Paracelsus Today
Juni 2020
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Patienten passieren kann, ist, dass man
ihnen sagt: ‚Wir finden nichts, Sie haben
nichts‘. Dann steht der Patient alleine
da“, erzählt Waller über die oft jahrelangen
Odysseen. Ein anderes großes
Feld der Nürnberger Psychosomatik ist
die Behandlung von Traumafolge-Störungen
durch sowohl psychische als
auch körperlich einschneidende Lebens-
ereignisse. Seit einigen Monaten sind
die psychischen Belastungen von Patientinnen
und Patienten durch die Covid-
19-Pandemie natürlich ein großes Thema
und werden die Chefärztin und ihr
„In der Psychosomatik
beschäftigen wir uns
mit allen Patienten, die
Wechselwirkungen
zwischen körperlichen
Symptomen und
seelischen Beschwerden
aufweisen.“
Prof. Dr. Christiane Waller,
Chefärztin der Universitätsklinik für
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
der PMU in Nürnberg
Team wohl noch länger beschäftigen.
Wie sich das Virus langfristig auswirkt,
weiß derzeit niemand so genau. Die
Psychosomatische Klinik läuft wegen
der psychosomatischen Folgen der Pandemie
bereits jetzt auf Hochtouren. Stress
und Angst äußern sich auch in körperlichen
Symptomen, so Waller: mit
Druck auf der Brust, schlecht Luft kriegen,
Magen-Darm-Beschwerden. Dazu
kommen die Folgen der Corona-bedingten
Isolation und Zukufuntsangst.
Erfolgreiche Behandlungs-Liaison. In
der psychosomatischen Klinik von
Christiane Waller werden etwa 4500
Patienten pro Jahr therapiert, sowohl
vollstationär als auch tagesklinisch. Der
Großteil von ihnen wird in Verbindung
mit der somatischen Medizin behandelt
– insgesamt rund 4000 Menschen
pro Jahr mit ganz unterschiedlichen
körperlichen Grunderkrankungen und
Fallausprägungen. Besonders förderlich
für die Arbeit der Psychosomatiker
ist das so genannte „Nürnberger Modell“,
das am Klinikum Nürnberg seit
1980 erfolgreich eingesetzt
wird. Hierfür besteht ein klinikübergreifender
umfassender
Konsilar- und Liaisondienst,
in dessen Rahmen die
Psychosomatiker in allen Kliniken
des Hauses zur Mitbehandlung
von Patientinnen
und Patienten hinzugezogen
werden. Die vertieften, spezifischen
Behandlungen finden
jedoch in der Psychosomatischen
Klinik statt. Somit greifen
die organmedizinische
und die psychosomatische Behandlung
eng ineinander, wovon
die Patienten maßgeblich
profitieren.
Alle Disziplinen unter einem
Dach. In der Klinik für Psychosomatische
Medizin und
Psychotherapie haben –
trotzdem oder genau deshalb – viele
der rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
eine weitere medizinisch-fachspezifische
Qualifikation: Innere Medizin,
Psychiatrie, Anästhesie und Chirurgie,
um nur einige zu nennen. Und
natürlich arbeiten an der Klinik psychotherapeutisch
ausgebildete Psychologinnen
und Psychologen sowie Kunst-
und Bewegungstherapeutinnen und
-therapeuten. Alle eint das umfassende
Verständnis von Medizin. „Die Medizin
reicht weiter als der Blick auf das spezifische,
erkrankte Organ“, beschreibt
die Chefärztin den zugrundeliegenden
Geist. Damit dieser Ansatz weiter geschärft
werden kann, ist in ihren Augen
die aufwändige Umstellung des Medizinstudiums
auf das Bachelor-Master-System
mehr als sinnvoll: „Ich sehe
darin die große Chance, die organmedizinischen
Grenzen und die Fächergrenzen
zu überwinden. Wir können dann
ein System unterrichten: Also nicht
mehr nur Herz, sondern alles, was mit
Herz-Kreislauf-Thematik zu tun hat.“
Leben für die Psychosomatik. Den Ansatz
der umfassenden Betrachtung eines
Patienten lebt die Professorin in allen
Facetten. Als ausgebildete Internistin
und Kardiologin kam sie bereits
während ihrer internistischen Ausbildung
zur Psychosomatik. Deshalb
denkt sie in ihrer psychosomatischen
Forschung auch biologisch. Dies äußert
sich auch im Aufbau eines neuen Forschungslabors,
das sich mit molekularer
Psychosomatik beschäftigen wird.
Wallers wissenschaftlicher Schwerpunkt
fokussiert unter anderem auf die
Forschung am Oxytocinrezeptor-System.
Aber auch wenn sie für ihr Fach
brennt, weiß Christiane Waller bei aller
Liebe für die Arbeit um die Wichtigkeit
guter persönlicher Bindungen. Bei Spaziergängen
mit ihrem Ehemann, ihren
zwei Kindern und den Tieren – gemeinsam
hält man auch zwei Esel –
schöpft sie die Energie für ihren so umfassenden
und tiefgehenden Beruf, der
immer den ganzen Menschen im Blick
behält.
Ω
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