Leben & Arbeiten Spessart und Alpen - UNUS - Unternehmer ...

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unus IV/2012
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Von Bayern in die Welt
Interview mit Benedikt Böhm
Was macht das Outdoor- und Freizeitland Bayern aus?
Bayern steht sicherlich für überragende Freizeit- und
Sportmöglichkeiten. Ich bin in München geboren und
aufgewachsen und habe dort das perfekte Umfeld, um
viel Sport zu treiben. Vor allem für Berg- und Wintersportler
gibt es zwischen Berchtesgaden und der Region
um Oberstdorf unzählige Möglichkeiten. Durch meinen
Beruf kenne ich die Alpenregionen sehr gut. Bayern
zeichnet sich im Gegensatz zu den meisten Alpenregionen
durch eine hervorragende Infrastruktur aus.
München liegt zwar nicht direkt in den Bergen, aber
die Alpen sind innerhalb kürzester Zeit von Ost nach
West erreichbar. Das ist in unserem Nachbarland Tirol
vergleichsweise bereits ganz anders. Zudem hat Bayern
innerhalb der Alpenregionen eine weit überdurchschnittliche
Kaufkraft und dichte Besiedlung. Es gibt
hier einen hohen Anteil an Alpenvereinsmitgliedern
und in Bayern wird viel Geld für Outdoor ausgegeben.
Was ist das Besondere daran,
Freizeit zu „unternehmen“?
Als Skitouren- und Bergsportspezialist stellen wir
fest, dass die Freizeitgestaltung zunehmend wich-
tig wird. Freizeit wird für viele Menschen weniger.
Jene, die sie mit Sport in den Bergen verbringen,
investieren in perfekt passendes und zuverlässiges
Material. Die Zeit für Freizeit wird besser geplant
– das sehe ich am besten bei mir. Ich teile mir
die Zeit für Training, Beruf und Familie gut ein und
trainiere dann, wenn ich Zeit habe. Das ist entweder
ab 2 - 3 Uhr morgens oder spät abends oder am
Wochenende. So kommen in einem Jahr bis 400.000
Höhenmeter zusammen. Das muss ich planen.
Wo sehen Sie Parallelen zwischen
aktivem Freizeitsport und Unternehmertum?
Für mich vereint sich der Gedanke von Aktivität in
der Freizeit und im Unternehmen. Als Leistungssportler
und Höhenskibergsteiger ist meine Freizeit
wahrscheinlich nicht mit klassischem Freizeitsport
vergleichbar. Viele Extremsituationen haben
mein Berufsleben mehr befruchtet als mein Wirtschaftsstudium.
Es gibt sehr viele Parallelen, aber das
Wichtigste beim Bergsteigen ist, immer wieder aufzustehen.
Sich nicht entmutigen zu lassen und Misserfolge
als Lernprozess und Teil des Werdens zu verstehen.
Noch wichtiger ist die Fähigkeit, schnelle Entscheidungen
treffen zu können, hinter denen man
steht. In Extremsituationen muss ich mich entscheiden,
da dies sonst mein Ende sein könnte. Viele Manager
verlieren wichtige Zeit, da Sie nicht entscheiden
können oder wollen und keine klare Position vertreten.
Auch meine Mitarbeiter und Kollegen sind
in der Freizeit sportlich aktiv – die Dynamik und der
Sportgedanke spiegeln sich im Unternehmen wider.
Von Bayern in die Welt – Vorbild Salewa
für den bayerischen Mittelstand?
Die Salewa GmbH und die Tochter Dynafit lassen
sich hier gut als Beispiel anführen. Das Unternehmen
wurde 1935 in einem Münchener Hinterhof gegründet.
Der Name stammt aus dem Vertrieb von
Leder- und Textilprodukten – Sattler-Leder-Waren.
1982 hat der heutige Eigentümer und damalige
italienische Importeur Heiner Oberrauch mit
seiner Oberalp-Gruppe die Marke SALEWA übernommen.
Heute werden die europäischen Märkte
Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Polen,
Schweiz und Spanien durch eigene Gesellschaften
betreut, in etwa 30 weiteren Ländern arbeitet
die SALEWA-Gruppe mit Agenten und Importeuren.
Dynafit wurde 2003 von der Salewa Gruppe übernommen
und der Hauptsitz von Salzburg nach
München verlegt. Das Unternehmen war zu diesem
Zeitpunkt insolvent. Inzwischen ist DYNAFIT
die profitabelste Marke innerhalb der Gruppe und
ist globaler Marktführer in Sachen Skitourenausrüstung.
Dynafit hat zweifelsohne einen einzigartigen
Aufstieg innerhalb der Branche geschafft.
Was ist der Unterschied zwischen einem
herkömmlichen Unternehmen und einem
Outdoor Unternehmen?
Die Gesetze sind am Ende gleich. Alle Unternehmen
müssen langfristig profitabel, wettbewerbsfähig
und innovativ sein um zu überleben. Das ungewöhnliche
ist aber, dass in der Outdoor- und Sportindustrie
die meisten Menschen eine Leidenschaft
teilen und deshalb diesen Beruf ausüben. Wir verkaufen
Freizeitgestaltung. Es geht um Spaß, Emotion
und Freude am Tun. Ich denke die Branche ist lockerer,
familiärer und oft emotionaler gesteuert. Und
man arbeitet mit Leuten, die ihren Beruf großteils
mit Freude ausüben. Das macht das Arbeiten angenehmer
– auch wenn es durch das Saisongeschäft
sogar stressiger als in anderen Branchen zugeht.
Warum entscheiden sich Outdoor
Unternehmen für den Standort Bayern?
München ist wohl Europas Outdoor Hauptstadt Nummer
1. Hier finden nicht nur die wichtigsten Messen
der Branche statt. München liegt perfekt, um den Europäischen
Outdoor Markt zu bearbeiten. Ein internationaler
Flughafen. Zudem findet man in Bayern überdurchschnittlich
gutes Personal, Lieferantenketten
und Partner. Zudem ein guter Ausgangsort für 2 weitere
wichtige Outdoor Märkte Österreich und Schweiz.
Einziger Wermutstropfen sind die Lebenskosten im
Vergleich. Alles ist teurer – vor allem das Wohnen.
Das Interview führte Peter Jordan.
Benedikt Böhm ist Speedbergsteiger und Brand Manager
bei DYNAFIT. Das Unternehmen ist Skitourenausrüster mit
Hauptsitz in München und beschäftigt knapp 200 Mitarbeiter
weltweit. Seit 2003 ist DYNAFIT Teil der SALEWA/
Oberalp Group. Bekannt ist Böhm vor allem durch seine
Rekordbesteigung des Muztagata (7.509 m) in China und
Gasherbrum II (8.034 m) in Pakistan. Dabei steigt Böhm
mit Skiern auf und fährt dann direkt vom Gipfel ins Tal ab.
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