d - Quartierzeitung mozaik
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Aktuell<br />
Im Januar dieses Jahres ging ich<br />
einmal zum Coop an der Klybeckstrasse.<br />
Vor dem Ladeneingang stan-<br />
d<br />
den zwei Männer und eine Frau im Alter<br />
zwischen 70 und 80 Jahren.<br />
Einer der Männer zeigte mit dem<br />
Stock auf die neue Fassade des Union,<br />
alle drei sprachen aufgeregt zusammen<br />
und die Frau schüttelte den<br />
Kopf. Als ich wieder aus dem Coop<br />
heraus kam, waren die drei weg. Ich<br />
schaute selber zu der frisch gemalten<br />
roten Fassade. Irgendwo gab es da<br />
früher doch eine Aufschritt mit einer<br />
Jahreszahl! Vielleicht hatten die drei<br />
älteren Personen darüber gesprochen<br />
oder wie es früher in diesem<br />
Haus gewesen war?<br />
Wer konnte mir die Geschichte<br />
des Union-Gebäudes erzählen?<br />
Jemand sagte mir, dass das Gebäude<br />
zur Matthäuskirche gehörte<br />
und die heutige Pfarrerin mir helfen<br />
könnte. Eine Woche später sass ich<br />
Das neue «Union». – Was war hier früher los?<br />
6<br />
Die Vergangenheit hinter<br />
der neuen Fassade<br />
mit Frau Barink, der Pfarrerin, zusammen.<br />
Sie zeigte mir die Kopie<br />
eines mehrseitigen Briefes vom<br />
September 1921. Darin erklärt der<br />
Kirchenvorstand St. Matthäus dem<br />
Kirchenrat, warum er einen Kredit<br />
für ein Gemeindehaus braucht:<br />
In dieser Zeit hatten die drei Pfarrer<br />
der evangelisch-reformierten Kirche<br />
Schwierigkeiten, einen Ort zu<br />
finden, wo die Leute sich versammeln<br />
konnten. Sie trafen sich entweder im<br />
Saal des Bläsistifts, in der Kaffeehalle<br />
am Claragraben, in einem Schulzimmer<br />
der Dreirosenschule, in der Kirche<br />
oder in Restaurants des Quartiers.<br />
Das ständige Suchen und Wechseln<br />
der Räumlichkeiten war sehr unangenehm,<br />
weshalb ein Gemeindehaus-Bauverein<br />
gegründet wurde.<br />
Der sollte ein Gebäude für die Aktivitäten<br />
der evangelischen Kirche<br />
kaufen. Die 636 Mitglieder des Vereins<br />
sammelten trotz der damali-<br />
gen Armut der Quartierbewohner<br />
Fr. 105000 für dieses Projekt.<br />
Es wurden zwei Liegenschaften<br />
gewählt: die eine der Herren Ryhinen<br />
an der Klybeckstrasse 95–97, mit<br />
zwei Stockwerken von der Klybeckbis<br />
zur Flachsländerstrasse, für Fr.<br />
55000. Die andere des Architekten<br />
Paul Hofer an der Klybeckstrasse 99<br />
mit vier Stockwerken «in ausgezeichnetem<br />
Zustand, mit Veranda, Stall,<br />
Scheune, einem Hof mit Zugang von<br />
der Offenburgerstrasse, elektrischen<br />
Installationen, Warmwassereinrichtung<br />
und guten Öfen auf allen Stockwerken<br />
für Fr. 225000». Damit diese<br />
Gebäude nicht in die Hände der katholischen<br />
Nachbarkirche St. Joseph<br />
fallen konnten, unterschrieb der Kirchenvorstand<br />
St. Matthäus einen Vorvertrag.<br />
Das Projekt des neuen Gemeindehauses<br />
sah so aus:<br />
«Parterre: Betrieb einer alko-<br />
holfreien Kaffee- und Speisewirtschaft,<br />
verpachtet an ein Ehepaar.<br />
Der Pächter wird gleichzeitig Abwart<br />
des ganzes Hauses. In der bisherigen<br />
Waschküche wird eine grosse Küche<br />
für die Wirtschaft mit einem Speiseaufzug<br />
nach oben gebaut. Ein Teil<br />
der Liegenschaft (Seite Flachsländerstrasse)<br />
wird umgebaut zu einem<br />
grossen Saal mit Bühne für Gemeindeanlässe.<br />
Im Saal wird es 580 Plätze<br />
(mit Empore) geben. 1. Stock: Vereins-<br />
und Sitzungszimmer, 2. + 3.<br />
Stock: Fünfzimmerwohnungen.»<br />
Das neue Gemeindehaus der<br />
evangelischen Kirche wurde Anfang<br />
1925 eröffnet.<br />
Paolo Saba<br />
Ausstellung in der Matthäuskirche:<br />
Grafische Bilder zum Thema<br />
«Labyrinth». Vernissage am Freitag,<br />
23. April, um 18 Uhr. Die Kirche ist<br />
von Dienstag bis Samstag geöffnet.<br />
Foto: Heinz Weber