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Natur- und Artenschutz<br />
gefähr<strong>de</strong>ten Biotoptypen und ihrer Pflanzengesellschaften<br />
zu dienen und so <strong>de</strong>ren seltenen Biozönosen<br />
zum Erhalt o<strong>de</strong>r zur Wie<strong>de</strong>ransiedlung bei <strong>de</strong>r<br />
ökologischen Entwicklung von Industriebrachen,<br />
bei <strong>de</strong>r Renaturierung <strong>de</strong>s E<strong>ms</strong>chersyste<strong>ms</strong> (MÜNCH<br />
2000) o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Gestaltung und Pflege von RRB<br />
zu verhelfen. Sie fungiert damit quasi als „pars pro<br />
totum“ für die stark gefähr<strong>de</strong>ten Lebensgemeinschaften<br />
wechselfeuchter und vegetationsarmer,<br />
sonnenexponierter Biotope, wobei in ihren Laichgewässern<br />
genauso gut seltene Libellenarten vorkommen<br />
und ihr Landlebensraum von helio- und<br />
xerophilen Laufkäfern und an<strong>de</strong>ren Insekten besie<strong>de</strong>lt<br />
wird. Auch SCHLÜPMANN (1995) sieht die Kreuzkröte<br />
für <strong>de</strong>n Schutz, die Pflege und die Vernetzung<br />
von Abgrabungen und Stadtbrachen als Zielart o<strong>de</strong>r<br />
als Zeigerart für Umweltqualitätsziele in <strong>de</strong>r Landschaftsplanung<br />
(BRINKMANN 1994).<br />
Einfaches Biomonitoring <strong>de</strong>r Kreuzkröte<br />
Da die Kreuzkröte nicht nur in allen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />
in <strong>de</strong>n Roten Listen aufgeführt, son<strong>de</strong>rn auch<br />
in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sartenschutzverordnung als „vom<br />
Aussterben bedrohte Art“ eingestuft ist, gehört sie<br />
zu <strong>de</strong>n bedrohtesten und rechtlich durch <strong>de</strong>n §20f<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetzes am strengsten geschützten<br />
Tierarten in Deutschland. So ist es gesetzlich<br />
sogar verboten, Kreuzkröten „an ihren<br />
Wohnstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen<br />
o<strong>de</strong>r ähnliche Handlungen zu stören“. Für das<br />
Biomonitoring mit <strong>de</strong>r Kreuzkröte ist <strong>de</strong>shalb eine<br />
Ausnahmegenehmigung erfor<strong>de</strong>rlich, die bei <strong>de</strong>r<br />
Unteren Landschaftsbehör<strong>de</strong> zu beantragen ist und<br />
die in <strong>de</strong>n meisten Fällen auch erteilt wird.<br />
Die Kreuzkröte ist auch vom Laien problemlos<br />
akustisch durch ihren charakteristischen Ruf nachzuweisen,<br />
kann in ihren Tagesverstecken leicht<br />
gefangen wer<strong>de</strong>n und ist abends in ihrem Laichgewässer<br />
gut sichtbar. Aufgrund ihrer einzigartigen<br />
Zeichnung mit einem gelblichen, schmalen Strich<br />
über <strong>de</strong>m Rücken (Kreuz), <strong>de</strong>m sie auch ihren<br />
<strong>de</strong>utschen Namen verdankt, ist sie von allen an<strong>de</strong>ren<br />
Froschlurchen gut unterscheidbar und kann<br />
schnell einwandfrei i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n. Die Populationsgröße<br />
und die Populationsentwicklung kann<br />
durch Auszählen <strong>de</strong>r gut sichtbaren Laichschnüre<br />
einwandfrei quantitativ und auch von unterschiedlichen<br />
Kartierern stets gut reproduzierbar bestimmt<br />
wer<strong>de</strong>n. Diese artspezifischen Eigenschaften prä<strong>de</strong>stinieren<br />
die Kreuzkröte gera<strong>de</strong>zu für das Biomonitoring<br />
<strong>de</strong>r ökologischen Entwicklung von RRB.<br />
Funktionale Pflege von Regenrückhaltebecken<br />
dank <strong>de</strong>r „Kalamitätenkröte“<br />
Ein RRB wird nicht für <strong>de</strong>n Artenschutz, son<strong>de</strong>rn<br />
für die Stadtentwässerung und <strong>de</strong>n Hochwasserschutz<br />
errichtet. Die Hochwasserschutzfunktion <strong>de</strong>s<br />
Beckens muss allein schon aus rechtlichen Grün<strong>de</strong>n<br />
je<strong>de</strong>rzeit gewährleistet sein. Aus diesem Grun<strong>de</strong><br />
wer<strong>de</strong>n beziehungsweise sollten RRB min<strong>de</strong>stens<br />
jährlich auf ihre Funtionsfähigkeit überprüft wer<strong>de</strong>n.<br />
Durch atmosphärischen Düngereintrag als nasse<br />
Deposition, durch eine vorhan<strong>de</strong>ne zum Beispiel<br />
aus einer landwirtschaftlichen Nutzung bedingten<br />
hohen Nährstoffgrundbelastung und beson<strong>de</strong>rs<br />
durch <strong>de</strong>n aquatischen Nährstoffeintrag <strong>de</strong>s in das<br />
Becken hineinfliessen<strong>de</strong>n Oberflächenwassers<br />
kommt es zu einer Eutrophierung <strong>de</strong>s gesamten<br />
RRB. Folge davon sind eine Verschlammung <strong>de</strong>s<br />
Gewässers und durch die anthropogen forcierte<br />
Sukzession eine Verbuschung und das Aufkommen<br />
von Gehölzwuchs. Dadurch erfolgt eine Reduzierung<br />
<strong>de</strong>s Staurau<strong>ms</strong> und gegebenenfalls eine<br />
Behin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Regenüberlaufs und somit eine<br />
Abb. 4. Kreuzkrötenfreundlich von StA 66/<br />
3 gestaltete Regenrückhaltebecken mit<br />
temporären und perennieren<strong>de</strong>n Kleingewässern<br />
und „Krötentunnel“ – aber<br />
Pflegemaßnahmen dringend erfor<strong>de</strong>rlich<br />
Gefährdung <strong>de</strong>r Hochwasserschutzfunktion <strong>de</strong>s Beckens.<br />
Daher sind regelmäßige, zumeist teure, Pflegearbeiten<br />
durch Mahd und Bau<strong>ms</strong>chnitt notwendig.<br />
Postuliert man jedoch die Kreuzkröte als biozönotische<br />
Leitart für <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r seltenen Pionierstandorte<br />
mit <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Biotopmanagenment,<br />
so können Pflegemaßnahmen außeror<strong>de</strong>ntlich<br />
preisgünstig wer<strong>de</strong>n.<br />
So hat SINSCH (1998) kurz und sehr treffend die<br />
Chancen und Risiken für das Überleben <strong>de</strong>r Kreuzkröte<br />
zusammengefasst: „Je<strong>de</strong>r Eingriff, <strong>de</strong>r lockere<br />
Bö<strong>de</strong>n freilegt, die Vegetation großflächig beseitigt<br />
und flache Gewässer entstehen lässt, schafft<br />
13 (2005) Heft 1