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Leseprobe_Die Operneinakter von Agostino Steffani

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<strong>Die</strong> <strong>Operneinakter</strong> <strong>von</strong> <strong>Agostino</strong> <strong>Steffani</strong> – Teil I<br />

intensive Auseinandersetzung mit den Quellen und dem Briefverkehr <strong>Steffani</strong>s auszeichnen. <strong>Die</strong><br />

musikalische Einschätzung <strong>Steffani</strong>s durch Woker geht auf Chrysander zurück. Originell ist Wokers<br />

interpretatorische Verknüpfung <strong>von</strong> <strong>Steffani</strong>s musikalischen und literarischen Fähigkeiten:<br />

<strong>Die</strong> vielen <strong>von</strong> ihm in schöner deutlicher Schrift verfaßten Promemorien, Briefe,<br />

Explicationen aller Art, welche aus seiner Registratur noch vorhanden und <strong>von</strong> mir<br />

durchgearbeitet sind, zeigen überall denselben klaren durchsichtigen Stil. <strong>Die</strong> Aehnlichkeit<br />

mancher seiner Schriftstücke über Staats- und kirchliche Angelegenheiten<br />

mit seinen Duetten ist mir oft aufgefallen. Aus den verwirrtesten Verhältnissen weiß<br />

er immer einen bestimmten Weg zu finden, dessen Richtung sich wie <strong>von</strong> selbst aus<br />

der Sache entwickelt. Er ist sich immer seines Zieles bewußt, nüchtern, ruhig, ohne<br />

Leidenschaft, mit unwiderstehlicher Logik, dabei in den feinsten Worten und geistreichen<br />

Wendungen weiß er seine Sache anzufassen. Oft ist er in seinen Bestrebungen<br />

Idealen nachgegangen, die sich nicht verwirklicht haben. Aber immer bauet er dabei<br />

auf thatsächlichen Verhältnissen. Und eben darin hat er seine Kunst mitgenommen<br />

in sein Leben als Staatsmann und Kirchenfürst. <strong>Die</strong> Arbeit des Contrapunktisten und<br />

das Streben nach dem schönen Ideal der Harmonie der Töne hat er in anderer Weise<br />

bis an sein Lebensende fortgesetzt. Ein Mann <strong>von</strong> so einheitlicher Geistesbildung<br />

konnte Componist, Staatsmann und Bischof werden, um überall in gleicher Weise<br />

und mit gleichem Geist zu wirken. 38<br />

Alfred Einsteins hervorragend recherchierte Biographische Skizze (1910) gewährt umfassende<br />

Einblicke in <strong>Steffani</strong>s Münchner Zeit. 39 Zudem ist darin <strong>Steffani</strong>s autobiographischer Brief<br />

aus dem Jahre 1706 an Conte Fede in Auszügen ins Deutsche übersetzt. Einen wichtigen Baustein<br />

für die <strong>Steffani</strong>-Forschung bildet Gerhard Crolls Habilitationsschrift <strong>von</strong> 1961, die erst<br />

2018 veröffentlicht wurde. 40 Darin legte Croll auch die erste vollständige Biographie <strong>Steffani</strong>s<br />

in deutscher Sprache vor. Michael F. Feldkamp publizierte 1992 ein gedrucktes Inventar des<br />

86 Bände umfassenden Fondo Spiga im Archiv der Propaganda Fide in Rom inklusive einer<br />

Konkordanz der alten und neuen Signaturen des Fondo. 41 <strong>Die</strong>se beachtliche Forschungsleistung<br />

ermöglichte erstmals einen umfassenden Überblick auf das umfangreiche Material aus <strong>Steffani</strong>s<br />

letzten Lebensjahrzehnten. Der Beitrag Feldkamps verzeichnet darüber hinaus eine gut recherchierte<br />

und detailreiche Vita des Komponisten, besonders für dessen Zeit als Apostolischer Vikar.<br />

42 Den Schwerpunkt <strong>von</strong> Claudia Kaufolds geschichtswissenschaftlicher Dissertation (1997)<br />

bildet <strong>Steffani</strong>s Hannoveraner Zeit. 43 Auf der Basis weitläufiger Archivstudien zeichnete die<br />

Autorin ein lebendiges Bild des Diplomaten und Menschen <strong>Steffani</strong>. <strong>Die</strong> Ergebnisse seiner jahrzehntelangen<br />

Arbeit vereinigte 2003 der britische Musikologe Colin Timms in einer umfangreichen<br />

Monographie als Einführung in Leben und Œuvre <strong>Steffani</strong>s. 44<br />

Im 20. Jahrhundert begann außerdem die Katalogisierung <strong>von</strong> <strong>Steffani</strong>s Werk, es entstanden<br />

erste Editionen und Ausgaben seines Schriftverkehrs 45 : Arthur Neißer bemerkte mit Blick auf<br />

die bisherige Forschung 1902, dass <strong>Steffani</strong> aufgrund der schlechten Überlieferungslage seiner<br />

reden lassen und Reflexionen vermieden, so nahe sie auch liegen […]“, siehe Vorwort zum Beitrag für die dritte<br />

Vereinsschrift <strong>von</strong> 1886 und Woker:<br />

38 Woker: Tondichter, 1887, S. 426 f.<br />

39 Einstein: Biographische Skizze, 1910. Darin werden einige fehlerhafte Angaben und Daten früherer Autoren korrigiert.<br />

40 Croll: <strong>Agostino</strong> <strong>Steffani</strong>, 1961 [2018], S. 21-260.<br />

41 Feldkamp: Nachlass, 1992, S. 230-313.<br />

42 In einem jüngst erschienenen Artikel publizierte Feldkamp eine aktualisierte Fassung seiner <strong>Steffani</strong>-Vita (Feldkamp:<br />

<strong>Agostino</strong> <strong>Steffani</strong>, 2017).<br />

43 Kaufold: Ein Musiker als Diplomat, 1997.<br />

44 Timms: Polymath of the Baroque, 2003.<br />

45 Darunter Ebert: Briefe <strong>Agostino</strong> <strong>Steffani</strong>s, 1906-1907, S. 158-171, Lindgren und Timms: The Correspondence,<br />

2003. Georg Schnath edierte zudem diverse Briefwechsel, die im zeitgeschichtlichen Zusammenhang mit <strong>Steffani</strong><br />

stehen: Briefwechsel der Kurfürstin Sophie, 1927; Ostfriesische Fürstenbriefe, 1929; Der Königsmarck-Briefwechsel,<br />

1952.<br />

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