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Leben & Arbeiten Spessart und Alpen - UNUS - Unternehmer ...

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46 bayerisches original<br />

unus IV/2012<br />

Joe Viera – einer, der<br />

selbst zur Marke wurde<br />

„Die Wirtschaft muss sich darauf einstellen, dass sie<br />

künftig in anderen Maßstäben wachsen muss, nämlich<br />

über die Qualität“, das sagt uns ein durch <strong>und</strong> durch<br />

Selbständiger, von dem man das so nicht erwarten<br />

würde. Professor Joe Viera – der Inbegriff des Jazz in<br />

Deutschland. Er, der Schwabinger, steht wie kein zweiter<br />

für den Aufbau einer Jazz-Szene mit entsprechenden<br />

Unterrichtsangeboten im Nachkriegsdeutschland.<br />

Längst ist er zum Inbegriff des Jazz in unseren Landen<br />

geworden.<br />

Ursprünglich hat er Physik studiert, 1960 sein Diplom<br />

erworben, den Beruf aber nie ausgeübt. „Schon im Alter<br />

von 11, 12 Jahren hat mich der Rhythmus des Jazz<br />

fasziniert“, erzählt Viera. „Jazz <strong>und</strong> die Naturwissenschaften<br />

haben das Denken in Strukturen gemeinsam.“<br />

Einen Jazz-Unterricht gab es im Deutschland der 50er<br />

Jahre nicht. Er bildete sich selbst neben dem Studium<br />

weiter, gründete seine eigene Band, gab anderen<br />

Bands Tipps <strong>und</strong> Anregungen, machte sich selbständig<br />

als Musiker, Arrangeur, Komponist, Dozent <strong>und</strong> Autor,<br />

gab die ersten Kurse an der Volkshochschule München,<br />

1963 folgt die Tätigkeit als Dozent an der Akademie<br />

Remscheid. Mittlerweile ist er gefragt <strong>und</strong> geschätzt in<br />

aller Welt, bleibt aber seiner Heimat Schwabing treu.<br />

So ist es auch kein Zufall, dass wir ihn im Café Münchner<br />

Freiheit treffen. Wenn man ihm gegenüber sitzt,<br />

spürt man: da sitzt ein Macher <strong>und</strong> Könner, einer, der<br />

die Musik <strong>und</strong> die Menschen liebt <strong>und</strong> für seine Sache<br />

einsteht <strong>und</strong> unbeirrt seinen Weg geht. Dass er<br />

im September dieses Jahres 80 Jahre geworden ist,<br />

das bremst ihn überhaupt nicht. Sein Terminkalender<br />

ist immer noch prall gefüllt mit Kursen <strong>und</strong> Konzerten<br />

in der ganzen Welt. Viera steht in einer Reihe mit Max<br />

Greger <strong>und</strong> Hugo Strasser. „Sie haben mir mit einem eigenen<br />

Konzert ein Geburtstagsgeschenk der besonderen<br />

Art gemacht“, so Viera mit einem Lächeln auf den<br />

Lippen.<br />

Was Viera unter den Begriffen Qualität <strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />

versteht, wird bei einem seiner bekanntesten<br />

Projekte greifbar: der Jazz-Woche Burghausen. Gemeinsam<br />

mit Helmut Viertel hat er hier seit 1970 eine<br />

Marke <strong>und</strong> ein Aushängeschild für den Jazz <strong>und</strong> für die<br />

Stadt geschaffen, die weit über Bayern hinaus bekannt<br />

ist. „Vor allem die Konstanz <strong>und</strong> der Qualitätsanspruch<br />

Fotos: Juniwiesn 2012 Johannes Karasek, Barbara Maurer BDS Bayern<br />

Sehr geehrte Frau B<strong>und</strong>esministerin Aigner,<br />

Sie sind ja bekannt für ein klares Wort <strong>und</strong> machen damit<br />

in Berlin wirklich eine gute Figur. Denn ein solches<br />

klares Wort wäre gerade bei der Befreiung von riesigen<br />

Mastbetrieben von der EEG-Umlage <strong>und</strong> der Stromsteuer<br />

wirklich erforderlich. Da werden auf Kosten der kleinen<br />

<strong>und</strong> mittleren Betriebe – <strong>und</strong> das bezieht den Kleinbauern<br />

im Allgäu ganz genauso mit ein – agrarindustrielle<br />

Strukturen gefördert <strong>und</strong> von h<strong>und</strong>ertausenden von<br />

Euros befreit, obwohl diese Großbetriebe ja schon gar<br />

überhaupt nichts mit einer nachhaltigen kleinteiligen<br />

Landwirtschaft zu tun haben. Und von einer Gefährdung<br />

von wichtigen Branchen im internationalen Wettbewerb<br />

kann ebenso nicht die Rede sein. Diese Gefährdung war<br />

ja gerade bei der Befreiung von der Umlage aus dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz<br />

die Argumentationsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Aber das ist dann wirklich politisch schizophren.<br />

Denn die kleinteilige familiengeführte Landwirtschaft<br />

ist der eigentliche Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb,<br />

wenn es um qualitativ hochwertige Produkte<br />

für den Export oder wenn es um den Faktor Landschaft<br />

für den Tourismus geht. Denn ausgeräumte Landschaften<br />

mit riesigen Hallen „mitten in der Prärie“ sind alles<br />

andere als anziehend. Da finanziert der Kleinbauer seine<br />

eigene Konkurrenz in Norddeutschland. Und noch krasser<br />

wird das ganze Szenario, wenn der Großmäster noch<br />

seinen eigenen Strom mittels Biogasanlage erzeugt <strong>und</strong><br />

denselbigen für den Betrieb einsetzt.<br />

Das Rad mit der Stromsteuer wird sich wahrscheinlich<br />

nicht zurückdrehen lassen, denn mit dieser wird ja ein<br />

erklecklicher Betrag für die Rentenkasse erwirtschaftet.<br />

Aber dass durch die Änderung des EEG-Gesetzes jetzt<br />

schon dreimal soviele Betriebe von der Umlage befreit<br />

worden sind wie vor dieser Änderung, das ist eine täg-<br />

waren <strong>und</strong> sind bei diesem Gesamtprojekt wichtig“,<br />

betont Viera. Lediglich am Samstagabend wird auch in<br />

den Lokalen in der Stadt gejazzt.<br />

Eigentlich war sein Resümee nach einem Vortrag im<br />

Jahr 1969 in der Salzachstadt: „Nie wieder Burghausen“.<br />

Aber dann wurde genau diese Idee eines Jazz-<br />

Festivals in seinem alten VW vor dem Burghausener<br />

Bahnhof geboren <strong>und</strong> „das Kind“ kam im März 1970<br />

auf die Welt. Seitdem liegt die künstlerische Leitung<br />

bei Joe Viera. Wer auf die Homepage des Festivals<br />

www.b-jazz.com geht, findet hier ein weiteres Herzensanliegen<br />

von Viera in lebendiger Form: die Nachwuchsförderung,<br />

in Form des Europäischen Burghauser<br />

Nachwuchs-Jazzpreis. Indirekt blitzt hier der „nach-<br />

liche Watschn für jeden<br />

kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />

Betrieb – <strong>und</strong><br />

für jeden Kommunalpolitiker,<br />

der sich vor<br />

Ort gerade um diese<br />

Strukturen bemüht,<br />

insbesondere in der<br />

Landwirtschaft. Inzwischen<br />

ist ersichtlich,<br />

dass hier unter dem<br />

Deckmantel der Mittelstandsförderung ein Subventionsfass<br />

aufgemacht worden ist, das den kleinen <strong>und</strong><br />

den privaten Haushalten täglich auf die Füße fällt. Und<br />

dieses Fasserl „derfat doch eigentlich Eana am allermeiten<br />

stinga“, weil´s Ihnen gegen den Strich geht.<br />

Wär´ nicht jetzt die beste Gelegenheit, diesen EEG-<br />

Wahnsinn wieder einzusammeln, <strong>und</strong> dass Sie sich an die<br />

Spitze einer „korrigierenden Bewegung“ setzen, jetzt, wo<br />

die ersten Erfahrungen <strong>und</strong> Erkenntnisse auf dem Tisch<br />

liegen? Denn Sie haben ja in Berlin nichts mehr zu verlieren,<br />

wenn Sie eh nach München wechseln. Und Bayern<br />

ist zum Glück nicht bekannt für seine Mastanlagen.<br />

Also, pack´ma´s Frau Aigner, der Verbraucher, die Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> damit auch die Wähler werden es Ihnen<br />

danken. Ein klares Wort ist gefragt, <strong>und</strong> nichts anderes<br />

erwarten wir von Ihnen.<br />

Nix füa unguad<br />

Ihr Ferdl Fassl<br />

Schreiben Sie uns Ihre Meinung an ferdl.fassl@unus-online.de<br />

faß ohne boden<br />

haltige Selbstständige“ Joe Viera mit seiner Botschaft<br />

wieder durch: denn ohne Nachwuchsförderung keine<br />

dauerhafte Qualität. Das haben Jazz <strong>und</strong> Mittelstand<br />

auf jeden Fall gemeinsam.<br />

Das Interview führte Markus Droth.<br />

47<br />

unus IV/2012

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