Schulblatt - Schule Untersiggenthal
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18Schulleitung<br />
Strafrecht und Jugendstrafrecht:<br />
Auskunft aus erster Hand<br />
Die Schulleitung und die Schulpflege haben den Umgang mit disziplinarischen Problemen<br />
mit den Lehrpersonen thematisiert. Hans Mellinger, der oberste Jugendstaatsanwalt des Kantons,<br />
hat zu diesem Thema für die Oberstufe ein spannendes Referat gehalten.<br />
Ab 1. Januar 2007 wurde das Jugendstrafrecht<br />
vom Erwachsenenstrafrecht<br />
abgekoppelt und in einem separaten<br />
Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht<br />
geregelt. Es wurde im Kanton Aargau im<br />
Januar 2007 eingeführt.<br />
Das neue Jugendstrafrecht gilt für Jugendliche<br />
vom 10. bis zum 18. Altersjahr.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass ein<br />
Jugendlicher erst ab zwölf Jahren die<br />
Zusammenhänge von Recht und Unrecht<br />
verstehen und erkennen kann und damit<br />
in der Lage ist, entsprechende Regeln<br />
einzuhalten.<br />
Im Vordergrund der Anwendung des<br />
Jugendstrafgesetzes stehen der Schutz<br />
und die Erziehung des Jugendlichen. Dabei<br />
sind die Lebensumstände und die<br />
Familienverhältnisse zu berücksichtigen<br />
sowie der Entwicklung seiner Persönlich-<br />
keit Beachtung zu schenken. Konkret bedeutet<br />
dies, dass der Täter nicht auf<br />
Grund seiner Tat beurteilt wird, wie dies<br />
im Erwachsenenstrafrecht der Fall ist,<br />
sonder auf Grund seiner personellen Entwicklung<br />
und Situation. Wir haben im<br />
Jugendstrafrecht ein Täterstrafrecht und<br />
nicht ein Tatstrafrecht.<br />
Häufig ist es für Jugendliche bereits<br />
Strafe genug, wenn sie erwischt werden<br />
«Der Unfug ist das Privileg der Jugend auf dem<br />
Weg zur Anpassung.»<br />
Kurt Imhof, Soziologe, «Tages-Anzeiger», 20. August 2008<br />
und vor der Schulpflege Red und Antwort<br />
stehen müssen. Nach wie vor werden<br />
daher die meisten Verfahren «nur» mit<br />
einem Verweis erledigt werden. Bei jenen<br />
Delikten, die nicht als blosse altersgemässe<br />
Grenzüberschreitungen bezeichnet<br />
werden können, insbesondere<br />
im Falle von Wiederholungen, ist und<br />
bleibt die Frage nach den Hintergründen<br />
der Straftat von wesentlicher Bedeutung.<br />
Der Nutzen einer Strafe wird<br />
in der Regel überschätzt<br />
Hans Mellinger wies in seinem Referat<br />
darauf hin, dass in der Regel der Nutzen<br />
der Strafe vor allem bei Jugendlichen<br />
stark überschätzt würde.<br />
Nachhaltiger sind eindeutig Erziehungsmassnahmen.<br />
Diese sind aber viel<br />
anstrengender und zeitintensiver und<br />
setzen voraus, dass alle Beteiligten –<br />
Schüler/in, Eltern, Lehrpersonen, Schulleitungen,<br />
Schulpflege und weitere Betreuende<br />
– gemeinsam am gleichen<br />
Strick ziehen. Ganz nach dem Motto:<br />
«Regen geht tiefer in den Boden als<br />
Hagel.»<br />
Geregelte Zuständigkeiten<br />
Die Zuständigkeiten liegen bei schulischen<br />
Problemen bei der Schulbehörde,<br />
bei erzieherischen Problemen bei der<br />
Vormundschaftbehörde und bei einem<br />
Delikt bei der Jugendstrafbehörde. Die<br />
Jugendstrafbehörde ist bis zum 15. Altersjahr<br />
die Schulpflege, danach ist die<br />
Jugendanwaltschaft zuständig.<br />
Silvia Mallien, Dieter Andermatt<br />
Ein Beispiel<br />
Im Erwachsenenstrafrecht bestimmt bei einem selbst verschuldeten<br />
Autounfall der Flurschaden das Strafmass. Im Jugendstrafrecht<br />
fragt man, warum der Jugendliche von der Strasse<br />
abgekommen ist und wie das Fahrverhalten korrigiert werden<br />
kann. Dabei deckt sich der Massnahmenbedarf oft nicht mit der<br />
Massnahmen fähigkeit. Für das gleiche Vergehen ist nicht immer<br />
die gleiche Bestrafung sinnvoll. Vergehen müssen deshalb situativ<br />
beurteilt werden.