Wirtschafts-News I 2020 Rheinhessen
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AUFGEGABELT:<br />
Wunderbares Lesefutter<br />
Ingo Bartsch<br />
OPAKALYPSE<br />
Ein bitterböser Altenheimroman<br />
Literatur, die frei heraus erzählt,<br />
wo wir A****loch sind<br />
Wunderbar frisches Lesefutter, erfreut aufgegabelt<br />
in Rheinland-Pfalz und Hessen.<br />
Unsere Redakteurin Sam entdeckt für Sie<br />
interessante Bücher von Autorinnen und<br />
Autoren aus der Region.<br />
Pointiert und (sprachlich) unverblümt wird<br />
der Leser gemeinsam mit dem kiffenden<br />
Langzeitstudenten Jules eiskalt in die<br />
OPAKALYPSE geschickt. Das „Wirtstier“,<br />
der angesehene Lobby-Anwalt Wicküler,<br />
dreht dem Endzwanziger kurzerhand den<br />
Geldhahn zu. Gemeinsam mit der Erwartungshaltung<br />
seiner gut verdienenden<br />
Freundin Nadja schießt das den bisher in<br />
den Tag lebenden Play-Station-Spieler aus<br />
seiner Komfortzone. Unverhofft findet er<br />
sich bei abgelaufenen Gummibärchen in<br />
einer Zeitarbeitsfirma und genauso schnell<br />
in den Gängen „mit vielen Türen, und hinter<br />
jeder lauert der Schrecken menschlichen<br />
Alterns“. In der Welt des Billiglohns,<br />
und der Knochenarbeit versucht der Protagonist<br />
das Leid mithilfe von<br />
Spezial-Cookies zu lindern.<br />
Menschliche Werte, so erfährt<br />
er, sind – im Zeitalter<br />
der Investoren – nicht viel<br />
Wert. Es geht um Gewinnoptimierung<br />
unter<br />
vorgeblicher Beachtung<br />
aller<br />
Vorgaben und Gesetze. Parallel läuft Nadja<br />
mit seinem besten Freund davon und postet<br />
verliebte Seifenblasenbilder.<br />
Misshandlung, Vernachlässigung, die Frage,<br />
wie das Opfer zum Täter wird, sind genauso<br />
Themen wie Liebe, Vertrauen, Haltung<br />
und Würde. „Jede Tragödie ist auch<br />
eine Komödie“ trifft zweifellos auf die Opakalypse<br />
zu. Der nicht wirklich „bitterböse<br />
Altenheimroman“ liegt viel mehr sehr nah<br />
an der bitterbösen Wahrheit. Dabei enthält<br />
die lesenswerte schwarze Komödie in der<br />
Tradition der investigativen Literatur auch<br />
einen Hauch „Schokolade zum Frühstück“.<br />
Der Debüt-Roman des bei Mainz lebenden<br />
Autors erschien Mitte 2019 bei Piper – seine<br />
Aktualität wird indessen noch ein paar<br />
Jahre anhalten.<br />
„Es wäre schön, wenn solch eine Lektüre<br />
unseren Politikern vorgelegt würde“, kommentiert<br />
ein Leser online.<br />
Ingo Bartsch, seit vielen Jahren Medienschaffender,<br />
studiert derzeit obenauf Soziale<br />
Arbeit an der FH Wiesbaden. Im Zuge<br />
eines Sabbaticals hat er als Zeitarbeitskraft<br />
ein Jahr in einem Altenpflegeheim<br />
gearbeitet und dort einige Steilvorlagen<br />
für sein Erstlingswerk erhalten. Der Autor<br />
ist Lesebühnenveranstalter (die Leselampe,<br />
Dorett Bar, Mainz) und tritt erfolgreich<br />
auf weiteren Lesebühnen in Rhein-Main,<br />
Rhein-Neckar und der Pfalz auf.