Secrets of Success Magazin 2020
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Frau Uzerli, warum wurden Sie
Schauspielerin?
Meryem Uzerli: In meiner Schulzeit
hatte ich eine beste Freundin namens Amrei.
Ihr Vater war Intendant am Staatstheater
Kassel. Wir waren oft dort, hatten eine
kleine eigene Theater-AG. Es war für uns
beide immer klar, dass dies unser Leben bestimmen
würde. Aber Amrei kam bei einem
Autounfall ums Leben. Das war ein Schock
für mich.
In einem Gebet versprach
ich ihr, unseren Weg, den
wir uns vorgenommen hatten,
für sie weiterzugehen.
Des Weiteren habe ich schon als kleines
Kind zu meiner Mutter gesagt, dass ich zu
viele Emotionen in mir trage, als dass im
Alltagsleben dafür Platz wäre.
© Fethi Karaduman
Dieses Versprechen haben Sie auch gehalten
und sich am Hamburger Schauspiel-Studio
Frese beworben. Dort waren
Sie die jüngste Schülerin aller Zeiten.
Warum Frese?
Ich hatte mir von allen Schauspielstudios
die Unterlagen zuschicken lassen,
meine Augen geschlossen und das Schauspiel-Studio
Frese herausgezogen. Das war
es dann und so sollte es sein. Ich war sehr
jung, ja, und ich hatte Hemmungen, mein
inneres Potenzial frei herauszulassen. Das
Schauspiel-Studio hat mir in den drei Jahren
sehr geholfen, eine innere Stärke aufzubauen,
die einem hilft, einen guten Start
für den eigenen Weg zu finden. Aber an
seiner eigenen Stärke, am Mut und allem
zu arbeiten, was einen das wahre innere
Potenzial entfalten lässt, ist ein Lebensweg,
denke ich.
Was haben Sie nach der Schauspielausbildung
gemacht?
Ich habe direkt nach der Schauspielausbildung
angefangen, Filmfeste zu besuchen.
Mir wurde schnell klar, dass die Events von
Sören Bauer, sei es nun die „Movie meets
Media“ oder die „Directors Cut Night“, sehr
wichtig waren, um Networking zu betreiben.
Ich hatte allerdings nie eine
Einladung. In München bin
ich deshalb einmal über den
Zaun geklettert und habe
mir mein Kleid zerfetzt.
Auf der Berlinale bin ich einmal rausgeflogen,
weil ich an den Türstehern, die die
Gekonnt für Instagram posieren?
Für Meryem Uzerli kein Problem.
Bändchen kontrollierten, vorbeigerannt
bin. Ach, es war anstrengend und stressig,
muss ich sagen. Ich bin froh, jetzt offiziell
dabei sein zu dürfen.
Wie sind Sie zu der Serie „Muhtesem
Yüzyil“ gekommen?
Ich hatte über eine Theaterproduktion eine
Schauspielerin kennengelernt, die mich
später für das Casting empfohlen hat. Sich
dann gegen Tausende durchzusetzen, war
ein unwirkliches Gefühl, hat aber mein Vertrauen
ins Leben unglaublich gestärkt, dass
die Dinge, die zu einem gehören, einen finden.
Und über Nacht wurde Istanbul Ihr zweites
Zuhause.
Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater
ist Türke. Ich bin in Deutschland geboren
und aufgewachsen. Ab und an sind wir mal
in die Türkei in den Urlaub gefahren. Der
Umzug von Deutschland in die Türkei war
trotzdem kulturell gesehen keine Umstellung
für mich, da mir die türkische Mentalität
ja nicht fremd war. Aber selbst wenn:
Ich hatte auch nicht viel Zeit, groß darüber
nachzudenken, da die Serie nicht wie andere
TV-Weeklys 45 Minuten lang war, sondern
120 Minuten. Sozusagen Spielfilmlänge,
einmal pro Woche, Woche für Woche.
Dafür mussten wir hart arbeiten.
14- bis 18- Stunden-Tage
waren an der Tagesordnung.
Als Sie aus der Serie ausgestiegen sind,
kamen Sie mit kleinem Babybauch zurück
nach Berlin. Wie vereinbaren Sie Beruf
und Privatleben?
Knallharte Organisation bis auf die Minute.
Ich habe eine fünfjährige Tochter, da muss
alles perfekt organisiert sein. Ich frage mich
allerdings, wie das erst werden soll, wenn
sie zur Schule geht. Es ist heute schon nicht
immer ganz einfach, auch wenn eine gute
Struktur hilft.
Sie sind nicht nur als Schauspielerin ein
Megastar, sondern auch in den Sozialen
Medien. Allein bei Instagram haben sie
5,6 Millionen Follower. Das sind mehr, als
Matthias Schweighöfer, Elyas M‘Barek
und Til Schweiger zusammen haben.
„Muhtesem Yüzyil“ ist in 80 Länder verkauft
worden, unter anderem in den kompletten
Mittleren Osten, nach Russland,
Südamerika ... So gesehen könnten es
durchaus mehr Follower sein, wenn ich mir
mal etwas mehr Mühe mit Hashtags und
dem richtigen Posten zur richtigen Zeit geben
würde.
Die Serie „Muhtesem Yüzyil“
hat über 400 Mio. Fans weltweit.
Natürlich ist die Präsenz in
den Sozialen Medien ein
Entscheidungskriterium, ob
ich einen großen Werbedeal
bekomme oder nicht.
Aber nicht nur für die, wie mir neulich in
Los Angeles jemand sagte. Auch für viele
Filmstudios sind Soziale Medien mittlerweile
eine Visitenkarte, auf die sie einen
Blick werfen. Da hab’ ich erst mal schnell
zwei, drei Bilder gelöscht.
Abgesehen von Instagram und Co.: Was
hilft Ihnen noch, Karriere zu machen?
Welche Eigenschaften braucht es dazu?
Flexibel bleiben, dem Leben vertrauen und
sich nicht von zu vielen Meinungen von außen
ablenken lassen. Man sollte seiner Intuition
und seinem Instinkt folgen. Wichtig
ist aber auch, eine Balance zwischen Beruf
und privater Zeit zu finden. Es geht nicht
nur um Zeit zum Auftanken, sondern mehr
noch um Zeit, sich immer wieder neu zu
entdecken und seine Visionen zu überprüfen,
sich somit neu fokussieren zu können.
An welcher Rolle sind Sie am meisten
gewachsen?
Das war für einen Film, den ich letztes Jahr
in Georgien gedreht habe. Ich habe eine
Imkerin gespielt, die das Bienenvolk ihrer
Mutter weiterführen soll. Wir drehten in einem
bis dahin unbetretenen Naturschutzgebiet,
lebten komplett in der Wildnis. Ich
muss zugeben:
Ich hatte panische Angst vor
Bienen. Beim Dreh flogen
aber Hunderte von Bienen
täglich um mich herum.
Das hat nicht immer Spaß gemacht. Gewachsen
bin ich aber auch an dem Charakter,
den ich darstellen, ja sogar erleben
durfte. Es war eine Rolle, die ich bis dahin so
noch nicht spielen konnte, eher bestimmt
von ruhigeren Tönen. Das war spannend
und hat mich sehr weitergebracht.
Was können Sie jungen Nachwuchsschauspielern
raten, die von einer Karriere wie
Ihrer träumen?
Oh, das ist eine sehr schwere Frage, da es
so viele individuelle Persönlichkeiten gibt,
denen ich wohl im Detail unterschiedliche
Ratschläge bei unterschiedlicher Ausgangslage
geben würde. Aber generell würde
ich wohl sagen: Erstens sollte man sich
nicht mit negativen Energien umgeben und
immer im eigenen Glauben, in der eigenen
Vision verankert, mit sich in Verbindung
bleiben. Zweitens: arbeiten, arbeiten,
arbeiten, egal, was und wie. Hauptsache,
Erfahrungen sammeln, ob Kurzfilme, Theaterstücke
oder eigene Dinge schreiben und
entdecken. Und, wenn mal gar nichts geht,
Material sammeln, vor allem aber niemals
aufgeben. Drittens sollte man sich nicht
von zu vielen Meinungen von außen ablenken
lassen und schließlich viertens:
Networking, Networking,
Networking – und zum
Beispiel bei Sören- Bauer-
Events über den Zaun
klettern.
© Max Sonnenschein
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