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kultur Nr. 165

Magazin der Theatergemeinde BONN - April 2020

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kultur Nr. 165_Kopie von Ausgabe 12.qxd 22.03.2020 22:22 Seite 11

Komödiantische Daseinsberechtigung auf dem Prüfstand

timo Wopp sucht nach dem verlorenen Witz

Menschsein ist schwierig, Künstler sein noch

sehr viel schwieriger. Welche Existenzberechtigung

hat ein Kabarettist schon heutzutage

angesichts alternativer Fakten, die für wahr

gehalten werden, angesichts erodierender

Solidarität und wachsendem Egoismus in der

Filterblase? Was spricht noch ein Publikum an,

das sich potenziell von allem angegriffen fühlt?

Und welche Pointen können in dieser Situation

noch zünden? Diesen Fragen stellt sich timo

Wopp schon seit längerem. Drei Programme

hat er auf der Suche nach der eigenen Daseinsberechtigung

bereits auf die Bühnen der Republik

gebracht, jetzt soll mit „Ultimo“ pünktlich

zum zehnten Bühnen-Jubiläum ein Schlussstrich

unter das Thema gezogen werden.

Wopp hat einen langen Weg hinter sich: Einst

hatte er als erster deutscher Jongleur mit

einem Solo-Vertrag beim Cirque du Soleil die

Leute beglückt, sich dann aber dem Kabarett

zugewandt – und spielte zunächst vor 20 Leuten.

„Manche meiner Bekannten haben mich

deswegen für verrückt erklärt“, erinnert er sich

im Interview. „Aber rückblickend war das meine

beruflich beste Entscheidung.“ Inzwischen

füllt er mit seiner bissigen Satire wieder die Hallen,

indem er seinem Publikum den Spiegel vorhält und die vermeintlichen

Aufreger-Themen hinterfragt. „Es ist schon ein bisschen paradox,

dass wir uns einerseits über alles echauffieren können und andererseits

die Aussagen von Leuten wie Donald Trump gar nicht mehr als Tabubruch

wahrnehmen“, sagt Wopp, der daraus auch Leitlinien für sein eigenes

Wirken ableitet. „Früher war letzteres Aufgabe der Kunst, inzwischen

muss ich mich fragen, ob ich darauf überhaupt noch Lust habe.

Denn wenn ich krampfhaft nach Pointen suchen muss, die keinen

Shitstorm auslösen, lande ich irgendwann bei Gemüse-Witzen.“ Und die

sind wirklich nicht amüsant.

timo Wopp © www.timowopp.de

ße zu gelangen“, weiß er. „Und mitunter

findet man gerade in den Niederungen des

Humors die intellektuellsten Perlen.“ Oder

in den Selbstoptimierungs-Kursen mit den

vermeintlich brillanten Experten, die asoziale

Kompetenz mit präventiver Arroganz

paaren und dem Rest der Bevölkerung raten,

es ihnen gleich zu tun. Entsprechende

Erfahrungen hat der studierte BWLer während

seiner Zeit als Kommunikationsberater

gemacht und schon in seinem ersten

Programm Passion verarbeitet. Jetzt, in

Ultimo, könnte der Coach ein Comeback

erleben, der mit seinen derben Sprüchen

mitunter die Grenzen des guten Geschmacks

unterschreitet. „Ach, wir müssen

heutzutage so viel aushalten, da sollten

ein paar schlechte Witze zu verkraften

sein“, so Wopp. Und wenn doch jemand

daran Anstoß nimmt, dass er sich etwa

über Jesus lustig macht? „Dann hat man

mich falsch verstanden“, sagt dieser. „Ich

will niemanden beleidigen. Ich möchte

aber schon die Frage stellen dürfen, ob Jesus

mit seiner Art heute noch im Prenzlauer

Berg eine Chance gehabt hätte oder ob

er wegen Verhaltensauffälligkeiten ausgelacht

worden wäre.“

kulturPersonen

von Thomas Kölsch

Bei seiner Sinnsuche geht Timo Wopp nicht zimperlich vor, reizt Grenzen

aus und dringt gar in den „Marianengraben des Niveaus“ vor. „Man muss

manchmal das Tal der Lächerlichkeit durchschreiten, um zu wahrer Grö-

Ohnehin ist ein Programm von Timo Wopp immer auch ein Gesamtkunstwerk,

satirisch gebrochen und überzeichnet, ständig an der Grenze

zwischen Fettnäpfchen und political correctness und im Zweifel lieber

zum ersteren als zum letzteren tendierend. „Homöopathisches Kabarett“

hat er das einmal genannt, Klischees bedienend, um sie so zu entlarven.

Dabei ist es ihm wichtig, dass zunächst einmal über ihn gelacht

wird. Und nicht über andere. „Ich mag es nicht, die Blödheit anderer zu

benennen und mich dann darüber lustig zu machen“, gesteht er. „Ich

muss mich immer fragen, ob ich auch Teil dessen bin, worüber gelacht

wird, denn ich muss das ja ebenfalls ertragen können. Ich richte die Waffe

der Satire daher in erster Linie auf mich selbst.“

timo Wopp gastiert mit seinem Programm „timo Wopp - Auf der Suche nach dem verlorenen Witz“ (nach heutigem Stand)

am 6. mai im Pantheon. restkarten für mitglieder gibt es auch bei der theatergemeinde.

KUrz

&

iNtereSSANt

Das Pantheon verlegt ausgefallene Vorstellungen

Folgende Vorstellungen, die aufgrund der erzwungenen Schließung ausfallen bzw. ausfielen, sind, Stand 22.03.20, auf neue

Termine verlegt worden:

Andreas rebers statt 14.03. jetzt 28.01.2021

ingo Appelt statt 15.03. 19 Uhr jetzt 1.02.2021, 20 Uhr

Sven Pistors Fußballschule statt 16.03. jetzt 1.09.2020

Philipp zymny statt 18.03. jetzt 16.9.2020

William Wahl statt 19.03. jetzt 6. 01. 2021

Local Ambassadors statt 20.03. jetzt 19.09.20 (allerdings im Brückenforum)

Alfons statt 21.03. jetzt 7.10.20

die Alten bekannten statt 22.03. jetzt 30.08.20

bonnVoice, statt 23.03. jetzt 27.09 (14:30 Uhr)

Für Carolin No, Jean Faure und weitere Auftritte bis zum 19.04. werden Nachholtermine noch gesucht.

Für verlegte Termine behalten die Karten Ihre Gültigkeit. Sollten Sie über die Theatergemeinde für eine dieser Veranstaltungen Karten

erhalten haben, können Sie diese an den neuen Terminen Nutzen oder gegen eine Gutschrift an die TG zurückgeben oder Sie

können die Karten spenden (der Theatergemeinde oder dem Pantheon). In diesem Fall müssen die Karten auch an die TG

zurückgesandt werden.

____ kulturseite 11 ____

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