forschen 1/2009 - Forschungscluster «Nuclear and Radiation Science
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Seite 22 ▶ <strong>forschen</strong><br />
Abbildung 2 (links)<br />
Verbindung zwischen<br />
zwei supraleitenden<br />
Magneten, nach<br />
Installation der<br />
Magnete, bevor die<br />
Verbindungen<br />
gefertigt werden.<br />
Dieses Bild macht die<br />
Komplexität des LHCs<br />
deutlich, es gibt etwa<br />
1700 solcher Verbindungen.<br />
Man erkennt<br />
die supraleitenden<br />
Kabel, die in einem<br />
späteren Arbeitsschrittzusammengelötet<br />
werden. Außerdem<br />
sind verschiedene<br />
Heliumleitungen<br />
zu erkennen. In der<br />
Mitte des Bildes befinden<br />
sich die beiden<br />
Strahlrohre für die<br />
Teilchenstrahlen, die<br />
in entgegengesetzten<br />
Richtungen im Hochvakuum<br />
umlaufen.<br />
Abbildung 3 (rechts)<br />
CERN Hauptkontrollraum,<br />
von dem der<br />
LHC gesteuert wird,<br />
bei der ersten<br />
Inbetriebnahme des<br />
LHC mit dem Strahl<br />
am 10. September<br />
2008. Von diesem<br />
Kontrollraum<br />
werden alle CERN<br />
Beschleuniger<br />
gesteuert, normalerweise<br />
allerdings nicht<br />
in der Anwesenheit<br />
von etwa 150 Gästen,<br />
die der Inbetriebnahme<br />
beiwohnten.<br />
des Strahlrohres bleiben. Die Spulen der supraleitenden<br />
Elektromagnete sind aus Kabeln gewickelt,<br />
durch die der Strom ohne Widerst<strong>and</strong> und damit<br />
ohne Energieverlust fließt. Die Magnete werden mit<br />
etwa 150 Tonnen flüssigem Helium bei etwa 271°C<br />
betrieben – kälter als im Weltall! Um das Magnetfeld<br />
in den Ablenkmagneten zu erzeugen, dass etwa<br />
200000 mal stärker als das Erdmagnetfeld ist, fließt<br />
ein Strom von 12000 A durch die Spulen.<br />
Damit die Teilchen nicht mit Gasatomen<br />
zusammenprallen, laufen sie im Strahlrohr<br />
in einem ultrahohen Vakuum, das<br />
dem Vakuum im interplanetarem Raum<br />
entspricht. Der Innendruck im LHC beträgt<br />
10 -13 atm, zehnmal geringer als der<br />
Druck auf dem Mond.<br />
Die Strahlen im LHC werden an vier Stellen<br />
zur Kollision gebracht, genau dort,<br />
wo sich vier Detektoren befinden. Der<br />
Teilchenstrahl wird auf einen Durchmesser<br />
fokussiert, der mit 0.02 mm<br />
kleiner ist als der Durchmesser eines<br />
menschlichen Haares.<br />
Die Kollisionen finden im Innern der Detektoren<br />
statt. ATLAS (A Toroidal LHC<br />
Apparatus) und CMS (Compact Muon Solenoid) sollen<br />
primär das Higgs Teilchen nachweisen. Mit LHCb<br />
(Large Hadron Collider beauty) soll die CP Verletzung<br />
mit B-Mesonen untersucht werden. ALICE (A<br />
Large Ion Collider Experiment) dient der Untersuchung<br />
des Quark-Gluon Plasma, das bei der Kollision<br />
von schweren Ionen entstehen sollte.<br />
Wenn der Strahl auf einen Magneten träfe…..<br />
Der LHC ist die komplexeste Maschine, die jemals<br />
gebaut wurde. Dabei kann es immer zu technischen<br />
Problemen kommen, wobei der Strahl aus der Bahn<br />
gerät. Da im LHC Teilchenstrahl etwa 100 mal mehr<br />
Energie gespeichert als an <strong>and</strong>eren Protonenbeschleunigern<br />
ist das Thema des Maschinenschutzes<br />
von zentraler Bedeutung.<br />
Die TU Darmstadt hat in Zusammenarbeit mit<br />
CERN und der GSI innerhalb der letzten Jahre zu<br />
diesen Fragestellungen einiges beigetragen. Eine<br />
der zentralen Fragen war, was eigentlich passiert,<br />
wenn ein Strahl mit dem Durchmesser eines Bruchteils<br />
eines Millimeters und der Energie eines ICE<br />
auf die teuren supraleitenden Magneten trifft?<br />
Um diese Frage zu beantworten, wurden komplexe<br />
Rechnungen zur Wechsel-<br />
Was passiert<br />
eigentlich, wenn<br />
ein Strahl mit<br />
dem Durchmesser<br />
eines Bruchteils<br />
eines Millimeters<br />
und der Energie<br />
eines ICE auf die<br />
supraleitenden<br />
Magneten trifft?<br />
wirkung des Strahls mit Materie<br />
durchgeführt. Wenn<br />
ein Teilchenpaket auf einen<br />
Magneten trifft und die Teilchen<br />
bis zu 2 Meter in den<br />
Magneten eindringen, erwärmt<br />
sich das Material<br />
um einige hundert Grad.<br />
Nur 25 Milliardstel Sekunden<br />
später trifft das<br />
nächste Paket auf und sorgt<br />
für weitere Erwärmung. Im<br />
Zentrum des Materials entsteht<br />
ein hoher Druck und<br />
die Dichte nimmt ab. Dadurch<br />
können die folgenden<br />
Teilchenpakete weiter in den Magneten eindringen.<br />
Die Rechnungen zeigen, dass der gesamte Strahl<br />
etwa 30 Meter in die Magneten eindringen kann.<br />
Damit es dazu nie kommt, sind entlang des Strahlrohrs<br />
etwa 4000 Strahlverlustmonitore eingebaut.<br />
Die Monitore messen jeden noch so kleinen Stahlverlust<br />
und können eine Schnellabschaltung auslösen.<br />
In einem solchen Fall werden die Strahlen<br />
aus dem Beschleuniger ausgelenkt, laufen durch<br />
einen 800 m langen Seitentunnel und treffen<br />
auf einen 8 m langen Graphitblock auf, in dem die<br />
Strahlenergie in Wärme umgew<strong>and</strong>elt wird. Im<br />
Rahmen einer Masterarbeit an der TU Darm-<br />
stadt wurde das Verhalten der Strahlverlustmonitore<br />
eingehend experimentell und theoretisch<br />
untersucht.