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INTERVIEW<br />

„Ich bin eine Lernende“<br />

JoyDenalane giltals eine der ausdruckstärksten SängerinneninDeutschlandund wurdeschonfrüh vonMTV zur„Queendes deutschen<br />

Soul“ausgerufen. Im Interviewmit Olaf Neumann erzählt die 47-jährigeSängerinvonRassismus,wahrhaftigem Soul und warum<br />

siesichauf dieZehenspitzen stellt.<br />

Wiekommtes, dassSie nach zwei erfolgreichendeutschsprachigenAlben<br />

nunwiederauf Englisch singen?<br />

DiePlatte „Maureen“, dievor „Gleisdreieck“herauskam, war schon englischsprachig<br />

angelegt.Wir habendavon auch eine Übersetzungfür den<br />

einheimischen Markt produziert.Für mich stellt sich dieFrage nach der<br />

Sprache garnicht,weilich zu beiden Idiomeneinen natürlichen Zugang<br />

habe. Daseineist meineMuttersprache,das andere meinemusikalische<br />

Sozialisierung.Als es darumging, eine Platte zu machen,die jetzt „Let<br />

YourselfBeLoved“geworden ist, war klar,dassesein originäresSoul-Albumwird.<br />

Das war in meiner Vorstellungauf Deutschnicht machbar.Das<br />

Songwritingverändert sich melodiös,jenachdem,welcheSprache man<br />

wählt.<br />

Schon2015hattenSie in NewYorkerste Demosproduziert, dieheute die<br />

Grundlage von„LetYourselfBeLoved“darstellen. Warumstimmte damalsdas<br />

Gefühl nicht?<br />

Das Gefühlwar schonda, aber dieProduktionsversuche<br />

stimmten nicht. DiePlatte war nichtsooriginär wiemöglich,sondern<br />

ganz leicht dran vorbei.Das hatmichsehr<br />

frustriert,zumal es so verheißungsvollangefangenhat.<br />

Dann habe ichdie Aufnahmenerstmal beiseite gelegt.<br />

Mirist auch niemandeingefallen,mit wemdem ichsie<br />

hätte fertig produzierenkönnen.Ich habesie bis2018<br />

nichtmehrangefasst.<br />

Diehat derProducerRoberto Di Gioiaden Demosneues Lebeneingehaucht?<br />

DieIdee war,den Songsneue Gewänderanzulegen, dieinhaltlich besser<br />

passen.Roberto hatummeinenextrahiertenGesangherum neue Arrangementsgeschrieben.Erhat<br />

eine ganz andere Herangehensweiseund<br />

andere Stilartengewählt. Robertos Lieblingsmusik fand zwischen 1960<br />

und1980 statt. Seineerste Amtshandlung war,einen Precision Bass von<br />

Fenderzukaufen.Erfand, mein Albumsollteden Soundvon JamesJamerson<br />

haben.Den Bass haterschließlich in Bern gefunden. So begann<br />

unsere Reise. Ichwar entwederbei ihminUnterföhringoderwir haben detailliertamTelefon<br />

gesprochen,als dieCorona-Pandemiebegann.<br />

„Let Yourself Be Loved“ istdas ersteAlbum einerdeutschen Künstlerin<br />

aufdem legendären amerikanischen Motown-Label.Wie kam es dazu?<br />

Es war gut, dass meinePlattenfirmamichhat machenlassen. Wirhaben<br />

kompromisslos musiziert undproduziert. Alsdas Albumdann fertig war,<br />

habeich es meinem Labelvorgestellt undTom Bohne(PresidentMusic<br />

Domestic vonUniversal) war so angetandavon,dasseresmit in dieUSA<br />

genommen hat, um es dortden Leuten vonMotownvorzustellen. Er kam<br />

zurückmit derfrohenBotschaft,dasssie es rausbringen wollen.Das hat<br />

mich sehr gefreut, weil Soulmusik in Deutschlandvon keiner starkenLobby<br />

getragen wird. Mankann sich hier nichtwirklichmessen mitanderen<br />

Werken.<br />

18<br />

„Ich habemir das<br />

Singenselbst<br />

beigebracht.Sowie ich<br />

es fürrichtig hielt.“<br />

IstMotownfür Siemehrals nureinePlattenfirma?<br />

Motown istfür mich dieDNA derSoulmusik. Einblack Business,das sich<br />

aus eigener Kraftheraus in dieseIndustrie hineinpflanzen undErfolge feiernkonnte.<br />

Undeshat seinen eigenen Soundindie Welt getragen.Das Labelhat<br />

Soulmusik so relevantgemacht,dassviele weiße Künstlersich<br />

vonMotownhaben inspirieren lassen. DieBeatles,die Stones,Phil Collins,<br />

Kim Wilde.<br />

Wären Siebereit,inden USAzutouren, wenn das irgendwann wieder<br />

möglichist?<br />

Ja natürlich!Überall würdeich gern spielen. Ichwäre überhaupterstmal<br />

froh,wennwir wieder Konzerte gebenkönnten. Es sitzen so vieleKünstler<br />

aufheißenKohlen. DiePerformance selbst istfür unsein grundlegendes<br />

Bedürfnis.Wenndiese Säulewegbricht,sindwir nurnochhalb funktional.<br />

Wann warIhr letzterGig?<br />

Ichbin im Juli im Metropol in BerlinohnePublikum aufgetreten.Das<br />

wurde aufgezeichnet. In derMalzfabrik in<br />

Schöneberghabeich zudemein Konzertvor sechsGästen<br />

gespielt. Mehr durftennicht dabeisein. Aber ichhabees<br />

gefeiert!Man musssichOptionen überlegen. Es gibt<br />

Ideen, Konzerthäuserkapazitär nichtauszuverkaufen,<br />

um dieSicherheitsabstände einhaltenzukönnen. In<br />

3000er-Häusern nur500 Leuteweitverteilthineinzulassen. Und teilweise<br />

dann zwei Konzerte proAbend fürzweiverschiedeneBesuchergruppen zu<br />

spielen.<br />

Siewollten einganzklassisches Soul-Album machen, das sich stilistisch<br />

in derPhase vonEndeder Sechzigerjahrebis 1973 bewegt.Was fasziniertSie<br />

an dieser Ärades Soul?<br />

Ichbin 1973 geborenund mitden Jazz-, Funk-und Soul-Platten ausder<br />

SammlungmeinesVatersaufgewachsen. WirKinderdurften sieselbstständigauflegen,<br />

wasich auch viel gemacht habe. In dieser Zeit fand meine<br />

musikalischeSozialisierungstatt.Ich behaupte mal, dass ichab1977<br />

bewusstMusik wahrgenommen habe. Bevorich lesenkonnte, habeich<br />

mir Plattencover angeschaut unddanachentschieden,was ichhören<br />

wollte.<br />

Welches CoversprachSie besondersan?<br />

Das Covervon „Off TheWall“.Wennman es aufklappte,sah manden ganzenMichael<br />

Jackson. Er trug darauf weiße Socken. AlsKinddachteich,er<br />

hätte GlühbirneninseinenStrümpfen.Das fand ichfaszinierend. AlsTeenager<br />

habeich ihn mir liveangeschaut. Es war beeindruckend.<br />

Und dann beschlossenSie,selbstSängerin zu werden?<br />

Nein,das passierteerstvielspäter. Ichkonntelange nichteinschätzen,ob<br />

mein Gesang gut oder schlecht war. Es hatmir auch niemandetwas dazu<br />

gesagt.Das ersteMal im Proberaumstand ichmit 19.

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