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Leseprobe_Franke

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W<br />

inter auf Island. Es war kalt. Die Nächte unerträglich<br />

lang. Die Insel schien öde und verlassen. Laugarvatn<br />

auch. Hier geschah nichts. Es war ein unglaublich düsterer<br />

Tag im November, ein trostloser, fast vergessener Wintertag,<br />

an dem ich in dieses Kälteloch kam.<br />

Laugarvatn – das ist eine reichlich ausgefallene Adresse, und<br />

ich war auch nur aus Unsicherheit und Angst in dieses Nest geraten.<br />

Ich wollte mein Leben ordnen, mir Klarheit verschaffen,<br />

meine Vergangenheit aufarbeiten. Und für dieses Vorhaben,<br />

das ich mir in den Kopf gesetzt hatte, brauchte ich absolute<br />

Ruhe, die ich an diesem gottverlassenen Ort zu finden hoffte.<br />

Ich hatte für zwei Monate ein kleines, bescheidenes Haus<br />

gemietet. Durch die Eingangstür betrat ich eine enge Diele<br />

mit dunklem Holzboden. Der Wohnraum selbst wirkte erdrückend<br />

durch die eng aneinander gereihten Möbel. Die<br />

Einrichtung bestand aus einem Bett, einem Nachtkästchen,<br />

einem Schreibtisch und einem schäbigen Ohrensessel. Eine<br />

alte Pendeluhr, die über einer wurmstichigen Kommode<br />

hing, tickte leise vor sich hin. Der Putz bröckelte ab. Die<br />

Wände waren rissig. Das Badezimmer eng, feucht und nicht<br />

vollständig fertiggestellt. Die Duschwand hing lose aus der<br />

Verankerung, ein Heizkörper fehlte völlig – alles in allem<br />

nicht sehr einladend.<br />

Ich befand mich also in einer einfachen, abgewohnten Bleibe,<br />

die sich nordisch gelassen wie ein Stück gestriger Provinz<br />

präsentierte. Damit hatte ich gerechnet.<br />

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