22.12.2012 Aufrufe

Context Heft 12 (PDF, 5534 kb) - KV Schweiz

Context Heft 12 (PDF, 5534 kb) - KV Schweiz

Context Heft 12 (PDF, 5534 kb) - KV Schweiz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

38<br />

Ratgeber<br />

context <strong>12</strong> – 20<strong>12</strong><br />

Ratgeber<br />

Haben Sie Fragen rund ums Thema Arbeitsplatz? Die Experten des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> geben den<br />

Mitgliedern Auskunft. > beratung@kvschweiz.ch oder www.kvschweiz.ch/beratung<br />

Büroalltag<br />

Carla Weber arbeitet als Psychologin<br />

beim <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />

> carla.weber@kvschweiz.ch<br />

Ungewissheit<br />

Wie behalte ich<br />

die Nerven?<br />

In unserem Betrieb steht eine<br />

Umstrukturierung bevor.<br />

Meine Arbeitsstelle ist nicht<br />

gefährdet, aber es wird gravierende<br />

Änderungen geben. Geplant<br />

ist die Zusammenlegung<br />

verschiedener Abteilungen.<br />

Ich bin mir Veränderungen<br />

eigentlich gewohnt – es handelt<br />

sich nicht um die erste<br />

Reorganisation. Trotzdem<br />

löste die Nachricht grosse Unsicherheit<br />

bei mir aus. Vielleicht<br />

hat es damit zu tun, dass<br />

ich schlechte Erfahrungen<br />

gemacht habe. Letztes Mal<br />

kündigte eine Kollegin, die ich<br />

sehr gut mochte. Der Gedanke,<br />

dass wieder so etwas passieren<br />

könnte, macht mich nervös.<br />

Die meisten Menschen haben<br />

Mühe mit unsicheren Situationen.<br />

Wir möchten uns gerne<br />

verlassen können – auf einen<br />

sicheren Arbeitsplatz, auf unsere<br />

Beziehung, auf die Stabilität des<br />

Euro usw. Doch wir leben in einer<br />

Zeit der Veränderungen und Ungewissheiten.<br />

Gerade in der Arbeitswelt<br />

bleibt oft kein Stein<br />

auf dem anderen.<br />

Die Abneigung gegen Unsi-<br />

cherheit ist ein evolutionäres<br />

Erbe. Als die Menschen noch<br />

durch die Steppe streiften, hatte<br />

die Angst in unsicheren Situationen<br />

eine wichtige Schutzfunktion.<br />

Es war zum Beispiel gut,<br />

Beeren nicht zu essen, die man<br />

nicht kannte. Heutzutage lauern<br />

aber keine Raubtiere mehr um<br />

die Ecke und die Lebensmittel im<br />

Supermarkt sind garantiert geniessbar.<br />

Unsere Angst vor Unbekanntem<br />

ist häufig ein Hindernis.<br />

Wir sind also gefordert und<br />

sollten zunehmend mit offenen<br />

Situationen klar kommen. Für die<br />

Fähigkeit, mit Ungewissheit umgehen<br />

zu können, gibt es in der<br />

Psychologie einen Begriff: «Ambiguitätstoleranz».<br />

Menschen<br />

mit hoher Ambiguitätstoleranz<br />

können Unsicherheit aushalten<br />

und denken in Grautönen statt in<br />

Schwarz-Weiss. Sie können offene<br />

Fragen stehen lassen und<br />

bewerten unklare oder irritierende<br />

Informationen nicht sofort<br />

negativ. Unter Widersprüchlichkeit<br />

leiden sie nicht, sondern<br />

können konstruktiv damit um-<br />

gehen.<br />

Es kann durchaus sein, dass<br />

Ihre Befürchtung sich bewahrheitet.<br />

Vielleicht verschlechtert sich<br />

Ihre Arbeitssituation durch die<br />

anstehende Reorganisation erneut,<br />

vielleicht ist genau das Gegenteil<br />

der Fall. Das wissen Sie<br />

(noch) nicht. Sie kommen also<br />

nicht darum herum, Ihr Unwissen<br />

zunächst auszuhalten. Eine hohe<br />

Ambiguitätstoleranz könnte Ihnen<br />

dabei helfen. Natürlich lässt<br />

sich diese Fähigkeit nicht einfach<br />

antrainieren, aber sie lässt sich<br />

fördern, mit folgenden Haltungen<br />

und Überlegungen:Gestalten<br />

Sie die Veränderungen aktiv mit.<br />

Akzeptieren Sie dabei, dass Sie<br />

viele Ereignisse nicht unter Kontrolle<br />

haben. Trotzdem ist dies<br />

kein Grund, um in Hilflosigkeit zu<br />

erstarren. Nichts ist bis ins Detail<br />

geplant. Suchen Sie den Spielraum,<br />

den Sie nutzen können.<br />

«Katastrophendenken» verstellt<br />

den Blick auf mögliche<br />

Chancen. Klar kann es wieder zu<br />

Kündigungen kommen, aber wer<br />

weiss, vielleicht bringt die erwähnte<br />

Zusammenlegung der<br />

Abteilungen eine neue Teamkonstellation,<br />

die Ihnen ganz gut<br />

gefällt.<br />

Gönnen Sie sich ab und zu<br />

Distanz zu den Ereignissen mit<br />

der «Vogelperspektive». Schauen<br />

Sie ganz gelassen auf das, was<br />

sich da unten abspielt. Diese Umstrukturierung<br />

wird nicht die einzige<br />

gravierende Veränderung in<br />

Ihrem Leben sein. Vieles haben<br />

Sie bereits gut gemeistert. Bestimmt<br />

gab es schon einige Hürden,<br />

die zu Beginn sehr hoch<br />

schienen und die im Rüc<strong>kb</strong>lick<br />

doch gut überwindbar waren.<br />

Recht<br />

Felix Kuster arbeitet beim<br />

Rechtsdienst des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />

> felix.kuster@kvschweiz.ch<br />

Zumutbarkeit<br />

Müssen wir Überstunden<br />

leisten?<br />

Seit einiger Zeit leisten wir in<br />

unserer Abteilung Überstunden<br />

in erheblichem Umfang.<br />

Es begann damit, dass zwei<br />

Mitarbeiter aus Spargründen<br />

entlassen wurden und deren<br />

Arbeit jetzt mehr oder weniger<br />

regelmässig auf die verbliebenen<br />

Mitarbeiter verteilt wird.<br />

Wie lange ist dieser Zustand<br />

zumutbar?<br />

Vorweg ist festzuhalten, dass<br />

der Arbeitnehmer zur Leistung<br />

von Überstundenarbeit gesetzlich<br />

verpflichtet ist (Art. 3<strong>12</strong>c Abs.<br />

1 OR). Diese Verpflichtung besteht<br />

allerdings nur dann, falls<br />

die Überstundenarbeit erstens<br />

betriebsnotwendig und zweitens<br />

für den Mitarbeiter zumutbar ist.<br />

Die Notwendigkeit zur Erbringung<br />

von Überstunden wird angenommen,<br />

wenn der Arbeitgeber<br />

einen ausserordentlichen<br />

Arbeitsanfall zu bewältigen hat,<br />

andere Mitarbeiter vorübergehend<br />

(z.B. krankheitsbedingt)<br />

ausfallen oder dringliche Arbeiten<br />

zu erledigen sind (z.B. Buchhaltungsabschlüsse<br />

am Jahresende).<br />

Die Leistung von Überstundenarbeit<br />

kann unzumutbar sein,<br />

wenn z.B. Familienpflichten mit<br />

diesen zeitlich zusammenfallen.<br />

Eine Mutter, die nach der Arbeit<br />

gewöhnlich ihre Kinder in der<br />

Schule abholt, wird nicht in der<br />

Lage sein, an diesen Tagen länger<br />

zu arbeiten. Ebenfalls als unzumutbar<br />

wird Überstundenarbeit<br />

taxiert, falls diese durch eine<br />

andere Betriebsorganisation vermieden<br />

werden könnte. Dieser<br />

Gesichtspunkt der Zumutbarkeit<br />

spielt im von Ihnen geschilderten<br />

Sachverhalt eine entscheidende<br />

Rolle: Der Arbeitgeber hat zwei<br />

Mitarbeiter entlassen, deren Arbeit<br />

offenbar inzwischen auf die<br />

verbleibenden Mitarbeiter verteilt<br />

werden muss, damit sie<br />

überhaupt noch erledigt werden<br />

kann. Falls diese Lösung für längere<br />

Zeit Anwendung finden<br />

sollte, wäre die Erbringung der<br />

entsprechenden Überstunden<br />

zwar notwendig, jedoch nicht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!