Zwischen Schäfer-Romantik und Pachtpreis-Realität - Biokreis
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n_2_12.qxp 29.03.2012 11:44 Seite 23<br />
Kritisch sieht es auch Sabine. Bis sie<br />
im Jahr 2006 Klaus kennenlernte,<br />
arbeitete sie in Riedenburg als<br />
Büroangestellte. „Im Sommer bin ich<br />
ja quasi daheim, aber der erste Winter<br />
auf dem Hof war schon hart. Die Arbeit<br />
im Stall ist für uns alle kräfteraubend“,<br />
erzählt sie. Dazu komme, dass die<br />
Kosten für die Lämmerproduktion steigen<br />
würden, der Erlös am Lamm aber<br />
nicht nachziehe, berichtet ihr Partner.<br />
Ein Problem seien auch die steigenden<br />
<strong>Pachtpreis</strong>e. „Dadurch kann ich mir die<br />
Pacht bald nicht mehr leisten <strong>und</strong> verliere<br />
Flächen. Die Hälfte unseres<br />
Einkommens kommt aus der<br />
Landschaftspflege, aber ich habe es<br />
satt, von diesen Subventionen abhängig<br />
zu sein. Ich möchte, dass sich unsere<br />
Arbeit selbst trägt“, sagt Kammergruber.<br />
Dass er im November 2011 für<br />
seine Verdienste im Vertragsnaturschutz<br />
mit dem „Arche-Bayern-Betrieb“-Preis<br />
ausgezeichnet wurde, ist<br />
nur ein schwacher Trost.<br />
Was die Kammergrubers sonst noch<br />
so treiben: Fast nichts<br />
Die Arbeit fordert die beiden stark, für<br />
andere Interessen bleibt weder Zeit<br />
noch Energie. Nur am Sonntag nach<br />
getaner Arbeit machen sie manchmal<br />
„frei“, besuchen jemanden, kümmern<br />
sich um Haushalt <strong>und</strong> Büro oder entspannen<br />
auf der Couch.<br />
Impressionen<br />
Wie alles anfing: Bio zuerst aus wirtschaftlichen<br />
Gründen<br />
Den Betrieb seiner Eltern hat Klaus<br />
Kammergruber 1994 übernommen.<br />
Sein Vater, ein weichender Hoferbe,<br />
war mit seinen Schafen lange auf Wanderschaft.<br />
1969 bekam er durch den<br />
„Sesshaftmachungskredit“ ein zinsfreies<br />
Darlehen <strong>und</strong> kaufte den Hof bei<br />
Eggenfelden, den Klaus Kammergruber<br />
noch acht Jahre abbezahlen<br />
muss. Bis 2000 vermarktete der das<br />
Lammfleisch selbst, vor allem an Moslems.<br />
Aus wirtschaftlichen Gründen<br />
stellte er 2000 auf Bio um. Mittlerweile<br />
ist er jedoch Bioschäfer aus Überzeugung:<br />
„Ich würde mich im konventionellen<br />
Bereich nicht mehr zurecht finden.<br />
Es ist nicht ges<strong>und</strong>, was da passiert.“<br />
Wie es mit der Energieversorgung<br />
aussieht: Solarflächen verpachtet<br />
Ein kleines Zusatzeinkommen erwirtschaftet<br />
der <strong>Biokreis</strong>-Landwirt durch<br />
die Verpachtung von Solarflächen auf<br />
dem Dach des 2002 gebauten Stalls<br />
(250 kW). Das Wohnhaus auf dem<br />
Hof, in dem Kammergrubers Eltern<br />
<strong>und</strong> seine vier Kinder aus seiner<br />
geschiedenen Ehe, Monika (23, studiert<br />
Lehramt), Klaus (21), Melanie<br />
(18) <strong>und</strong> Sandra (14) leben, wird mit<br />
Gas <strong>und</strong> Holz aus dem eigenen 2,3<br />
Hektar großen Schlag geheizt.<br />
Ährlich bio! <strong>Biokreis</strong><br />
Welche Ziele sie noch haben:<br />
Wirtschaftlichkeit erhalten<br />
Klaus Kammergruber <strong>und</strong> Sabine<br />
Baumeister wollen in absehbarer Zeit<br />
ein Austragshaus auf dem Hof bauen.<br />
Sie wünschen sich auch, mehr Freizeit<br />
zu haben. Wie lange sie die <strong>Schäfer</strong>ei<br />
aufrechterhalten, ist unklar. Man müsse<br />
abwarten was die Reform 2013 bringt,<br />
sagt Kammergruber. Sein Sohn sei<br />
zwar Landwirt, trotzdem wolle er ihm<br />
alles offen halten.<br />
Welche Werte wichtig sind: Regionalität<br />
<strong>und</strong> Unabhängikeit<br />
Klaus Kammergruber möchte mit seinem<br />
Hof auf eigenen, ökonomisch stabilen<br />
Beinen stehen. Rein wirtschaftlich<br />
orientiert sind er <strong>und</strong> seine<br />
Partnerin aber nicht. „Ich versuche<br />
schon, das Ganze nicht so materiell zu<br />
sehen. Die Einzigartigkeit eines jeden<br />
Lebewesens zu erkennen, ist wertvoll.<br />
Klar muss es unterm Strich passen,<br />
aber „mitnehmen“ können wir eh nix.<br />
Wichtig ist der innere Seelenfriede“,<br />
erklärt Sabine Baumeister. Klaus liegt<br />
ebenfalls die Wertschätzung des<br />
„Produktes“ am Herzen, egal welcher<br />
Tierart. Außerdem ist beiden Regionalität<br />
wichtig: „Wir wollen keine<br />
Bioprodukte aus Holland, sondern von<br />
hier“, sagen sie.<br />
900 Merinoschafe verbringen den Winter im Kaltstall bei Eggenfelden, im Sommer werden sie 140 Kilometer entfernt geweidet.<br />
Ein paar Ziegen sind auch dabei. Seine Hüteh<strong>und</strong>e hat Klaus Kammergruber im Griff. An der Straße weist ein Schild auf<br />
sein Wollstüberl hin.<br />
Bionachrichten 2 | April/Mai 2012 23