STADTJOURNAL Ausgabe Juli 2020
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Heimat STADTJournal
Madonna in der Kirche von Urmitz-Bahnhof
Wer die Kirche St. Peter und Paul in
Urmitz-Bahnhof von einem Gottesdienstbesuch,
aber nicht näher
kennt und sie kurz beschreiben soll, wird
sagen: Schlicht – mit einem großen blauen
Fenster über dem Altar. In dieser Schlichtheit
birgt die Bahnhofer Kirche jedoch eine
Reihe moderner Kunstwerke und zeigt, wie
schön und ansprechend moderne Kunst
sein kann. Gleich im Vorraum trifft der
Besucher auf ein Bild mit der Inschrift „Der
dich behütet, schläft nicht“ (Psalm 121,3),
das die Malerin und Grafikerin Beate Heinen
im Jahr 2004 schuf, und auf dem weiteren
Weg im linken Seitengang begegnet
man seit 2009 der Muttergottes mit dem
Kind. Wer sie zum ersten Mal sieht, bleibt
wahrscheinlich stehen, betet vielleicht,
entzündet eine Kerze; und viele kommen
immer wieder zurück.
Die Madonna mit Kind ist ein Werk der
damals 25-jährigen Silberschmiedin und
Bildhauerin Friederike Bertet aus Esslingen
am Neckar, die von 2004 bis 2011 in
der Goldschmiede und Kunstwerkstätte
der Schönstätter Marienbrüder in Vallendar
arbeitete. Werkstattleiter Michael van
Ooyen übertrug ihr die Arbeit, ihre erste
und bisher einzige dieser Art.
auch eine gewisse Wärme ausgestrahlt habe.
Vor allem das Licht der großen Fenster –
eins über dem Altar und das
andere an der Ostseite – sei
wunderbar gewesen. Die
Formen dieser Fenster
hätten sie bei
der Gestaltung der
Madonna stark
beeinflusst, die
einerseits durch
gerade Linien und
Kanten geprägt sein
sollte, andererseits
aber ihre Menschlichkeit
und Mütterlichkeit
nicht einbüßen durfte. Letzteres
habe unter anderem verlangt, die
Gesichter nicht zu stark zu abstrahieren.
Zunächst legte Friederike Bertet den
Verantwortlichen der Kirchengemeinde
Entwürfe zur Begutachtung vor, und als
feststand, dass sie die Statue schaffen sollte,
fertigte sie ein Modell aus Ton, an dem sie
sich bei der weiteren Arbeit orientierte.
Im Rückblick schreibt sie, die vorher nur
figürliche Reliefs in Silber und
Messing gestaltet hatte:
„Eine Figur in Tuffstein
zu hauen war neu. Ich
wusste nicht so recht,
was mich erwartet,
war mir aber sicher,
dass ich die Figur in
dem Stein ‚sehen‘
würde, sobald ich
anfinge zu arbeiten.“
Die Muttergottes mit
dem Kind sei für sie
eine ganz besondere Figur,
die Wärme und Geborgenheit
spüren lassen soll.
Dieses Gefühl vermittelt die Statue wahrscheinlich
jeder und jedem, die oder der
still vor ihr steht, sie anschaut und betet.
Text: Lothar Spurzem
Fotos: Ralf Jaeger, Lothar Spurzem
Nach der Entstehung der Statue befragt,
erzählte Friederike Bertet von ihrem ersten
Besuch in der Bahnhofer Kirche, die einerseits
kahl auf sie gewirkt, andererseits aber