Flanke, Kopfball, Tor! - OPUS-Datenbank - Friedrich-Alexander ...
Flanke, Kopfball, Tor! - OPUS-Datenbank - Friedrich-Alexander ...
Flanke, Kopfball, Tor! - OPUS-Datenbank - Friedrich-Alexander ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
(Abb. 2 - 4): Weltmeister in Aktion: Auf die<br />
Förderung individueller Stärken wird besonders<br />
viel Wert gelegt. Fotos: Malter<br />
Abb.3: Die Erlanger Studentenmannschaft tritt mit<br />
einem modifizierten 4-4-2 Spielsystem an.<br />
Grafik: Arne Schmidt<br />
<strong>Flanke</strong>, <strong>Kopfball</strong>, <strong>Tor</strong>! Wissenschaft rund um den Fußball<br />
Deshalb lautete eine taktische Maßgabe<br />
des Trainergespanns, im Moment des<br />
Ballgewinns, wenn die Deckungsformation<br />
der gegnerischen Mannschaft instabil<br />
ist, schnell, zielgerichtet und mit viel<br />
Risiko in die Spitze vorzustoßen. Das<br />
Tempo der Spielaktionen war 2004 im Vergleich<br />
zum Vorjahr weiter angestiegen.<br />
Nur Schnelligkeit ermöglicht plötzliche<br />
Finten mit Tempowechsel, um den Gegner<br />
auszuspielen, ebenso wie explosive Antritte<br />
auf engstem Spielraum, die Platz für<br />
erfolgreiche Offensivaktionen schaffen.<br />
Ein weiteres Grundprinzip war die konsequente<br />
Verengung gegnerischer Angriffsräume<br />
in Breite und Tiefe durch geschlossenes<br />
Verschieben zum Ball, verbunden<br />
mit systematischem Mittelfeldund<br />
Angriffspressing. Den Gegnern bleibt<br />
damit kaum noch Zeit und Raum für einen<br />
geordneten Spielaufbau.<br />
Um die Fähigkeiten eines jeden Spielers<br />
im Mannschaftskollektiv am besten zur<br />
Geltung zu bringen, hatten die Trainer ein<br />
modifiziertes 4-4-2 Spielsystem ausgetüftelt.<br />
Der nach hinten abgesetzte Libero<br />
bildet darin mit zwei manndeckenden<br />
Innenverteidigern und dem defensiven<br />
zentralen Mittelfeldspieler einen kompakten<br />
Abwehrbereich in Form eine<br />
Raute. Die Flügel sind mit einem Außenverteidiger<br />
und einem äußeren Mittelfeldspieler<br />
doppelt besetzt. Das Sturmzentrum<br />
bilden zwei dribbelstarke Strafraumstürmer.<br />
Mit diesem System ließen die Erlanger<br />
in der regulären Spielzeit während<br />
des gesamten Turniers kein einziges<br />
Gegentor zu. Die griechische Nationalmannschaft<br />
spielte bei der letzten Europameisterschaft<br />
in Portugal ein ähnliches<br />
System unter Otto Rehagel - und<br />
wurde Europameister.<br />
Den jedem Fußballspiel immanenten Konflikt<br />
zwischen individueller Freiheit der<br />
Spieler und Kollektiv-Disziplin konnten<br />
Bastian Huber und Arne Schmidt stets<br />
aufs Neue lösen, und es spricht für die gesamte<br />
Mannschaft, dass sie sich dieser<br />
Prämisse unterordnete. So wurde aus<br />
technisch gut ausgebildeten, zweikampfstarken,<br />
schnellfüßigen, konditionsstarken<br />
und intelligenten Spielern, aus älteren<br />
Teammitgliedern mit erfahrungsbedingter<br />
Übersicht und Geduld und aus der Risikobereitschaft,<br />
dem Tatendrang, der Unbekümmertheit<br />
der Jüngeren die richtige<br />
„Mischung“ geformt.<br />
Leistungssport mit Spaß<br />
Das Gemeinschafts- und Selbstwertgefühl<br />
einer Mannschaft, das Spieler über<br />
sich hinauswachsen lässt und zu außer-<br />
16 uni.kurier.magazin 106/juni 2005<br />
gewöhnlichen Leistungen befähigt, ist<br />
schwer in Worte zu fassen. Wie den berühmte<br />
Geist von Bern, der die Deutsche<br />
Fußballnationalmannschaft 1954 zur Weltmeisterschaft<br />
begleitete, gibt es bei den<br />
studentischen Fußballerspielern der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg den Geist von<br />
Antwerpen. Kameradschaft, Freundschaft,<br />
Hilfsbereitschaft sind für sie keine<br />
leeren Worthülsen, sondern prägen das<br />
Leben über das Spiel hinaus. Es macht<br />
Spaß, in dieser Mannschaft zu spielen.<br />
Die nächste große sportliche Herausforderung<br />
stellt sich dem Titelverteidiger,<br />
wohl zum letzten Mal in der alten<br />
Formation, vom 10. bis 14. Oktober 2005<br />
bei den World Interuniversity Championships<br />
of Football in der Stadt Rotterdam,<br />
die in diesem Jahr nach Madrid (2001),<br />
Stockholm (2002), Glasgow (2003) und<br />
Alicante (2004) die „Sporthauptstadt Europas“<br />
ist. Unter den Feierlichkeiten und<br />
sportlichen Großereignissen - wie der<br />
Baseball-Weltmeisterschaft, der Judo-<br />
Europameisterschaft und der Weltmeisterschaft<br />
in Karate - finden die Hochschul-<br />
Fußballweltmeisterschaftsspiele einen<br />
würdigen Platz.<br />
Eine Mannschaft von Weltmeistern unter<br />
den eigenen Studierenden ist für jede Universität<br />
eine Aushängeschild. Mit einer<br />
Kooperationsvereinbarung „Partnerhochschulen<br />
der Spitzensportler“ will der Allgemeine<br />
Deutsche Hochschulsportverband<br />
Leistungssportlerinnen und Leistungssportlern<br />
trotz ihrer hohen Zeitbelastung<br />
ein zügiges Studium ermöglichen.<br />
Rahmenvereinbarungen zwischen Hochschulverwaltungen<br />
reichen dazu allerdings<br />
nicht aus. Erst wenn sich bei den<br />
Entscheidungsträgern, den Professoren,<br />
Dozenten und Prüfungsämtern, Verständnis<br />
für die Notwendigkeit von leistungssportfreundlichen<br />
Studienplätzen und<br />
flexiblen Studienbedingungen durchsetzt,<br />
wird die Teilnahme an Welt- und Europameisterschaften<br />
nicht mehr durch<br />
Klausurtermine gefährdet. Das Zukunftsmodell<br />
muss lauten: akademische Ausbildung<br />
und Leistungssport.<br />
Wolf Immig war bis März 2005 als Akademischer<br />
Direktor am Institut für Sportwissenschaft<br />
und Sport der Universität Erlangen-Nürnberg<br />
tätig. Er war für die Ausbildung<br />
der Studierenden im Bereich Fußball<br />
zuständig und begleitete den Weg der<br />
Studentenmannschaft als Manager.<br />
Arne Schmidt absolviert ein Sportstudium<br />
in Erlangen und ist als einer der beiden<br />
Spielertrainer Mitglied der Weltmeisterschaftsmannschaft.