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danmag 02_Arbeit

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D e n n i s

M a c D a o

f r o m

V i e t n a m ,

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Betrachten wir im Detail das Thema der Integration so fällt auf, dass die Schere

04 zwischen Jugendlichen aus sozial schwachen und Jugendlichen aus bildungsnahen

Familien weiterhin immer größer wird. Inwiefern gehen Sie gezielt gegen diese

Problematik vor?

W.B.: Die soziale Herkunft beeinflusst leider noch immer die Bildungschancen – unabhängig vom

Migrationshintergrund. Bildung wiederum ist die Voraussetzung, um auf dem Arbeitsmarkt und in

anderen gesellschaftlichen Bereichen bestehen zu können. Deshalb entwickeln wir gerade ein Landeskonzept

zur Berufs- und Studienorientierung. Die Schulen sollen dann die Berufsorientierung in ihren

Schulprogrammen verankern. Es muss besser gelingen, dass die Jugendlichen möglichst ein breites

Spektrum der mehr als 350 Berufe kennenlernen und Praxiserfahrungen über Praktika sammeln. Und

die Jugendlichen müssen ihre Berufswahl fundierter entscheiden, damit die Abbruchquoten bei Ausbildung

und Studium sinken. Zurzeit liegen sie bei mehr als 30 Prozent. Wir werden in Berlin die Jugendberufsagentur

einrichten. Damit sollen mehr Jugendliche den Sprung in die Ausbildung schaffen. Das

ist ein großes Projekt, wird aber nicht alleine reichen. Wir brauchen mehr betriebliche Ausbildungsplätze

und ein Umdenken in den Unternehmen. Jugendliche mit schwierigen Startschwierigkeiten besitzen

meistens viele Talente und haben eine zweite oder dritte Chance verdient.

Wie lassen sich begabte Jugendliche aus sozial schwachen Familien dazu ermutigen

05 eine fachlich hochqualifizierte Berufsausbildung oder ein Studium zu ergreifen?

W.B.: Jugendliche sollten sich schon in der Schule intensiv mit der Berufsausbildung beschäftigen um

am Ende der Schulzeit wissen, für welchen Beruf sie sich entscheiden. Hierfür müssen sie während der

Schulzeit Praxiserfahrung sammeln und zwischen mehreren Ausbildungsplätzen wählen können. Zusätzlich

helfen Mentoringprogramme, sich im Ausbildungsleben zu orientieren. Mentoren – aus dem Betrieb

oder extern – unterstützen sie dabei. Mein Haus entwickelt gerade ein Landeskonzept Mentoring.

Damit wollen wir die noch vielen vorzeitigen Vertragslösungen verringern. Wir haben in der Testphase

sehr gute Erfahrungen gesammelt.

Nicht nur Jugendliche mit Migrationshintergrund haben Schwierigkeiten, in der

06 Berufswelt Fuß zu fassen. Oftmals scheitern auch qualifizierte Jobsuchende aufgrund

ihres Migrationshintergrunds. Wie können Sie sich das in unserer heutigen Zeit erklären?

W.B.: Einige Vorurteile etwa gegenüber Herkunft oder Geschlecht halten sich sehr hartnäckig. Jugendliche

mit deutschem Namen erleben erheblich weniger Ablehnungen bei Bewerbungen als ein gleichqualifizierter

Jugendlicher mit ausländischem Namen. Dies bestätigen viele Untersuchungen. Ein Instrument für

weitgehend diskriminierungsfreie Auswahlverfahren ist ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Genau

dies erproben wir gerade in meiner Verwaltung und verzichten auf Angaben wie Name, Geburtsdatum

oder Herkunft. Es zählt also ausschließlich die Qualifikation der Bewerbenden. Bisher sind unserer

Erfahrungen positiv. Mein Ziel ist es, bei Erfolg die gesamte Landesverwaltung in dieses Verfahren einzubeziehen.

Das anonymisierte Bewerbungsverfahren kann übrigens jedes Unternehmen durchführen.

Aigerim Weimer from

Kasachstan, Painter

Dennenesch Zoudé from

Äthiopia, Actress

Aufmerksamkeit konnte für diese Problematik durch die Politik, Wirtschaft und

07 Medien bereits vielfältig generiert werden. Wie lässt sich das Problem jedoch

tatsächlich lösen?

W.B.: Es ist zuerst die Aufgabe der Unternehmen auszubilden. Wir schaffen durch Kita, Schule und

Berufsschule die Grundlage. Ich halte die Erwartungshaltung für unangebracht, dass die Jugendlichen

schon vor Antritt der Ausbildung alles können müssen – also eigentlich schon Fachkräfte sein sollen. In

Berlin bilden immer weniger Unternehmen aus. Das macht mir Sorgen. Wer seinen eigenen Fachkräftebedarf

nicht ausbildet, hat am Ende keinen unternehmerischen Erfolg.

danmag | Arb e it 02 63 Working Heros

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