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WIE EIN WEICHER, LILAFARBENER TEPPICH
In mehrfacher Hinsicht eine Antithese
XX
eine Plage für unser Land«, sagt heela. Der Markt
wird vor allem von Männern dominiert, safran ist
in mehrfacher hinsicht seine antithese.
heela heißt eigentlich anders, aber wie alle Mitglieder
von raWa verwendet sie aus sicherheitsgründen
einen Decknamen. Feministin in afghanistan
zu sein, in einem Land, in dem gefahren an
jeder ecke lauern, ist äußerst gefährlich. in den Mobiltelefonen
der Frauen stecken daher meist zwei
sim-karten. »Für jedes Leben eine«, sagen sie und
lächeln. schriftlich kommunizieren sie nur über
den nachrichtendienst Telegram oder per e-Mail.
niemals besprechen sie am Telefon wichtige sachen.
Für fast alles verwenden sie codewörter. ihre Treffen
nennen sie in ihren chats »Party« oder »hochzeit«.
Die arbeit im untergrund erlaubt es ihnen, in
der Öffentlichkeit ohne gefahr ihr gesicht zu zeigen.
einzig in Momenten, in denen jemand raWa
kritisiert, kommen die Frauen in ein Dilemma. sie
müssen dann aufpassen, wie sie der kritik begegnen.
Für manche ist darauf der Tod gefolgt.
Zuallererst für Meena, die raWa 1977 als 21-jährige
studentin gründete und zehn Jahre später in
Pakistan erwürgt wurde, wahrscheinlich von agenten
des afghanischen geheimdienstes. seither ist
sie eine Märtyrerin, wird von allen Mitgliedern als
zeitlose Führerin verehrt. »Meena bedeutet Liebe
auf Pashtun«, sagt heela ehrfurchtsvoll. im kabul
der 70er Jahre gab es viele aktive studentenbewegungen.
Manche studenten sahen in afghanistan
ei nen künftigen islamischen gottesstaat. andere,
so wie Meena, wollten mehr soziale gerechtigkeit
und gleichberechtigung von Frauen und Männern.
statt mit Waffen versuchte Meena, durch Demokratie
und aufklärung an ihr Ziel zu kommen.
immer mehr Frauen schlossen sich ihr an, ihr einfluss
stieg. nachdem sie 1981 in Frankreich von der
afghanischen Widerstandsbewegung erzählt hatte,
stand Meenas name ganz oben auf der Todesliste
der Mudschaheddins und der Taliban. Wie viele afghanen
flüchtete sie nach Pakistan, wo sie bis zu
ihrem Tod Waisenhäuser und krankenhäuser
bauen ließ, Lese- und schreibunterricht für analphabeten
an bot und schulen für junge afghaninnen
eröffnete.
1981 gründete sie auch das Magazin »Payam e-
zan«, was so viel bedeutet wie »Die nachricht der
Frauen«. in Dari und Pashtun, den zwei meistgesprochenen
sprachen in afghanistan, veröffentlichen
raWa noch heute auf ihrer homepage laufend
detaillierte artikel und Bilder. es sind meist
schlechte nachrichten: von kriegsverbrechen, Ver-
juni 2020 2 dasMagazin