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Rahlstedter Leben September 2020

Das Stadtteilmagazin im Hamburg

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Politikum<br />

In der Kritik<br />

Klärschlammverbrennungs anlage<br />

am Naturschutzgebiet<br />

Deutschland hat die Energiewende eingeläutet und verfolgt große Ziele. Es<br />

geht um den Ausstieg aus der Atomkraft und den Kohleausstieg – zeitgleich.<br />

Es müssen Alternativen zur Stromerzeugung gefunden werden, wie zum<br />

Beispiel die Müll- und Klärschlamm-Verbrennungsanlage in Stapelfeld.<br />

Mit der beim Verbrennungsprozess entstehenden Hitze, lässt sich Strom<br />

erzeugen und ins Fernwärmenetz einspeisen.<br />

Text: Virginie Siems Fotos: Jens Wehde<br />

Was ist Ihre Meinung? Schreiben Sie an<br />

v.siems@rahlstedter-leben.de<br />

Halbierung der<br />

Schornsteinhöhe von 113 m<br />

2.KRITIK:<br />

auf 63 m bei Tallage<br />

Antwort EEW: Kurze Schornsteine sind Ausdruck<br />

strenger immissionsschutzrechtlicher Regelungen<br />

und modernster Rauchgasreinigungstechnik.<br />

Baute man früher hohe Schornsteine, um damit für<br />

eine hohe Verdünnung der Abgase zu sorgen, filtert<br />

man etwaige Schadstoffe heute aus dem Abgas heraus,<br />

bevor sie in den Schornstein gelangen. Mit anderen Worten:<br />

Heute ist der Grenzwert an der Quelle einzuhalten,<br />

noch bevor das Abgas in den Schornstein gelangt.<br />

Panikmache oder berechtigte Kritik?<br />

Die GEsetzeslage<br />

2017 Die Bundesregierung bringt neue<br />

Klärschlammverordnung auf den Weg. Dank<br />

dieser Verordnung gelangt der Klärschlamm<br />

nicht mehr als Dünger auf die Felder.<br />

2019 Eine EU Richtlinie fordert den<br />

Einsatz der „Besten verfügbaren Technik“<br />

<strong>2020</strong> Die Bundesregierung beschließt<br />

Abschied von der Kohleverstromung.<br />

Spätestens 2038 wird in Deutschland das<br />

letzte Kohlekraftwerk stillgelegt, wodurch<br />

der CO 2 -Ausstoß erheblich reduziert wird.<br />

<strong>2020</strong> Rot-Grün in Rahlstedt vertraut Fachgutachten<br />

von Müller-BBM und entscheidet<br />

sich gegen eine Luftmessung in Rahlstedt,<br />

fordert aber regelmäßige Einsicht in<br />

Messdaten aus Schleswig-Holstein.<br />

BIG! Stapelfeld<br />

Die Bürgerinitiative BIG! Stapelfeld<br />

sowie der Verein „Das bessere Müllkonzept“<br />

zählen zu den Gegnern der<br />

neuen kombinierten Hausmüll- und<br />

Klärschlamm-Verbrennungsanlage.<br />

Die widerstandleistenden Umweltschützer<br />

können bereits zwei Punkte<br />

für sich verbuchen:<br />

n Staatsanwaltschaft prüfte den<br />

Korruptionsverdacht beim Verkauf<br />

der Müllerbrennungsanlage als<br />

400.000 Euro vom Betreiber EEW an<br />

die Kreisverwaltung gezahlt wurde.<br />

n Die EEW muss die strengeren<br />

Emissionswerte nach dem bestverfügbaren<br />

Stand der Technik<br />

umsetzen und infolgedessen die<br />

Anlagentechnik und den Flächenbedarf<br />

ändern. Das heißt, der<br />

Neubau verzögert sich.<br />

www.bigstapelfeld.de<br />

Antworten der Energy from Waste<br />

Im Folgenden geht Morten Holpert, Technischer Geschäftsführer<br />

der EEW Stapelfeld, auf weitere Kritikpunkte der BIG! ein:<br />

Abgaszunahme um mindestens 15 % sowie<br />

Zunahme von hochgiftigen Dioxinen mit höheren<br />

1.KRITIK:<br />

Belastungen für die direkten Anwohner<br />

Antwort EEW: Thermische Abfallverwertungsanlagen sind Schadstoffsenken,<br />

entziehen also der Umwelt Schadstoffe und sind damit das Gegenteil von Schadstoffquellen.<br />

Gelangen über den Abfallstrom Schadstoffe in die Anlage, werden<br />

sie im Verbrennungsprozess bei Temperaturen um die 1.000° Celsius sicher zerstört<br />

und der Biosphäre dauerhaft entzogen, auch Dioxine. Thermische Abfallverwertungsanlagen<br />

emittieren sie nicht, sondern zerstören sie sicher und leisten<br />

so einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz. Künftig werden in Stapelfeld –<br />

vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung – das neue MHKW und die Klärschlamm-Monoverbrennungsanlage<br />

betrieben. Durch den Betrieb einer effizienteren<br />

Neuanlage als Ersatz für die MVA und einer weiteren, im Verhältnis deutlich<br />

kleineren Anlage für die Klärschlammverwertung, wird lediglich das Abgasvolumen<br />

um 15 % zunehmen. Die Filter durchströmt also lediglich mehr Abgas zur Reinigung.<br />

Mehr Abgas zu reinigen heißt aber nicht, mehr zu emittieren. Mit der Klärschlamm-Monoverbrennung<br />

werden künftig zudem 100 % der Immissionen von<br />

bisher landwirtschaftlich verwerteten Klärschlämmen entfallen. Klärschlamm ist<br />

der Abfall der Abwassereinigung. Sämtliche in diesem Abfall enthaltenen Schadstoffe<br />

wie Medikamentenrückstände, Hormone und Mikroplastik gelangen nicht<br />

mehr über Böden und Grundwasser in die Nahrungskette, sondern werden in der<br />

Verbrennung sicher zerstört. Ein Zugewinn für Mensch, Tier und Umwelt.<br />

Mülltourismus aus anderen<br />

Bundesländern aufgrund von Überkapazitäten<br />

3.KRITIK:<br />

in Schleswig-Holstein und Hamburg<br />

Antwort EEW: Das Land Schleswig-Holstein hat frühzeitig erkannt,<br />

dass die gesetzlichen Änderungen der Klärschlamm- und<br />

Düngeverordnung Auswirkungen auf die Klärschlammentsorgung<br />

haben werden und gemeinsam mit Partnern nach einer Lösung gesucht.<br />

EEW war von Anfang an Teil dieser Lösung und sowohl Gesprächspartner<br />

im sogenannten Markterkundungsverfahren 2017<br />

als auch im später gegründeten Klärschlammbeirat. EEW hat in der<br />

Folge Verantwortung übernommen, ist in die Genehmigungsplanung<br />

eingetreten, hat die am weitesten fortgeschrittene Planung und wird<br />

– vorbehaltlich der Erteilung einer Genehmigung – die erste KVA in<br />

Schleswig-Holstein in Betrieb nehmen. Hinzu kommt, dass die Kapazität<br />

der künftigen Anlage am Standort Stapelfeld schon heute vertraglich zu<br />

mehr als 80 % ausgelastet ist.<br />

www.eew-energyfromwaste.com<br />

FAZIT<br />

Vertrauen ist gut –<br />

Kontrolle ist besser<br />

Das Thema rundum die Klärschlammverbrennung<br />

ist hoch komplex. Was auf der<br />

übergeordneten Ebene in der Theorie<br />

plausibel erscheint, ist in der Praxis bei<br />

näherer Betrachtung nicht einfach zu<br />

lösen. Der Teufel steckt bekanntlich im<br />

Detail, denn die einzelnenn Akteure<br />

verfolgen unterschiedliche, hehre<br />

Ziele: wirtschaftliche, ökologische<br />

und gesundheitliche Aspekte laufen<br />

sich gegenseitig den Rang ab. So<br />

sind die Kraftanstrengungen der<br />

Bürgerinitiative ein gesunder<br />

Gegenpol in diesem hochpolitischen<br />

Konstrukt. Auch wenn wir<br />

vornehmlich Südwest-Winde<br />

haben, so sind das Naturschutzgebiet<br />

und Rahlstedt zwar selten<br />

betroffen, aber dennoch<br />

nicht aus dem Schneider.<br />

Wir bleiben dran!<br />

Weitere Fragen<br />

Woher beziehen Sie<br />

den Klärschlamm?<br />

Klärschlämme der Kreise Stormarn<br />

und Hzgt. Lauenburg<br />

werden vorrangig behandelt.<br />

Darüber hinaus liegt der<br />

Fokus auf Schleswig-Holstein<br />

und der Region Hamburg.<br />

Mit wieviel LKW pro Tag<br />

wird bei Vollauslastung<br />

zu rechnen sein?<br />

Genehmigungsrechtlich<br />

werden beide Anlagen<br />

mit einer Auslastung von<br />

110% bzw. 115% betrachtet.<br />

Davon ausgehend können<br />

beide Anlagen zusammen<br />

rein rechnerisch von bis<br />

zu 215 LKW pro Werktag<br />

angefahren werden.<br />

Diese unwahrscheinlichen<br />

Lastfälle als Maximum angenommen,<br />

würde durch die<br />

Neubauprojekte das bestehende<br />

Verkehrsaufkommen<br />

auf der L 222 um knapp 0,3 %<br />

angehoben. Im tatsächlichen<br />

Betrieb rechnet EEW mit 160<br />

bis 180 LKW pro Werktag,<br />

was einer Steigerung von<br />

0,2 % entspräche.<br />

6 <strong>Rahlstedter</strong> <strong>Leben</strong> 03/<strong>2020</strong><br />

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