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steueranwaltsmagazin 3 /2011 - Wagner-Joos Rechtsanwälte

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<strong>steueranwaltsmagazin</strong> 3 /<strong>2011</strong><br />

� Steuermelder<br />

Einschränkung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4 a EStG aufgrund von<br />

Überentnahmen nur in den Vorjahren – Keine verfassungsrechtlichen Bedenken<br />

Abstract: Eine Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen<br />

aufgrund von Überentnahmen nach § 4 Abs. 4 a<br />

EStG ist auch dann vorzunehmen, wenn im Veranlagungszeitraum<br />

keine Überentnahme vorliegt, sich aber ein Saldo<br />

aufgrund von Überentnahmen aus den Vorjahren ergibt.<br />

Anlaß: BFH-Urteil vom 17. 08. 2010 VIII R 42/07, BStBl II<br />

2010 S. 1041<br />

I. Sachverhalt<br />

Der Kläger ist Steuerberater und ermittelt den Gewinn aus<br />

seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit durch Bestandsvergleich<br />

(§ 4 Abs. 1 EStG). Zum 31. 12. 1998 war das Kapitalkonto<br />

negativ. In den Veranlagungszeiträumen 1999 bis<br />

2001 erwirtschaftete der Kläger folgende Gewinne und tätigte<br />

folgende Einlagen sowie Entnahmen:<br />

Veranlagungszeitraum<br />

Im Streitjahr 2001 betrugen die betrieblichen, nicht auf Investitionsdarlehen<br />

entfallenden Schuldzinsen 74.111 DM.<br />

Das FA ermittelte für das Streitjahr als Bemessungsgrundlage<br />

für den Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4 a<br />

EStG einen Betrag von 81.804 DM, weil ungeachtet der Unterentnahme<br />

im Streitjahr (von 4.759 DM) aus Vorjahren<br />

eine verbleibende Überentnahme i. H. v. 86.563 DM zu berücksichtigen<br />

sei und diese zu einem Hinzurechnungsbetrag<br />

von 4.908,24 DM führe. Einspruch und Klage hatten<br />

keinen Erfolg. Mit der Revision rügt der Kläger, die Voraussetzungen<br />

der Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4 a EStG hätten<br />

mangels Überentnahme im Streitjahr nicht vorgelegen.<br />

II. Entscheidung des BFH<br />

Einlagen Entnahmen Gewinn<br />

1999 10.290 DM 154.942 DM 90.693 DM<br />

2000 7.237 DM 168.323 DM 128.482 DM<br />

2001 9.797 DM 169.507 DM 164.468 DM<br />

Nach Auffassung des BFH hat das FG die streitigen Einkünfte<br />

zu Recht um einen Hinzurechnungsbetrag nach<br />

§ 4 Abs. 4 a EStG hinsichtlich der betrieblich veranlassten<br />

und vom Kläger als Betriebsausgaben abgezogenen Schuldzinsen<br />

erhöht. Trotz fehlender Überentnahme im Streitjahr<br />

ist nämlich aufgrund des Saldos mit den in die Beurteilung<br />

einzubeziehenden Überentnahmen der Vorjahre von einer<br />

Überentnahme i. S. d. Gesetzes auszugehen. Die Überentnahme<br />

ist zwar nach Satz 2 des § 4 Abs. 4 a EStG 1999 der<br />

Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns<br />

und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Aus<br />

dem Wortlaut der Regelung in Satz 1 der Vorschrift sowie<br />

aus dem Sachzusammenhang zwischen Satz 2 und Satz 3<br />

der Regelung i. d. F. des Streitjahres folgt aber, daß für die<br />

Anwendbarkeit des § 4 Abs. 4 a EStG genügt, wenn im Wirtschaftsjahr<br />

des Schuldzinsenabzugs der Saldo aus den Über-<br />

und Unterentnahmen dieses Jahres sowie der Vorjahre eine<br />

Überentnahme ausweist. So knüpft der Wortlaut der Grundregelung<br />

in Satz 1 der Vorschrift nicht an die Über- oder<br />

Unterentnahme, sondern – periodenübergreifend – an<br />

„Überentnahmen“ ohne zeitliche Begrenzung an. Die nicht<br />

abziehbaren Schuldzinsen werden des weiteren nach Satz 4<br />

(i. d. F. des Streitjahres bzw. nach Satz 3 i. d. F. für die Folgejahre)<br />

typisiert mit 6 v. H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahres<br />

zuzüglich der Überentnahmen der vorangegangenen<br />

Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in<br />

den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und<br />

die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen),<br />

ermittelt. Damit ist die Vorschrift periodenübergreifend<br />

angelegt und soll ersichtlich den Schuldzinsenabzug<br />

so lange ausschließen, bis der Überhang an Überentnahmen<br />

durch Gewinne und Einlagen wieder ausgeglichen ist. Diese<br />

periodenübergreifende Regelung greift mithin auch ein, wenn<br />

im Streitjahr selbst keine Überentnahmen gegeben sind; allerdings<br />

sind dann – insoweit abweichend vom mißglückten<br />

Gesetzeswortlaut – auch Unterentnahmen des Streitjahres<br />

zu berücksichtigen (ebenso Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,<br />

EStG, § 4 Ea 86; Wendt, FR 2000, 417, 427 f.). Für<br />

diese Auslegung spricht auch der Zweck des § 4 Abs. 4 a EStG,<br />

Gestaltungen in Form sog. Zwei- und Mehrkontenmodelle<br />

entgegenwirken. Der Betriebsinhaber soll bei negativem Eigenkapital<br />

dem Betrieb nicht mehr Mittel entziehen, als erwirtschaftet<br />

und eingelegt worden sind (vgl. Meurer in Lademann,<br />

EStG, § 4 EStG Rz 656 k [1]). Maßgeblich für die<br />

Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen soll daher<br />

der jährlich fortzuschreibende Saldo aller Über- und Unterentnahmen<br />

sein.<br />

III. Praxishinweis<br />

1. Die BFH-Entscheidung bestätigt die entsprechende Auffassung<br />

der Finanzverwaltung in Tz. 23, 24 des BMF-Schreibens<br />

vom 17. 11. 2005 IV B 2–S 2144–50/05 (BStBl I 2005<br />

S. 1019). Der gegenteiligen Auffassung im Schrifttum (wie<br />

z. B. Schallmoser in HHR § 4 EStG Rz 1051, m. w. N., sowie Rz<br />

1068, 1070, m. w. N.) hat sich der BFH damit ausdrücklich<br />

nicht anschließen wollen.<br />

2. § 4 Abs. 4 a EStG ist auch auf die Überschußrechnung<br />

nach § 4 Abs. 3 EStG anzuwenden. Soweit sich<br />

durch einen Wechsel der Gewinnermittlungsart in einzel-<br />

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