22.12.2012 Aufrufe

steueranwaltsmagazin 3 /2011 - Wagner-Joos Rechtsanwälte

steueranwaltsmagazin 3 /2011 - Wagner-Joos Rechtsanwälte

steueranwaltsmagazin 3 /2011 - Wagner-Joos Rechtsanwälte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

� Steuermelder<br />

nen Jahren unterschiedliche Beträge ergeben, sind wechselbedingte<br />

Übergangsgewinne zu berücksichtigen (vgl.<br />

BMF-Schreiben IV B 2 – S 2144 – 50/05, BStBl I 2005<br />

S. 1019 Rn. 8). Soweit ein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlung<br />

besteht, obliegt es dem Steuerpflichtigen,<br />

das für ihn günstige Verfahren zu wählen.<br />

3. Der BFH hält die Vorschrift insbesondere unter dem Gesichtpunkt<br />

des Nettoprinzips für verfassungskonform, weil<br />

sie an Überentnahmen und somit an private Ursachen an-<br />

knüpft (vgl. BFH-Urteil vom 07. 03. 2006 X R 44/04, BStBl II<br />

2006 S. 588). Auch der Verzicht des Gesetzgebers auf eine<br />

liquiditätsbezogene Betrachtung (aus Praktikabilitätsgründen)<br />

bei der gesetzlichen Typisierung der nicht abziehbaren<br />

Schuldzinsen mit 6 v. H. der Überentnahmen knüpft sachgerecht<br />

an den jeweiligen Bestand des vorhandenen Eigenkapitals<br />

an, der grundsätzlich steuerunschädlich entnommen<br />

werden darf (vgl. BFH-Urteil vom 21. 09. 2005 X R 47/03,<br />

BStBl II 2006 S. 504; a. A. Horlemann, DStR 2010 S. 726).<br />

Vorrangige Verrechnung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG mit nicht<br />

tarifbegünstigten Veräußerungsgewinnen<br />

Abstract: Erzielt der Steuerpflichtige einen Veräußerungsgewinn<br />

i. S. d. § 16 Abs. 1 EStG, der sowohl dem Halbeinkünfteverfahren<br />

unterliegende als auch in voller Höhe zu<br />

besteuernde Gewinne enthält, wird der Freibetrag gemäß<br />

§ 16 Abs. 4 EStG für Zwecke der Ermittlung der nach § 34<br />

Abs. 1 und 3 EStG tarifermäßigt zu besteuernden Gewinne<br />

vorrangig mit dem Veräußerungsgewinn verrechnet, auf<br />

den das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden ist.<br />

Anlaß: BFH, Urteil vom 14. 07. 2010 X R 61/08, BStBl II<br />

2010 S. 1011, BFH/NV 2010 S. 1915<br />

I. Sachverhalt<br />

Die Beteiligten streiten über die Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes<br />

bei der Berechnung des Freibetrags<br />

nach § 16 Abs. 4 EStG entsprechend der BFH-Rechtsprechung<br />

zu anderen Regelungen.<br />

Der 1942 geborene Kläger war im Streitjahr 2002 an<br />

der B-Grundstücksgemeinschaft beteiligt. Aus dieser Beteiligung<br />

erzielte der Kläger im Streitjahr einen steuerpflichtigen<br />

Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG von insgesamt<br />

127.816,08 EUR. Dieser setzt sich zusammen aus einem<br />

gemäß § 3 Nr. 40 EStG dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden<br />

Veräußerungsgewinn von 63.911,47 EUR (= 1/2<br />

von 127.822.94 EUR) und einem anderen, in vollem Umfang<br />

steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von 63.904,61 EUR.<br />

Für diesen Gewinn beanspruchte der Kläger den Freibetrag<br />

gemäß § 16 Abs. 4 EStG.<br />

Das FA rechnete den Freibetrag indes i. H. v. 51.200 EUR<br />

anteilig auf die in dem Veräußerungsgewinn enthaltenen<br />

steuerpflichtigen Halbeinkünfte und im übrigen auf den<br />

in diesem Gewinn enthaltenen voll steuerpflichtigen Ver-<br />

äußerungsgewinn an. Der voll zu besteuernde Veräußerungsgewinn<br />

verminderte sich hierdurch auf (gerundet)<br />

38.307 EUR. Diesen Betrag unterwarf das Finanzamt dem<br />

ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 3 EStG. Das FG gab<br />

dem Begehren des Klägers, den Freibetrag vorrangig mit<br />

dem (steuerpflichtigen) Veräußerungsgewinn zu verrechnen,<br />

auf den das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden sei,<br />

in vollem Umfang statt.<br />

II. Entscheidung des BFH<br />

Der BFH bestätigte das FG-Urteil:<br />

Sei in dem Veräußerungsgewinn ein nach dem Halbeinkünfteverfahren<br />

zu ermittelnder Veräußerungsgewinn enthalten,<br />

so könne Bestandteil des Veräußerungsgewinns i. S. d.<br />

§ 16 Abs. 4 EStG nach dem Gesetzeswortlaut nur der steuerpflichtige<br />

Teil dieses Gewinns sein. Der Freibetrag sei mit<br />

dem überwiegenden Schrifttum und entgegen der Auffassung<br />

der Finanzverwaltung vorrangig von dem Halb-<br />

einkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsgewinn<br />

abzuziehen. § 16 Abs. 4 EStG enthalte keine Verwendungsreihenfolge.<br />

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung bildeten<br />

die nach § 34 EStG begünstigten Einkünfte innerhalb der<br />

Summe der Einkünfte bzw. der jeweiligen Einkunftsart eine<br />

„besondere Abteilung“ (BFH, Urteil vom 29. 10. 1998 XI R<br />

63/97, BStBl II 1999 S. 588). Die außerordentlichen Einkünfte<br />

würden nur dann und nur insoweit gekürzt, als für eine Kürzung<br />

die tariflich zu besteuernden Einkünfte nicht ausreichten.<br />

Außerordentliche Einkünfte seien nur um die mit ihnen<br />

in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben<br />

bzw. Werbungskosten zu kürzen (BFH-Urteil vom<br />

02. 09. 2008 X R 15/06, BFH/NV 2009 S. 138). Entsprechend<br />

der BFH-Rechtsprechung zu anderen Fallgruppen sei auch<br />

der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG im Wege der Meistbegünstigung<br />

vorrangig von dem nicht tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn<br />

abzuziehen. Dem stehe die Wertung des<br />

§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht entgegen, wonach im Halbeinkünfteverfahren<br />

ermittelte Veräußerungsgewinne keine außerordentlichen<br />

Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift seien.<br />

Damit habe der Gesetzgeber (lediglich) sicherstellen wol-<br />

112 <strong>steueranwaltsmagazin</strong> 3 /<strong>2011</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!