Leseprobe_Federspiel
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in ich es noch. Wissen Sie, da ich es mit einem Phantomzeichner<br />
zu tun habe – vielleicht bin ich selbst eine Art Phantom.<br />
Verraten Sie mir übrigens Ihren Namen?“ Ich rückte<br />
etwas zurück, um ihm meine Hand anbieten zu können.<br />
Er zögerte, betrachtete meine Hand irgendwie erstaunt,<br />
dann ergriff er sie. „Freiling heiße ich.“<br />
Ich nannte ihm meinen Namen.<br />
Er sah mich prüfend an, dann nickte er. „Sie sagten, Sie<br />
hätten das Gefühl, selber ein Phantom zu sein?“<br />
Ich zuckte mit den Schultern. „So könnte ich mir vorkommen,<br />
wenn ich mich aus der Perspektive meiner beiden<br />
Exfrauen betrachte. Ich tauchte auf, zog weiter. Sie blieben.“<br />
„Und bekamen ein Kind.“<br />
„Das ist natürlich sehr verkürzt ausgedrückt. Aber ich<br />
entstammte nicht dem gleichen Milieu wie die beiden, wir<br />
hatten keine gemeinsamen Bekannten.“<br />
„Milieus können sich ja berühren. Oder verschmelzen“,<br />
wandte Freiling ein.<br />
„Ich befürchte, mein Milieu besteht nur aus mir allein.<br />
Irgendwie bin ich aus allen Zusammenhängen herausgeglitten.<br />
Sehr sanft übrigens. Aber ich scheine zeitweilig<br />
unsichtbar geworden zu sein. Ich fiel aus dem Krankenversicherungssystem<br />
heraus. Während zweier Jahre bekam ich<br />
keine Steuererklärung zugestellt, das Amt hat auch nicht<br />
nachgefragt.“<br />
„Das ist ein Wunder.“ Freiling lächelte.<br />
„Manchmal öffnen sich Schiebetüren vor mir nicht. Als<br />
würde die Fotozelle mich nicht wahrnehmen. Und im Verkehr<br />
muss ich höllisch aufpassen. Oft wird mir die Vorfahrt<br />
verweigert.“<br />
„Es sind auch viele schlechte Autofahrer unterwegs.“<br />
„Sie haben recht. Womöglich bilde ich mir da auch etwas<br />
ein. Jedenfalls fahre ich lieber mit der Bahn, da fühle ich<br />
mich sicherer.“<br />
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