, denn es wird nicht nur über die Besiedlung der<br />
Lausitz und frühe Formen des Handels und Wandels<br />
berichtet, sondern auch ganz konkret über die Enstehung<br />
von Görlitz und die Errichtung des Kaisertrutzes. Leider ist<br />
der Zugang nach unten nicht sehr wegweisend beschildert,<br />
so daß zahlreiche Museumsbesucher, ich gehörte zu ihnen,<br />
diesen an zweiter Stelle zu besuchenden Raum erst am<br />
Ende des gesamten Rundganges aufsuchten.<br />
3. Erstes Obergeschoß – Markt<br />
Folgt man der korrekten Ausstellungsroute – besucht also<br />
nach dem spartanisch ausgestatteten Erdgeschoß das schon<br />
etwas reichlicher bestückte Untergeschoß – ist der Eindruck<br />
beim Betreten der 1. Etage nicht gar so überwältigend.<br />
Da ich aber sofort den Weg nach oben nahm, verschlug<br />
es mir zunächst die Sprache: das, was ich soeben<br />
noch schmerzlich vermißte, gibt es hier in Hülle und Fülle.<br />
Zahlreiche Ausstellungsgegenstände in großzügig geschnittenen<br />
Vitrinen erteilen dem Betrachter im Zusammenspiel<br />
mit dem „kleinen elektronischen Mann” im Ohr<br />
Auskunft über Handel, Gewerbe und Handwerk in den an<br />
der VIA REGIA gelegenen Orten und Regionen. Der<br />
Frage, was und warum etwas auf die „Straße” geschickt<br />
Görlitz<br />
Lauban<br />
Bunzlau<br />
Goldberg<br />
Liegnitz<br />
Der Verlauf der VIA REGIA in Sachsen, der Oberlausitz und Teilen Schlesiens Grafik: ANN, 2010<br />
wurde wird in gleicher Weise nachgegangen, wie der,<br />
warum ausgerechnet Görlitz in dieser Zeit zu einem der<br />
bedeutendsten Handelsplätze zwischen Leipzig und<br />
Breslau heranwachsen konnte. Wenn dem Bergbau hier in<br />
besonders umfänglicher Form Aufmerksamkeit geschenkt<br />
wird – übrigens nicht nur dem sächsischen, sondern auch<br />
dem oberschlesischen – mag das der seinerzeitigen Bedeutung<br />
dieses Wirtschafts- und Handelszweigs sicherlich<br />
angemessen sein, etwas weniger hätte jedoch gewiß nicht<br />
geschadet. Interessant und aufschlußreich ist die Darstellung<br />
der Problematik, die sich allerorten durch die<br />
Verwendung unterschiedlicher Maße, Gewichte, Währungen,<br />
Werte und Gegenwerte ergab. Aber nicht nur Gegenstände<br />
des merkantilen Alltags und Miteinanders erfreuen<br />
das Auge des Besuchers, an zentraler Stelle ist die wundervolle<br />
Marmorplastik „Merkur” des Dresdner Bildhauers<br />
Paul Heermann (1673–1732) aufgestellt.<br />
4. Zweites Obergeschoß – Menschen<br />
Der Ausstellungskatalog bezeichnet diesen Bereich als das<br />
Herzstück der Landesausstellung, da hier Menschen im<br />
Mittelpunkt stehen. Viele Biographien sind hier aufgereiht.<br />
August der Starke reiste auf der VIA REGIA gen Krakau,<br />
recht ungewiß, ob er tatsächlich zum polnischen König<br />
gewählt werden würde. Georg Emerich, der Stifter des<br />
„Görlitzer Heiligen Grabes”, Jakob Böhme, Martin Moller,<br />
Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, Nikolaus Graf von<br />
Zinzendorff, um einige wohlbekannte Namen zu nennen,<br />
finden hier ebenso ihren Platz , wie zahlreiche Rektoren<br />
des Görlitzer Gymnasium Augustum. Letztere gehören<br />
allerdings zu jenen, deren Namen eher unbekannt sind.<br />
Aber liest man diese Biographien, nimmt man deren<br />
Fähigkeiten und ihr Wirken wahr, schämt man sich fast seines<br />
bis dahin für halbwegs gut befundenen Allgemeinwissens.<br />
Inhaltlich wird dieser Teil seinem Anspruch gerecht.<br />
5. Drittes Obergeschoß – Ideen<br />
Es geht um das, was nicht in Wert und Gegenwert die VIA<br />
REGIA passierte, um das, was über die diesseitigen Dinge<br />
hinausgeht. Auch hier ist alles von natürlichem Licht abgeschieden.<br />
Musik des späten Mittelalters begleitet den Besucher<br />
auf dem letzten Abschnitt seiner ‘Pilgerfahrt’ durch<br />
die Landesausstellung. Für den, der sich der Kunst verschrieben<br />
hat, ist das Ziel der Reise erreicht. Nicht nur<br />
Händler und Handwerker bereisten die Welt vorzeiten, son-