Prattinge Frühjahr 2020
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Tuxer Prattinge – Ausgabe Frühjahr 2020
Pfarre Tux
Liebe Leserschaft der
Prattinge!
Jetzt, wo ich euch ein Leitwort
für Ostern schreiben möchte,
befinde ich mich wie in einem
„luftleeren“ Raum und im Gegensatz
zu meinem „Portrait“ ist mir
nicht zu lachen. Coronavirus dominiert
das Geschehen mit all den erforderlichen
Maßnahmen, ihn
gleichsam zu „ersticken“ und ihm
die Füße zur Fortbewegung abzuschlagen.
Wichtige pfarrliche Planungen
müssen neu überdacht werden,
denn wer weiß, wie schnell sich
die Situation ändern kann. Direktiven
von Bundesebene und Diözese
bestimmen das Handeln. … Fragen
habe ich kaum zu beantworten und
die Leute murren nicht. Vielleicht
weil sie so verantwortungsvoll und
solidarisch denken oder die Krise
immer noch unterschätzen, vielleicht
weil sie sich schon nichts
mehr daraus machen, wenn ein Gottesdienst
ausfällt (es ginge ja immerhin
um OSTERN!), und sicher
auch, weil besonders alle, die unmittelbar
vom Tourismusgeschäft
leben – das jäh und schockierend
gestoppt wurde - genug mit sich selber
zu tun haben, mit der Abwicklung
von Stornierungen, der Lösungssuche
für die Angestellten und
den beängstigenden Gedanken um
den drohenden wirtschaftlichen
Schaden.
Dass wir derart zum Fasten in jeder
Weise „gezwungen“ würden, hat
sich niemand gedacht. Aus diesem
Umstand kann sich auch eine neue
Perspektive auf die „Kerntage unseres
christlichen Glaubens“ – nämlich
Karwoche und Fest der Auferstehung“
eröffnen, auf die wir zugegangen
sind. Im Blick auf das Kreuz
hat uns der Coronavirus massivst
die Wege durchkreuzt, geprägt von
„immer mehr, immer weiter, immer
alles ok, immer für alles ein Mittel“.
Nein – gegen Corona haben wir
(noch) kein Mittel. Und das ängstigt
unsere von bester Versorgung, Vorsorge
und Management geprägte
Wohlstandsgesellschaft; das kann
und will sie nicht akzeptieren. Das
macht sie nach langer Zeit wieder
richtig hilflos. Wir hatten ja noch
immer gegen alles ein Mittel. - Welche
Dankbarkeit dürfte da in jedem
aufsteigen, dass die reichen „Segnungen“
der Industriestaaten nicht
so selbstverständlich und dem
Großteil der Weltbevölkerung gar
nicht zugänglich sind.
Foto by Pfarredi, Dom zu Osnabrück
Den „Virus des Unersättlichen“
trugen schon Adam und Eva in sich
und verfielen ihm des „Apfels der
Erkenntnis“ zuliebe, trugen die Babylonier
mit ihrem Turmbau zu Babel
und verfielen ihm, und ihm verfallen
die Mächtigen bis heute. Ihm
verfallen auch Wissenschaftler und
Forscher, die Industrie und Waffenschmiede,
und im Grunde fast
jede(r), der „etwas machen“ kann.
Denn das bedeutet ja im ureigenen
Sinn „mächtig sein“. Aber: WAS
machen, WAS zum Wohl aller hin
bewegen? WAS zur Optimierung
nicht zur Maximierung des Lebens
beitragen?
Dieser unersättliche Weg – so sagt
das Kirchenlied im GL 140/4 „führt
ins Nichts“. Insofern erfahre ich den
Coronavirus als einen „Zuarbeiter“
dieser prophetischen Liedaussage.
Er durchkreuzt schmerzhaft und beängstigend
unsere je persönlichen
Wege und den der egoistischen
Konsumgesellschaft.
„Kreuz, auf das ich schaue, steht
als Zeichen da“ (GL 270). Jenes
Kreuz, auf dem unser Herr in seinem
ohnmächtigen Leiden und
Sterben diesen Virus der „Allmachtsfantasien“
hingetragen und
vernichtet hat. Weil der „ins Nichts“
führt bei aller momentanen Beglückung.
Ja, es bleibt für alle ein ewig
schwieriger Spagat zwischen angemessenem
Wohlstand aufgrund der
vielen Errungenschaften und der
Verlockung nach diesem „nur noch
einen“ Apfel, der da – wenngleich
mit größter Mühe - erreichbar am
Baum des Paradieses hängt. Das
Kreuz drückt diese äußerste Anspannung
auch sinnbildlich aus.
Aber ausgestreckt, gefoltert und ermordet
hängt da der Gott-Mensch:
Jesus in seiner Ohnmacht. So hat er
den Virus getötet. Mit Ohn(e)-
Macht.
In dieser sehr herausfordernden
Coronavirus-Krise bedeutet der
Aufblick zum Kreuz Trost und neue
Ausrichtung. Bedeutet Kraft und
Halt. „Kreuz, von dem ich gehe in
den neuen Tag, bleib in meiner
Nähe, dass ich nicht verzag.“ (GL
270/3)
Gemeinsam mit euch möchte ich –
wenn die Umstände es erlauben –
am Karfreitag zum Kreuz aufschauen
und Tröstung und Hilfe,
aber auch die Gnade der Umkehr
und Demut erbitten. Dazu ladet
euch herzlich ein - denn jetzt haben
alle Zeit – euer
Dekan Pfr. Edi
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