Secrets of Success Magazin 2020
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SECRETS OF SUCCESS UNTERNEHMER
SECRETS OF SUCCESS UNTERNEHMER
ERFOLGREICH MIT HARTER
UND STRUKTURIERTER
ARBEIT
Prof. Utz Claassen ist ein
Macher, ein Entrepreneur
und Stehaufmännchen.
Claassen schwimmt gerne
auf der Erfolgswelle, bis sie
ihn vom Brett reißt. Dann
steht er auf und surft die
nächste Welle. Sein Abitur
macht er mit 17 Jahren mit
dem Notendurchschnitt von
0,7. Nach dem Studium der
Wirtschaftswissenschaften
und zwischenzeitlich auch
der Medizin steigt er bei
McKinsey ein und wechselt
dann zu Ford, später zu
Volkswagen. 1994 wird er
Finanzvorstand und Vertreter
des Präsidenten bei
Seat. Es folgt der Posten des
Vorstandsvorsitzenden bei
Sartorius und 2003 schließlich
bei EnBW. Heute steht
Claassen an der Spitze des
Medizintechnikherstellers
Syntellix, den er 2008 gegründet
hat.
von Renate Kerscher
Fotos: © Syntellix AG
Fußball und Kickern sind Claassens Leidenschaft. Zweimal war er bereits
Präsident eines Fußballclubs – bei Hannover 96 und bei RCD Mallorca.
Mit Erfolg, aber auch Widrigkeiten
kennt er sich aus. Claassen hat
viel durch in seiner beruflichen
Laufbahn. Er polarisiert. Wenn Claassen
auf Fragen antwortet, dann nie wie aus der
Pistole geschossen. Er denkt intensiv nach,
wägt ab, seine Wortwahl ist wohlüberlegt
und freundlich.
Darin sieht er auch eine der Stärken, die
für seinen Erfolg maßgeblich sind: „Ich
kann mich vernünftig artikulieren.“ Außerdem
habe er Kampfgeist, sei fleißig und
bringe eine hohe Einsatzbereitschaft mit.
Mit diesen Stärken kann er seinen selbstgestellten
Ansprüchen gerecht werden
und seine Ziele als Topmanager erreichen.
Topmanager ist Claassens Berufsbezeichnung.
Seit er 17 Jahre alt war, war ihm seine
Berufswahl klar.
„Ich wollte und will gestalten,
verändern und verbessern.
Das kann man als Topmanager.“
Als Kind hatte er verschiedene Berufe auf
dem Zettel: Statiker, weil der Onkel einer
war; Apotheker, weil der Menschen gesund
macht; als Gymnasiast wollte er Gehirnchirurg
werden, als Kind schwebte ihm eine
Karriere als Fußballprofi vor.
Das mit dem Fußballprofi hat nicht
geklappt, aber dafür war er zeitweise
Fußballpräsident. 1997 für 74 Tage bei
Hannover 96. Er wollte sanieren, stieß
auf Widerstand, wurde bedroht, zog sich
schließlich zurück. Seit 2010 war er Investor
bei RCD Mallorca und hatte dort
verschiedene Posten inne – auch wieder
als Präsident. Fußball ist eine Herzensangelegenheit
für Claassen. Hier kommt er
kurz ins Schwärmen, wird dann aber wieder
sachlich. „Ein realisierter Traum oder
eine genutzte Gelegenheit können sich im
Nachhinein als wenig vorteilhaft herausstellen“,
sagt er. Ob er irgendetwas nachtrauert?
„Nein, es lohnt sich nicht,
einer Sache nachzutrauern,
weil sich die Vergangenheit
nicht ändern lässt. Ärger
und Angst sind schlechte
Berater.“
Er muss es wissen. Claassen sieht stets
das Positive in der jeweiligen Situation.
„Jeder einzelne Schritt meiner Karriere
war wichtig, weil er mir immer etwas
anderes gebracht hat. Und zwar den Eintritt
in eine neue Welt mit neuen Perspektiven.“
Trotzdem benennt er durchaus
Highlights seiner Karriere. „Karrieretechnisch
und medial war meine Position als
EnBW-Chef ein Highlight, als ich 38.000
Mitarbeiter hatte. Von der Intensität her
war die Seat-Sanierung mein Highlight.“
Auch den emotionalsten Moment seiner
Laufbahn als Topmanager teilt Claassen:
„2013, als Syntellix den Innovationspreis
der deutschen Wirtschaft erhalten hat,
hatte ich mich vollständig aus der Öffentlichkeit
zurückgezogen, um mich um
meine sterbende Mutter zu kümmern. Nur
für einen Abend habe ich sie mit der Frau
eines Freundes allein gelassen, als ich den
Preis in Empfang genommen habe.“ Darum
werde er den Preis immer mit seiner Mutter
in Verbindung bringen, den er ihr als Zeichen
seiner Wertschätzung mit nach Hause
gebracht, gezeigt und gewidmet habe.
Neben seiner Mutter war Ferdinand Piëch
eine wichtige Person in Claassens Leben.
Dessen Tod am 25. August 2019 hat den
Topmanager getroffen. „Die Person auf
der Welt, die ich außerhalb der Familie am
meisten respektiert habe und respektiere,
der ich am meisten zu verdanken habe, die
mir die meisten wichtigen Referenzpunkte,
Förderungen, Forderungen, Herausforderungen,
Lehren und Einsichten mitgegeben
hat, ist Ferdinand Piëch. Sein kürzliches
Ableben ist ein unfassbarer Verlust für unsere
Wirtschaft und Gesellschaft gewesen,
den viele wahrscheinlich nicht einmal richtig
verstanden haben“, sagt Claassen über
seinen Mentor.
Heute hat Claassen selbst Mentor-Qualitäten.
Jungen Menschen, die ins Topmanagement
wollen, gibt Utz Claassen folgenden
Tipp mit auf dem Weg: „Sich nicht von der
Leichtigkeit des Seins verführen lassen.
Mit harter und strukturierter
Arbeit kann man die Wahrscheinlichkeit
erhöhen, dass
das berufliche Glück kommt.
Daran habe ich mich immer gehalten.“
Gleichzeitig gibt Claassen aber zu, dass dieser
Beruf mit dem Privatleben nicht immer
einfach zu vereinbaren sei. „Ich habe zu
viel Fokus auf meinem beruflichen Einsatz.
Und extrem wenig Freizeit.“ Er könnte sich
vorwerfen, zu wenig Freizeit und Privatleben
zu haben. „Ich bin privat glücklich,
aber objektiv betrachtet habe ich viel zu
wenig Zeit für private Dinge.“ Ein Schicksal,
das viele erfolgreiche Menschen mit
Claassen teilen. Trotzdem nimmt er sich
2016 erhält Utz Claassen den Innovationspreis der deutschen
Wirtschaft in der Kategorie „Innovativster Unternehmer International“.
© Compamedia GmbH
hin und wieder eine Auszeit. Zum Beispiel,
um Tischfußball spielen, zu Hause am eigenen
Kickertisch, aber auch auf Turnieren.
Gerne würde Utz Claassen mal einen ganzen
Tag „offline“ sein. „Das wäre Luxus für
mich.“ Allerdings sei das derzeit unvorstellbar
und mit seiner unternehmerischen
Verantwortung nicht zu vereinbaren. Verantwortungsgefühl
ist ein Must-have in
seinem Beruf.
„Wer unternehmerisch tätig
ist und Personalverantwortung
trägt, muss rund um
die Uhr Verantwortungsgefühl
haben“, sagt Claassen.
Verantwortungsgefühl mache seiner Meinung
nach auch eine gute Führungskraft
aus. „Und Führungsfähigkeit im Umgang
mit Menschen. Nicht jeder, der ein guter
Fachmann ist, ist auch eine gute Führungskraft.“
Seinen eigenen Führungsstil beschreibt
Claassen so: „Jeder ist so frei, wie
er gut ist.“
Über Statussymbole spricht Utz Claassen
nicht so gerne. Er möchte seine finanziellen
Möglichkeiten auch nicht mit seiner
offenkundigen Leidenschaft für Autos in
Verbindung bringen und bleibt vage, wenn
es um seinen privaten Fuhrpark geht. Ein
Bentley? „Ich lebe in starken Loyalitäten,
und es versteht sich von selbst: Wenn ich
ein Fahrzeug käuflich erworben habe, dann
eines, das ich mit dem Konzept Piëch-Engineering
in Verbindung bringe und das mich
auch über meine Arbeitszeit im Volkswagen-Konzern
hinaus mit Herrn Piëch verbindet,
wann immer ich es fahre.“
An der Spitze des TOP-100-Wettbewerbs
steht die Syntellix AG mit Utz Claassen 2017.
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