Leseprobe_Federspiel
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„Jedenfalls ist das ein Eindruck, der zurückblieb. Dunkles<br />
Haar. Ich glaube, die Lider hingen etwas herunter. Vielleicht<br />
waren die Augen blau. Sein Blick ging leer durch mich<br />
hindurch, geschäftsmäßig halt.“<br />
Er hatte schon angefangen zu zeichnen. „Glattes oder<br />
krauses Haar?“<br />
„Nicht glatt. Nicht glatt.“ Ich war nicht sicher. „Hatte<br />
er ein Grübchen im Kinn?“, fragte ich mich selber. „Ich<br />
glaube schon.“<br />
„Die Brauen?“<br />
„Nichts Besonderes, würde ich sagen. Nicht sehr buschig,<br />
nicht besonders gewölbt oder dergleichen. An seine Hand<br />
kann ich mich erinnern, als er mir das Wechselgeld reichte.<br />
Aber das nützt nichts, oder?“<br />
„Was war es denn für eine Hand?“ Die Skizze schien sich<br />
sehr rasch zu formen.<br />
„Knotig, sehr schmal, mit krummen Fingern.“<br />
„Aha.“ Ich war nicht sicher, ob er sich über mich lustig<br />
machte. Er zeichnete einfach weiter. „Hervortretende<br />
Wangen knochen?“, fragte er. „Das muss man bei einer hageren<br />
Figur annehmen, nicht wahr?“<br />
„Ja. Ja, bestimmt.“<br />
„Ich will Ihnen nichts in den Mund legen. Lassen Sie sich<br />
von mir nicht beeinflussen.“ Das klang eingelernt.<br />
Er stellte mir noch zwei oder drei Fragen, und ich versuchte,<br />
so genau wie möglich darauf zu antworten, aber ich<br />
war nicht sicher, ob er mir richtig zuhörte. Er schien ganz<br />
auf seine Arbeit konzentriert zu sein.<br />
Ich fügte an: „Die Lippen waren ziemlich breit, fällt mir<br />
gerade ein. Ja, da bin ich mir ziemlich sicher.“<br />
„Mhm.“ Er schraffierte, strichelte, zog da und dort eine<br />
Linie doppelt nach, wirkte gedankenverloren. Plötzlich hielt<br />
er inne, besah die Zeichnung, indem er sie ein Stück weit<br />
von sich weghielt, und streckte sie mir dann hin. „So?“<br />
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