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Context Heft 12 (PDF, 5534 kb) - KV Schweiz

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Petra Jenner (47) leitet seit Oktober 2011 als Country<br />

Manager die Microsoft Zentrale der <strong>Schweiz</strong> in Wallisellen<br />

mit 580 Mitarbeitenden. Zuvor hatte sie in Wien die gleiche<br />

Funktion bei Microsoft Österreich inne. Sie ist Betriebswirtin<br />

und Wirtschaftsinformatikerin. In ihrem Buch «Mit Verstand<br />

und Herz» plädiert sie für eine menschenfreundlichere<br />

Unternehmenskultur.<br />

Frau gibt, entsprechend gibt es auch keinen<br />

männlichen Führungsstil. Überspitzt<br />

formuliert ist der traditionell praktizierte<br />

Führungsstil geprägt von<br />

Kontrolle, Rationalität und Emotionslosigkeit.<br />

Eigenschaften wie Empathie und<br />

Einfühlungsvermögen hatten bisher wenig<br />

Platz in der Wirtschaft. Genau hier<br />

setzt mein Plädoyer an: Die Arbeitswelt<br />

muss humaner werden. Mit Druck zu führen<br />

und die Leute in Angst und Schrecken<br />

zu versetzen, macht den Menschen und<br />

langfristig das Unternehmen kaputt. Zufriedene<br />

und glückliche Mitarbeiter sind<br />

kreativer und leistungsfähiger. Nur dieser<br />

Weg führt nachhaltig zum Erfolg.<br />

Soft Skills werden also zunehmend<br />

eine Rolle spielen. Diese sind in einem<br />

Bewerbungsverfahren aber viel<br />

schwieriger nachzuweisen als Diplome.<br />

Das ist richtig. Wir können und müssen<br />

aber unsere Sensoren weiter schärfen.<br />

Wenn Sie im privaten Umfeld eine neue<br />

Person kennenlernen, fragen Sie ja auch<br />

nicht zuerst den Lebenslauf ab, sondern<br />

sind in der Lage, sich nach kurzer Unterhaltung<br />

eine erste Meinung zu bilden<br />

über eine Person. Wichtig ist einfach, dass<br />

in einem Gespräch die Einschätzungen,<br />

die man sich vorab über das Dossier bilden<br />

kann, durch die Wahrnehmung im<br />

persönlichen Gespräch ergänzt werden<br />

und so ein ausgewogenes Bild eines Menschen<br />

entstehen kann.<br />

Verstand oder Herz: Welche<br />

Voraussetzung ist wichtiger, um<br />

Entscheidungen treffen zu können?<br />

Es braucht beides – deshalb habe ich<br />

auch bewusst den Buchtitel so gewählt.<br />

Ich plädiere aber ganz klar dafür, dass wir<br />

wieder mehr auf unser Gefühl achten. Im<br />

Laufe der Ausbildung und Karriereentwicklung<br />

lernen wir eine Vielzahl von<br />

Schemata und Problemlösungstechniken<br />

und versuchen, irrationale Faktoren bei<br />

der Entscheidungsfindung auszuschalten.<br />

Das viel zitierte Bauchgefühl ist nicht<br />

etwa unseriöser Hokuspokus, es ist die<br />

Fähigkeit, sich basierend auf seiner jahre-<br />

context <strong>12</strong> – 20<strong>12</strong><br />

langen Erfahrung und Expertise innert<br />

Sekunden ein Urteil bilden zu können.<br />

Diese Fähigkeit nicht zu nutzen, ist Verschwendung.<br />

Bevor Sie die Microsoft-Zentrale in der<br />

<strong>Schweiz</strong> übernommen haben, waren Sie<br />

in der gleiche Funktion in Österreich<br />

tätig. Welche Unterschiede sind Ihnen<br />

bezüglich Unternehmenskultur zwischen<br />

den beiden Ländern aufgefallen?<br />

Dazu könnte man ein ganzes Buch<br />

füllen! Die wesentlichen Unterschiede<br />

sind sicherlich die Bedeutung von Netzwerken<br />

und den Umgang mit Status und<br />

Hierarchie. Etwas vereinfacht formuliert<br />

würde ich sagen, dass zum Beispiel Verhandlungen<br />

mit Kunden relativ ähnlich<br />

ablaufen. Der Weg dahin, bis man in diese<br />

Verhandlungen einsteigen kann, ist jedoch<br />

sehr unterschiedlich. Ich persönlich<br />

habe festgestellt, dass vieles in der<br />

<strong>Schweiz</strong> viel direkter läuft. Ich fühle mich<br />

mit beiden Stilen sehr wohl. Wichtig ist<br />

einfach, dass man sich der Kulturunterschiede<br />

bewusst ist und diese auch<br />

respektiert. Nebst meiner eigenen Einschätzung<br />

ist für mich der Rat meiner<br />

Mitarbeitenden sehr wertvoll.<br />

Ein gut geführtes Unternehmen<br />

sollte ähnlich sein wie eine intakte<br />

Familie, schreiben Sie in Ihrem Buch.<br />

Inwiefern ist Microsoft mit einer<br />

Familie vergleichbar?<br />

Hier geht es nicht um Microsoft, sondern<br />

um das Zusammenspiel innerhalb<br />

von Organisationen und da gibt es sehr<br />

viele Parallelen zu einer Familie: Es gibt<br />

Rollen, Erwartungen, Belohnungen und<br />

Sanktionen. Ungleichbehandlungen führen<br />

in einer Familie zu Schwierigkeiten,<br />

und genauso ist es in den Unternehmen.<br />

Ein Unternehmen kann sehr viel dazu<br />

beitragen, dass die Menschen glücklicher<br />

sind. Wir verbringen zum einen sehr viel<br />

Zeit unseres Lebens am Arbeitsplatz oder<br />

mit Arbeiten, zum andern prägt das Feedback<br />

und die Wertschätzung, die wir am<br />

Arbeitsplatz erhalten, unser Eigenbild<br />

und Selbstverständnis sehr stark.<br />

Wenn wir beim Bild der Familie bleiben,<br />

dann versteht es sich eigentlich von selbst,<br />

dass Männer und Frauen gemeinsam<br />

führen.<br />

Absolut! Gemischte Teams sind nachweislich<br />

erfolgreicher, weil unterschiedliche<br />

Ansichten und Fähigkeiten einfliessen.<br />

Das Geschlecht ist nur eine<br />

Komponente dieser Durchmischung. Es<br />

geht beispielsweise auch um die kulturelle<br />

Herkunft, das Alter, bisherige Erfahrungen,<br />

persönliche Werte.<br />

«Ein Unternehmen kann sehr viel dazu beitragen,<br />

dass die Menschen glücklicher sind.»<br />

In welchem Bereich werden bei Microsoft<br />

momentan hauptsächlich Leute gesucht?<br />

In der <strong>Schweiz</strong> sind es primär Marketing-<br />

und Vertriebsrollen. International<br />

kommen natürlich Stellen im Bereich<br />

Forschung und Entwicklung – das Herzstück<br />

unseres Unternehmens – dazu.<br />

Wie sieht es mit dem<br />

Fachkräftemangel aus?<br />

Da sprechen Sie ein grosses Problem<br />

unserer Branche an. Da wir unser Geschäft<br />

hauptsächlich über unsere lokalen<br />

Partner abwickeln, sind wir vor allem indirekt<br />

vom Mangel an ICT-Fachleuten betroffen.<br />

Trotzdem sind wir in diesem Bereich<br />

sehr aktiv. Gemeinsam mit der ETH<br />

Zürich und EPFL betreiben wir seit rund<br />

vier Jahren ein Forschungsprojekt, der<br />

«Microsoft Innovation Cluster for embedded<br />

Software». Nebst der tertiären Ausbildung<br />

unterstützen wir mit unserer neuen<br />

«Lehrlingsinitative»auch die berufliche<br />

Grundbildung. Mit diesen Massnahmen<br />

wollen wir dafür sorgen, dass junge Menschen<br />

die ICT-Branche als attraktiv wahr-<br />

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